Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geographie, Land und Leute
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Seite - 1558 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 1558 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž

Bild der Seite - 1558 -

Bild der Seite - 1558 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž

Text der Seite - 1558 -

1558 Zweisprachigkeitsideologie, Kärntner psycholinguistischen Kunstgriff wird die Ethnie ihres Namens beraubt. Und was keinen Namen hat und so- mit keine »Identität« im eigentlichen Sinn, verliert im kollektiven Bewusstsein die Individualität und existiert gleichsam nicht (vgl. →  Name und Identität ; →  »En- tethnisierung« ; →  Minderheit, dort zur Kärntner Lan- desverfassung, aktuelle Fassung ; →  Landessprache ; →  Muttersprache). Wurzeln. Die Z.-I. hat ihre Wurzeln in der histo- rischen →  Windischentheorie und setzt deren ideolo- gische Vorgaben um, wobei gezielt psycholinguistische Phänomene manipulativ eingesetzt werden. Dadurch, dass alle ursprünglich slowenischen Sprachbereiche »zweisprachig« definiert bzw. subjektiv als solche auf- gefasst werden, geht angesichts der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die →  Relevanz des Sloweni- schen zurück. In der Folge wirkt sich das auf die Sprach- kompetenz der Sprecher selbst aus, was langfristig der Assimilation strukturell Vorschub leistet. Dass es sich bei der Z.-I. um eine Spielart der Windischentheorie handelt, ergibt sich aus der mythologisierenden und suggestiven Darstellung einer vermeintlichen ›tausend- jährigen‹ →  Zweisprachigkeit des Landes Kärnten/ Koroška bzw. »Gemischtsprachigkeit« →  Südkärntens, wie sie bereits vom Proponenten der Windischentheo- rie, Martin →  Wutte, u. a. vertreten worden war (vgl. dazu auch →  Kranzmayer, Eberhard). Dass es Phä- nomene der interkulturellen Beziehungen gab, steht ohnehin außer Streit (→  Akkulturation ; →  Inkultu- ration). Die modernen soziolinguistischen Konzepte etwa von →  Muttersprache, →  Umgangssprache und →  Lingua franca werden jedoch nicht berücksichtigt. Psycholinguistische Reduktion. Mit dieser Ideolo- gie kommt es, aufbauend auf den konzeptuellen Vorga- ben der Windischentheorie, zunächst zu einer weiteren Tabuisierung der Begriffe Slowene/slowenisch, die fast exklusiv mit sog. »Urängsten« in Verbindung gesetzt werden. In der Folge werden ersatzweise die Begriffe »zweisprachig« oder »gemischtsprachig« gebraucht, die im regional allgemein üblichen Sprachgebrauch immer die Sprachkombination deutsch-slowenisch meinen. Man spricht von den »Zweisprachigen« statt von »Slo- wenen«, von »zweisprachigen Kulturvereinen« statt von slowenischen Kulturvereinen, meint jedoch immer die Slowenen bzw. die slowenische Sprache. Der permanente Gebrauch der neuen Begrifflichkeit »zweisprachig«/»gemischtsprachig« im öffentlichen Raum führt zu einem – und man kann annehmen po- litisch durchaus gewünschten – psycholinguistischen Rückkoppelungsprozess bei den Slowenen in Kärn- ten/Koroška selbst. Einerseits führt die solcherma- ßen ideologisierte »Zweisprachigkeit« aufgrund einer gesellschaftlich, wirtschaftlich, rechtlich, sozial und sprachlich verminderten →  Relevanz bzw. erhöhten Redundanz der slowenischen Sprache zu einer Ver- änderung des Selbstbildes bzw. der ethnischen und sprachlichen Identität der slowenischsprachigen Be- völkerungsteile (siehe →  Muttersprache). Andererseits ist das Resultat dieser Rückkoppelung aufgrund einer anfangs nicht wahrgenommenen rückläufigen funkti- onalen Sprachkompetenz im Slowenischen das Auf- kommen einer innertextuellen zweisprachigen Kommu- nikation insbesondere bei jüngeren Generationen, d. h. eines Sprachgemisches bzw. zu einer Makkaronisierung des Slowenischen in der mündlichen Kommunikation. Zunächst führt die konzeptuelle Festigung der Zwei- sprachigkeit zu einem funktionalen Code- und später zum umfassenden Sprach-Switching, d. h. zu einem sprachlichen Identitätsverlust. Dies hat zudem eine transgenerationelle Dimension, zumal Kinder ad perso- nam lernen, d. h., dass Kinder ein Sprachgemisch spre- chen, wenn erwachsene Bezugspersonen Sprachen mi- schen (→  Immersion, →  Mischsprache, →  Soziolekt). In wenigen Generationen wird somit der gesellschaftli- che →  Sprachwechsel aufgrund der zugrundeliegenden Denkmuster materiell aufgrund fehlender Sprachkom- petenz herbeigeführt. Das bestätigen die Ergebnisse der →  Sprachenzählungen. Identität. Gleichzeitig kommt es als Alternative zur historischen überregionalen Identität der Slowe- nen zu einer stark ideologisierten Positionierung der deutsch dominierten Regionalidentität (einer »Kärnt- ner-Ideologie«), die die »Zweisprachigen« miterfasst. Diese regionale territoriale →  Identität steht in einem Gegensatz zu überregionalen Identitäten der Slowenen und der Österreicher, während die Regionalidentität »(echter) Kärntner« synonymisch bzw. kryptisiert für Deutsch steht. Allerdings bietet die, wenn auch ideo- logisierte Regionalidentität den assimilierten Slowenen eine geografische Alternatividentität, die eine völlige Desintegration der Persönlichkeit vermeidet bzw. zu- mindest ins Erträgliche abschwächt (→  Assimilant, →  Assimilation, dort PTBS ; →  »Windische«). Akkulturation. Nicht zu verwechseln ist diese sol- cherart herbeigeführte kollektive →  Assimilation durch psycholinguistische Manipulation mit einer →  Akkul- turation, die als ein individuelles nicht traumatisches Phänomen betrachtet werden kann.
zurück zum  Buch Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž"
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška