Seite - 1565 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Zwitter, Dr. Zdravko
Zwitter, Dr. Zdravko (Valentin, * 12. August 1902
Draschitz/Drašče [Hohenthurn/Straja vas], † 19. Juli
1930 St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu), Polito-
loge, kulturpolitischer Aktivist.
Z. entstammt einer identitätsbewussten und aktiven
slowenischen Familie im →
Gailtal/Ziljska dolina und
wuchs im → Rosental/Rož auf : Sein Vater hieß Valen-
tin und war Gastwirt und Milchhändler, seine Mutter
Marija, geb. Janschitz, seine Schwestern Mila (Or-
densschwester Terezija) und Marica (Ordensschwester
Augusta), sein um zwei Jahre jüngerer Bruder → Vinko
und sein jüngster Halbbruder Janko, seine Cousins wa-
ren → Franci und → Mirt Zwitter (sowie Janko, der
am Hof geblieben war und die zwei Mädchen Marica
und Pavla).
Nach der Grundschule in der privaten slowenischen
Schule (→ Narodna šola) in St. Peter bei St. Jakob im
Rosental/Šentpeter pri Šentjakobu v Rožu besuchte er
das Gymnasium in Klagenfurt/Celovec. In der sechsten
Klasse wurde er zur Zeit der Grenzkämpfe im April
1919 von seinen deutschnationalen Schülern verprügelt
und mit Steinen beworfen, so dass er gezwungen war,
das Gymnasium zu verlassen (→
Grenzfrage, → Ver-
treibung 1920). Das Schuljahr 1919/20 bzw. die sechste
Klasse Gymnasium absolvierte er in Kranj, wohin er
mit seinem Bruder Vinko und zahlreichen weiteren
kärntnerslowenischen Schülern geflüchtet war. Z. lei-
tete ihren Verein Razor [Ackerfurche] und publizierte
seine Gedichte und Prosa in der Schülerzeitung Kvišku
[Empor]. Nach der → Volksabstimmung schrieb er
sich wieder im Gymnasium in Klagenfurt/Celovec ein
und besuchte die 8. Klasse. Die Hausarbeit unter dem
Titel »Wir haben lang genug geliebt und wollen end-
lich hassen« (Georg Herwegh 1841), die Z. mit dem
Gedanken abschloss : »Ihr habet lang genug gehasst
und lernet endlich lieben !«, war der Auslöser dafür, dass
er im Februar 1922 wieder nach Kranj gehen musste,
dort im selben Jahr maturierte und danach nach Wien
studieren ging.
Bereits am 7. August 1921 berief er zusammen mit
Janko → Ogris die Rosentaler slowenischen → Kul-
turvereine nach St. Jakob im Rosental/Šentjakob v
Rožu zum ersten nachplebiszitären Treffen und zu Be-
ratungen ein. Im Sommer 1923 gab er die Anregung
für die Aufführung des Volksstückes Miklova Zala von
Jakob →
Sket und Jaka → Špicar auf »historischem
Boden« im slowenischen →
Rosentaler Dialekt, bei der
Mikl, Sereinig und andere einheimische Darsteller
auftraten (→ Laienspiel, → Theater) (seine Schwester Marica übernahm die Rolle der Zala und ihr widmete
der Schriftsteller Oton → Župančič anlässlich der
Aufführung im Jahre 1931 in Ljubljana das sehr tief
empfundene Gedicht Ko v turški sužnosti ječala [Als sie
in türkischer Knechtschaft seufzte]). Z. war Initiator
und erster sowie danach noch mehrmaliger Vorsitzen-
der des → Klub koroških slovenskih akademikov na Du-
naju [Klub der Kärntner slowenischen Akademiker in
Wien]. Der Klub änderte seither mehrmals seinen Na-
men und war ein Anziehungspunkt auch für die bur-
genländischen Kroaten. Mit den Mitgliedern des Klubs
besorgte er das Korrekturlesen der Zeitung →
Koroški
Slovenec, schrieb darin programmatische Artikel (im
Geiste der katholischen Aktion) und half bei dessen
Redaktion. Er initiierte politische Debatten und gab
Anregungen für das gesellige Leben in Wien sowie für
Kulturauftritte und studentische politische Seminare
in Kärnten/Koroška. Er war Mitautor und Herausge-
ber des Almanachs Dijaki narodu [Die Schüler dem
Volk], der nach dem Studententreffen vom 7.–10. Au-
gust 1927 in → Bleiburg/Pliberk erschien, und schlug
darin das Programm der → Koroška slovenska stranka
[Kärntner slowenische Partei] vor. Er war Initiator und
Sekretär des Vorbereitungsausschusses des am 9. Ok-
tober 1927 gegründeten → Slovenski krožek [Sloweni-
scher Kreis] in Wien, der umfassend tätig und auch für
Frauen offen war.
Die Ausarbeitung des Abschlusses seiner Disserta-
tion an der Universität Wien Die slawischen Minderhei-
ten in Österreich verzögerte sich aufgrund der »Ungnade
der verantwortlichen Kreise« bis zum 22. November
1929, als er zum Dr. der Staatswissenschaften promo-
vierte. Er kehrte zurück und fand eine Anstellung als
Sekretär der neu gegründeten Kärntner Caritas, doch
erkrankte er bald darauf an Tuberkulose und starb vier
Monate danach.
Was für einen Verlust für die Kärntner Slowenen,
die nach der Volksabstimmung den Großteil ihrer Bil-
dungselite verloren hatten, der Tod eines talentierten,
unbeugsamen, unternehmungsfreudigen und allseitig
agilen Intellektuellen bedeutete, zeigte sein Begräbnis
am 21. Juli 1930, dem größten bis dahin in St. Jakob
im Rosental/Šentjakob v Rožu. Neben 21 Priestern,
beiden slowenischen → Abgeordneten zum Landtag
und dem jugoslawischen Generalkonsul nahmen daran
Vertreter zahlreicher Kulturvereine sowie eine tausend-
köpfige Menge aus dem gesamten → zweisprachigen
→ Südkärnten/Južna Koroška teil. Kärntner Zeitun-
gen und solche aus Ljubljana brachten Berichte und
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602