Seite - 1468 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Vorderberg/Blače
Dialektaufnahme
Vorderberg/Blače (St. Stefan im Gailtal/Štefan na
Zilji), vgl. Personenlemmata : → Abuja, Matthias ;
→ Ferlitsch, Hans ; → Grafenauer, Ludvik ;
→ Limpl, Valentin ; → Mikula, Franz.
Vospernik, Janez (* 15. November 1868 Oberjeserz/
Zgornje Jezerce bei Köstenberg/Kostanje [Velden am
Wörthersee/Vrba], † 7. März 1948 Föderlach/Podrav-
lje), Wirtschaftstreibender, Politiker, Gründungsmit-
glied des slowenischen Genossenschaftsverbandes
Zveza slovenskih zadrug.
V. wurde als ältestes von drei Kindern der Elizabeta
und des Matija geboren. Die Brücklerkeusche des Va-
ters samt angeschlossener Mühle und Säge in Göriach/
Gorje übernahm er 1898 nach abgeleistetem Wehr-
dienst. Er erlernte das Müllerhandwerk und wurde
Holzhändler.
1909 erwarb V. den Gasthof zur Post, die sog. Glasser-
Liegenschaft in Föderlach/Podravlje in der Gemeinde
Wernberg/Vernberk. Mit Investitionen in Fremdenzim-
mer (an die 40 Gästebetten mit Fließwasser), ein eigenes
Elektrizitätswerk an der Drau/Drava, Kühlanlage und
Wasserleitung gerät er infolge der Weltwirtschaftskrise
in den 20er- und 30er-Jahren in Schwierigkeiten, die
1937 zur Versteigerung des Hofes durch die slowenische
Hranilnica in posojilnica Podravlje [Spar- und Darle-
henskasse Föderlach] führten. Seine letzten Lebensjahre
verbringt er abwechselnd bei seinem vorehelichen Sohn
Tomaž Kupper in → Völkermarkt/Velikovec, in Ober-
jeserz/Zgornje Jezerce bei Tochter Cili und im Gasthof
seiner Tochter Barbara in Föderlach/Podravlje. Am 15.
April 1942 wird er samt Angehörigen von den Nazis ins
Sammellager in Ebenthal/Žrelec verbracht ; seine Toch-
ter Barbara aber kann ihn infolge seines Alters vor dem
Schlimmsten bewahren. Sie selbst wird mit Sohn Re-
ginald und Schwester Marija nach Rehnitz bei Stettin,
später nach Eichstätt deportiert. Nach deren Rückkehr
lebt V. wieder bei Tochter Barbara ; dort endet sein be-
schwerlicher Lebensweg am 7. März 1948.
V.s Haus in Föderlach/Podravlje war kultureller Mit-
telpunkt der Gemeinde und Sitz des 1906 gegründeten
Kulturvereins Sloga. Es gab viele Theateraufführungen :
etwa Fran Ksaver → Meškos Mati [Die Mutter] und
Miklova Zala, die Dramatisierung der gleichnamigen
→ Sket-Erzählung durch Jaka → Špicar (→ Kul-
turvereine, → Laienspiel, → Theater). Die meisten der
neun ehelichen Kinder – alle gut in beiden Sprachen
geschult –, die V. mit Gattin Barbara hatte, wirkten
in den Aufführungen mit. Im Vospernik-Haus gab es Kochkurse (mit der später als Lyrikerin bekannt gewor-
denen und mit Tochter Barbara befreundeten Milka
→ Hartman), Vorträge (etwa des Reichratsabgeord-
neten Franc → Grafenauer), genossenschaftliche
Schulungen und vieles mehr.
Schon in Oberjeserz/Zgornje Jezerce betätigte sich
V. als Gemeinderat. Wegen seiner slowenischen Ge-
sinnung musste er an Leib und Leben bedroht 1919
aus seinem Glasser-Haus in die südslawisch verwaltete
Zone fliehen und bei Bekannten, vorwiegend in Tref-
fen/Trebinja, bei der Familie Schaller Unterschlupf
finden. Für seine Familie war dies eine äußerst schwie-
rige Zeit. Erst am 14. Mai 1920 konnte er nach nahezu
einem Jahr nach Hause zurückkehren.
Mehrmals war V. Kandidat bei Landtags- und Nati-
onalratswahlen : so war er schon 1909 Spitzenkandidat
für die Reichsratswahlen im Wahlbezirk Villach/Ro-
segg/Paternion (Beljak/Rožek/Špartjan), konnte aber
im überwiegend deutschsprachigen Wahlbezirk kein
Mandat erringen (→
Wahlordnungen, →
Wahlkrei-
seinteilung). V. war über einen längeren Zeitraum auch
slowenischer Kammerrat in der Landwirtschaftskammer
und bekleidete noch zahlreiche andere Funktionen. Er
stand mit vielen Persönlichkeiten (Anton → Korošec,
Janko → Brejc, Josip → Vilfan, Ivan → Šušteršič,
Franc → Smodej u. a.) in Kontakt. Generalkommissär
Franc Smodej ernannte V. am 28. November 1918 zum
Vorsitzenden des → Narodni svet [Volksrates] für Föder-
lach/Podravlje und die Umlandgemeinden.
Bei der Gründungsversammlung der Zveza slovens-
kih zadrug [Verband slowenischer Genossenschaften]
am 28. Februar 1921 wurde V. zum ersten Vorsitzen-
den des Verbandes gewählt und blieb es bis Februar
1935 (→ Genossenschaftswesen). Sein Hauptinteresse
galt neben den politischen Funktionen der Wirtschaft.
In seinem Lebenslauf spiegelt sich die leidvolle Ge-
schichte seiner Volksgruppe im ausgehenden 19. und in
der ersten Hälfte des 20. Jh.s.
Lit.: Ante Beg : Narodni kataster Koroške. V Ljubljani, dne 2. julija
1910, 49 (www.sistory.si/SISTORY :ID :27172) ; F. Brglez [e. a.]
(Hg.) : Koroški Slovenci v Avstriji včeraj in danes. Klagenfurt/Celovec-
Ljubljana, 1984 ; H. P. Lesjak : Die Geschichte der Häuser und Bauern-
höfe der Marktgemeinde Velden am Wörthersee bis 1828. Eigenverlag,
1999 ; R. Vospernik : Kronika Vospernikovih – Chronik der Familie
Vospernik. Eigenverlag, 2006 ; R. Vospernik : Zweimal aus der Heimat
vertrieben – Die Kärntner Slowenen zwischen 1919 und 1945 – Eine
Familiensaga. Klagenfurt/Celovec, 2011 ; P. Wiesflecker : Wernberg –
Aus der Geschichte einer Kärntner Gemeinde. Klagenfurt/Celovec, 2001.
Reginald Vospernik
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602