Seite - 1553 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Zweinamigkeit, mittelalterliche
Walchen in Seewalchen oder die Windischen/Slowe-
nen in Windischgarsten ihren Ort nannten. Sicher hat-
ten sie dafür einen eigenen Namen. Manche Ortsna-
men werden in zwei Sprachen erwähnt. Alte Hinweise
auf Z. sind z. B.: 837 territorium in Sclavinia … quod
theodisca lingua Wagreini dicitur, 864 im von Salzburg
betreuten slowenisch Pannonien in castro Chezilonis no-
viter Mosapurc vocato (slowenisch wahrscheinlich Bla-
tengrad), 970 bei Leibnitz/Lipnica in der Steiermark/
Štajerska Vduleniduor lingua sclavinisca sic vocatam theo-
disce vero Nidrinhof nominatam, 979 der Sonntagberg in
Niederösterreich usque in montem qui dicitur sclauanice
Ruznic, 993 in Kärnten/Koroška Podinauuiz (heute
Niederdorf/Dolnja vas), 1048 in Rottenmann im Pal-
tental in der Steiermark prediolum Rotenmannum dic-
tum in ualle pagoque Palta situm sclauuonice etiam Cirmi-
nah nominatum. Oder später ebenfalls in der Steiermark
sub Gastai Potglanz dictum und Mosinger puehl slavonice
Pletengoercz.
Die Slowenen haben seit dem 7. Jh. vor allem klei-
nere Flüsse, Seitentäler und Berge an den Straßen
längs der Enns/Aniža, Mur/Mura, Mürz/Murica, Glan/
Glina, Drau/Drava neu benannt. Die gehörten ladini-
schen Namen der Einheimischen wurden phonetisch
und volksetymologisch so angepasst, dass man sie kaum
noch als ursprünglich nicht slowenisch erkennen kann :
Dobra < Deber, Predel < Pratellu, Lam/Lom < Almus.
Die ladinischen Namen wurden mit dem Ende der
ladinisch-slowenischen Bilingualität nicht mehr be-
nutzt. Bemerkenswert sind die Kroaten-Siedlungen
mit einem nicht slawischen → Personennamen und
dem slowenischen Suffix iki : Bašiki/Fasching, Kotu-
riki/Guttaring/Kotarče, Knezoviki/Knasweg, Kriviki/
Kraig, Zuriki/Sörg, Baniki/Faning (der Sitz eines Bans)
(→ Inkulturation).
Die Benennung der geografischen Umwelt ist, glo-
bal gesehen, in allen Sprachen gleich. Bei Bilingualität
wird nicht immer in jeder Sprache neu benannt, son-
dern das schon Benannte wird als (etymologisch unver-
ständlicher) Name übernommen. Daran erkennt man
eine Schichtung von Sprachen bis zu den gegenwärti-
gen. Namen sind eine wichtige Quelle der Sprachenge-
schichte und Dokumente der →
Zweisprachigkeit. Die
auffälligsten Objekte (große Flüsse, Berge, Siedlungen)
haben Namen aus alten Sprachen. In Zentraleuropa ist
die Reihenfolge der Sprachen (→ Kontinuität) meist :
Alteuropäisch > Keltisch > Lateinisch/Ladinisch > Bairisch/
Deutsch (im Westen Österreichs) oder Karantanerslowe-
nisch > Bairisch/Deutsch (im Osten und Süden). Bei Zweisprachigkeit werden Namen meist im Lo-
kativ der Sprache übernommen, die später abkommt
und nicht mehr verstanden wird. V gorjach wird bairisch
nicht neu »bei den Berglern« benannt/übersetzt, son-
dern wird zum »unverstandenen« Göriach. Wo in Öster-
reich (etymologisch) slowenische Namen vorkommen,
wurde auch einmal gleichzeitig slowenisch und bairisch
gesprochen. Da jede Sprache ihre eigene Nomenklatur,
eben Z. hat, kommen mit dem Ende der Bilingualität
viele Namen ab. Dass sie dann nur noch in einer Form
zitiert werden, ist meist eine Folge der staatlichen Mo-
nolingualität. Mancher Name bleibt auf Umwegen er-
halten : Die Salzach hieß ab dem 8. Jh. bairisch Salzach,
vorher (latinisiert Ivarus) ladinisch Ivaro. Die eine Zeit
lang zweinamige Benennung ist abgekommen, lebt aber
in Bagivari (pagus Ivari, → Bagoaria) fort. Ein Teil-
stück der Glan/Glina (keltisch Glan-, lat. Glanus, slow.
Glana/Glina, dt. die Glan »die Klare«) hat vermutlich
im nördlichen Bereich des Zollfelds/Gosposvetsko polje
keltisch Sal- »die Trübe« geheißen. Der Name lebt fort
in der heute deutschen Bezeichnung → Maria Saal
und → Zollfeld. Die Slowenen haben unabhängig da-
von den Ort nach der »ecclesia Sanctae Mariae« Gospa
Sveta genannt. Maria Saal/Gospa Sveta hatte unter Bi-
schof Modestus einen slowenischen, einen alten ladi-
nischen und einen bairischen Namen.
In zweisprachigen Regionen hat jede Sprache, auch
ohne gesetzliche Regelung, ihre eigenen topografi-
schen Namen, die sich meist phonetisch (Zauchen/
Suha), manchmal morphologisch (Rosental/Rož, Jaun-
tal/Podjuna) unterscheiden oder völlig anders lauten
(Arnoldstein/Podklošter). In jedem Fall ist ein Name
in seiner Funktion unübersetzbar. Es gibt freilich zahl-
reiche semantische Entsprechungen, von denen dann
nach Ende der Bilingualität eine übrig bleibt : Ribnica/
Fischach oder Reifnitz, Potoče/Bach oder Potschach,
Goriče/Pichlarn oder Görtschach.
Jeder zweisprachige Ort hat ohne Rücksicht auf
die Etymologie zweisprachige Namen : Ludmanns-
dorf/Bilčovs, Feistritz/Bistrica, → Bleiburg/Pliberk.
Beide sind Endonyme, also in beiden Sprachen orts-
üblich. Endet die Zweisprachigkeit, gibt es nur noch
ein Endonym. Der Name der nicht mehr gesproche-
nen Sprache wird zum Exonym, d. h., er bleibt in der
Sprache, die noch anderswo, aber nicht mehr am Ort
gesprochen wird, bestehen. Das trifft auf viele deutsche
Namen zu, die früher einmal, wie aus den → Orts-
repertorien ersichtlich, in Slowenien oder anderswo
üblich waren, heute aber außer Gebrauch gekommen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602