Seite - 1538 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Zeugen Jehovas
zwangsweise deportiert und im Lager Hesselberg (Bay-
ern) interniert (→ Deportationen 1942). Zu diesem
Zeitpunkt war sein ältester Sohn Paul Čavko (* 1920),
ebenfalls ein Zeuge Jehovas, bereits seit einem Jahr im
Zuchthaus Rollwald (Hessen). Das Sondergericht Kla-
genfurt hatte ihn wegen Wehrdienstentziehung am 26.
Juli 1941 zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Sohn
Anton (* 1927) wiederum hatte ab 1943 als legaler Ku-
rier den Partisanen geholfen. Im Jänner 1944 wurde
er festgenommen und in das »Arbeitserziehungslager
Reichenau« bei Innsbruck eingewiesen. Sie überlebten
alle die gegen sie gesetzten Verfolgungsmaßnahmen.
Der Maurer Franz Smounig (* 2. Juli 1912 Mal-
lestig/Malošče – † 27. September 1941 Brandenburg-
Görden) war im April 1941 aus der katholischen Kir-
che ausgetreten und hatte sich den Zeugen Jehovas
angeschlossen. Als er bald darauf seinen Einberufungs-
befehl erhielt, weigerte er sich aus religiösen Gründen,
die Militäruniform anzuziehen. Er wurde, wie später
der Gendarmerieposten Mallestig berichtete, in ein
Lazarett gebracht, da vorerst eine Geisteskrankheit an-
genommen wurde. Doch schon bald interessierte sich
die Militärgerichtsbarkeit für den Fall : Franz Smou-
nig wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Der Forstarbeiter und Keuschler Joseph Rudl (* 24.
März 1903 Strau/Struga – † 7. Mai 1945 KZ Dachau)
lebte mit seiner Familie am Rabenberg/Šentjanške
Rute. Bereits 1934 war er aus der katholischen Kirche
ausgetreten und hatte sich den Zeugen Jehovas ange-
schlossen. Wegen »Zersetzung der Wehrkraft« war er
im Frühsommer 1942 zu zwei Jahren Gefängnis verur-
teilt worden. Nach seiner Entlassung im Juli 1944 un-
terstützte er die Partisanenbewegung. Deshalb wurde
er Anfang Februar 1945 neuerlich festgenommen und
als Schutzhäftling in das KZ Dachau eingewiesen. Jo-
seph Rudl erlebte zwar die Befreiung im Außenlager
München-Riem, doch verstarb er wenig später völlig
entkräftet.
Die Familie Wolfahrt lebte in Köstenberg/Kostanje
am vulgo Zanker Hof. Franz Wolfahrt (* 26. März
1890 St. Nikolai bei Pernegg – † 26. Februar 1944 KZ
Auschwitz) und sein Sohn Anton (* 1925) wurden im
März 1943 verhaftet und in das KZ Dachau eingewie-
sen und später in das KZ Flossenbürg überstellt, wo
Franz sein Leben lassen musste. Anton musste im Kre-
matorium arbeiten und überlebte die KZ-Internierung
schwer traumatisiert. Im September 1944 wurde Sohn
Franz (* 1927) zu 18 Monaten Haft verurteilt, da er
als Zeuge Jehovas seiner Dienstpflicht beim Reichsar- beitsdienst nicht nachkommen wollte und konnte. Sein
jüngerer Bruder Emil (* 22. 5. 1928 Köstenberg/Kos-
tanje – † 1949) wurde im Spätherbst 1944 in das sog.
Jugend-Schutzlager Moringen eingewiesen. Er sollte
sich von den Strapazen der Internierung nicht mehr
erholen und verstarb vier Jahre nach Kriegsende an den
Folgen. Nach den männlichen Familienangehörigen
wurden am 8. Februar 1945 die beiden noch am Hof
lebenden Frauen verhaftet. Die Behörden wollten mit
ihnen zunächst wie mit Angehörigen von Partisanen
bzw. verurteilten Partisanenunterstützern verfahren.
Ein Schwager der Familie war Ortsbauernführer und
sorgte dafür, dass seine Nichte Maria (* 1926) wieder
auf den Hof durfte und diesen weiter bewirtschaften
konnte. Ihre Mutter Ana (* 25. 7. 1899 Köstenberg/
Kostanje – † 28. Februar 1945 Klagenfurt/Celovec) war
noch während ihrer Internierung in Klagenfurt/Celo-
vec verstorben.
Während die Familie Wolfahrt, vulgo Zanker, im
Aktenbestand »Slowenenaussiedlung und Wiedergut-
machung« der Kärntner Landesregierung erfasst wurde,
scheint die Familie des Bruders von Franz Wolfahrt,
die in St. Martin am Techelsberg/Šmartin na Teholici
lebte, in diesem Bestand nicht auf. Gregor Wolfahrt
(* 10. März 1896 – † 7. Dezember 1939) wurde we-
gen Wehrdienstverweigerung zum Tode verurteilt und
in Berlin Plötzensee hingerichtet. Zwei Jahre später
wurde sein Sohn Gregor jun. (* 24. Juli 1921 – † 14.
März 1942) in Brandenburg-Görden hingerichtet.
Sohn Franz wurde bereits im Mai 1940 im Alter von 20
Jahren wegen Wehrdienstverweigerung zu einer fünf-
jährigen Zuchthausstrafe verurteilt, die er im Gefan-
genlager Rodgau-Dieburg (Hessen) verbüßen musste.
Die jüngeren Kinder Ana, Ida, Willibald und Kristian
wurden arbeitsverpflichtet bzw. in Erziehungslager ein-
gewiesen. Willibald (* 15. Dezember 1927 – † 15. April
1945) wurde als 17-Jähriger schließlich zum Bau von
Schützengräben herangezogen und verlor sein Leben
durch einen Kopfschuss. Kristian wiederum wurde an
die Ostfront verbracht. Auch die Familie des Gregor
Wohlfahrt verwendete das Slowenische in der Alltags-
kommunikation. Die Schwester von Gregor sen. und
Franz sen., Maria, war mit Hermann Bürger, ebenfalls
einem Zeugen Jehovas, verheiratet. Sie lebten in Wur-
zen/Koren in Köstenberg/Kostanje. Ihr Sohn Thomas
(* 1925) wurde wegen Wehrdienstverweigerung aus
religiösen Gründen im April 1944 zum Tode verur-
teilt. Er wiederrief und es gelang ihm die Flucht. In der
Folge wurde jedoch sein Vater verhaftet und in das KZ
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602