Seite - 1449 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Volksarchitektur in Südkärnten/Južna Koroška
Feistritz an der Gail/Bistrica
na Zilji, SEM, Ljubljana und waren ebenerdige Gebäude. Diese wurden bereits
ab dem 17. Jh., noch vor den anderen Gebieten Süd-
kärntens, entweder mit Holz oder mit Mauerwerk
aufgestockt. Natürlich waren auch in diesem Gebiet
neben den reicheren Bauformen auch kleinere Keusch-
lergehöfte charakteristisch. Daneben stellten im Gail-
tal/Zilja noch sog. Sennenhütten, slowenisch fače oder
paštbe eine Besonderheit dar, in denen innerhalb des
Hofkomplexes jene ihr hohes Alter verlebten, die ihre
Gehöfte bereits den Jüngeren übergeben hatten. In der
relativ reichen Gailtaler Kulturlandschaft fehlte es nicht
an Mühlen, kleineren, aus Holz gebauten Heustadeln
und den bereits erwähnten doppelten Heuharfen, die
ursprünglich aus der Gorenjska (Oberkrain) stammten.
Ähnlich wie das Rosental/Rož wird auch das Jaun-
tal/Podjuna vornehmlich wegen der sprachlichen Ge-
gebenheiten und weniger wegen der landschaftlichen
oder architektonischen Besonderheiten in diesem
Kontext berücksichtigt. Das Jauntal/Podjuna war im-
mer die Kornkammer Kärntens und gleichzeitig eng
mit den verschiedenen benachbarten Gebieten entlang
der Drau/Drava und der Lavant/Labotnica verbunden,
bevor im 20. Jh. die neue Staatsgrenze gezogen wurde.
Die Landschaft war vornehmlich von bäuerlicher Ar-
chitektur gekennzeichnet, außer an ihren Rändern, wo
an den Hängen der Karawanken/Karavanke und der
Saualpe/Svinja seit Beginn des 19. Jh.s bedeutende
Bergwerke entstanden waren. Die teilweise gemauerten,
teilweise aus Holz errichteten Gehöfte waren in der Regel ebenerdig und nur wenige wurden, angesichts der
neuen Möglichkeiten, die der Bergbau bot, in der letz-
ten Phase vergrößert und modernisiert. So kann man
die Charakteristika der Jauntaler Volksarchitektur auf
einer wertvollen Freske aus dem 15. Jh. in der Pfarrkir-
che in Rinkenberg/Vogrče erkennen, wie sie bis heute
typisch geblieben sind. Als Besonderheit des Jauntales
galt bis vor Kurzem noch das bescheidene kleine »Haus
mit Längsgang« (hiša z vzdolžnim hodnikom), das von
manchen als typisches slowenisches Haus bezeichnet
wurde. Dies trifft natürlich nicht zu, da die Darstel-
lung aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg stammt.
Und zwar wahrscheinlich nur deshalb, weil es der be-
scheidenste Haustyp in jedem Dorf war, während der
Großteil der Slowenen in Jauntal/Podjuna in anderen
Gebäuden wohnte. Denn mehr als die lokale, vielfältige,
doch meist einfache bäuerliche Volksarchitektur wa-
ren für die Kulturlandschaft des Jauntales die Kirchen,
Karner, Wegkreuze und die noch immer erhaltenen
bäuerlichen Wehranlagen gegen die Türken, die sog.
(protiturški) tabori, charakteristisch.
Da in der Vergangenheit über Südkärnten/Južna
Koroška immer wichtige Verbindungswege führten,
bildete sich auch eine repräsentative Architektur her-
aus, die in den meisten Fällen als landschaftsprägend
oder in Form eines wichtigen Gebäudes größerer Orte
konzipiert war. Die Kirchengebäude in exponierten La-
gen oder die → Bildstöcke (slow. regional križ) an We-
gen und Wegkreuzungen, die von den Einheimischen
errichtet worden waren, waren seit jeher die markan-
testen Elemente der Kulturlandschaft. Als die Bauern
im 15. Jh. begannen, um ihre Kirchen Wehranlagen zu
errichten (z. B. Hochfeistritz/[Visoka] Bistrica, Diex/
Djekše, Grafenbach/Krčanje), wurden diese neben den
Burgen zu den dominantesten Landschaftselemen-
ten (→ Wehrkirchen). Später wurden an markanten
Berggipfeln von den Einwohnern, manchmal gegen
den Willen der Obrigkeit, Kirchen errichtet (so z. B.
die Heiligengrabkirche/cerkev Božjega groba in Schil-
tendorf/Čirkovče bei Bleiburg/Pliberk), die zusammen
mit den zahlreichen Bildstöcken an den Ortseingängen
besonders im Jauntal/Podjuna jeweils gewisse Gebiete
abgrenzten, bis wohin etwa Burschen aus Nachbardör-
fern kommen durften, um ihre Mädchen zu besuchen,
während innerhalb dieses so gezeichneten Umkreises
die Dorfburschen das Sagen hatten. Dies ist ein Über-
rest der Tabus in mythologischer Zeit, wie er in den äl-
teren slowenischen → Volksliedern besungen wird (vgl.
→ Mythologie, → Wallfahrten).
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602