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Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – Eine Lebensskizze 31
und diese ist meine vermögenslosigkeit, verwundbar nicht nur für meine
eitelkeit, sondern auch für meine politische stellung“ zu beseitigen, um je-
doch im gleichen Augenblick hinzuzufügen, dass er daran „bis jetzt nur mit
Widerwillen denke.“ einerseits würde „eine reiche Parthie meine stellung
ungemein verbessern“ und seiner Position „als liberaler Aristokrat erst die
rechte grundlage geben,“ andererseits wünschte er eine „geldheirath“ nur
im äußersten notfall, „wüßte ich ein anderes, nur halbwegs genügendes Aus-
kunftsmittel, ich würde es weit lieber ergreifen.“1 über solche theoretische
überlegungen gingen Andrians schritte in diese richtung jedoch nicht hin-
aus, lediglich 1852 findet sich in den tagebüchern ein von seiner schwester
gabriele angeregter zögerlicher versuch einer kontaktaufnahme mit der
erst 19jährigen gräfin helene Barkóczy, den Andrian jedoch schnell wieder
aufgab. kurz darauf meinte er, „ein inneres, allgemeines Bedürfniß zu hei-
rathen empfinde ich ebensowenig wie vor 10 Jahren.“2
neben diesen halbherzigen gedanken, über eine reiche heirat zur finan-
ziellen unabhängigkeit zu gelangen, kamen für Andrian nur wenige andere
Wege zur materiellen Absicherung in frage, die aber ebenfalls nicht erfolg-
reich waren. Wie bereits geschildert, scheiterten sowohl die versuche, eine
hohe staatsstellung zu erhalten, wie die schritte zum eintritt in den mal-
teserorden. nie in Betracht zog er eine stellung in der freien Wirtschaft,
um sich die nötigen mittel durch eigene Arbeit zu schaffen. selbst die ver-
waltungsratsposten, die er in seinen letzten lebensjahren bekleidete, erhielt
Andrian nicht aufgrund eigener initiative, sondern über vermittlung und
auf drängen des aus der Privatwirtschaft in den staatsdienst gewechselten
finanzministers Bruck.
trotz seiner negativen einstellung zur ehe war viktor v. Andrian Zeit
seines lebens mit frauen in intimem kontakt. eine beinahe lebenslange Be-
ziehung verband ihn mit seiner Jugendliebe Augusta horrocks. ihr hatte er
als junger 22jähriger Beamter in görz die ehe versprochen, noch unter der
Annahme, seine finanziellen verhältnisse würden durch die erwartete erb-
schaft nach seinem onkel geordnet.3 Während jedoch Augusta so wie ihre
1 ebda, einträge v. 28.3., 4.8. und 17.12.1847. Am 20.7.1850 schrieb Andrian, „ich muß hei-
rathen, erstlich als Beschäftigung für die nächste, wahrscheinlich noch ziemlich lange un-
beschäftigte Zeit. Zweytens aber, um Boden und Wurzel in irgend einer Provinz zu gewin-
nen.“
2 ebda, eintrag v. 20.9.1852.
3 vgl. horrocks, travelling with Augusta, 255. da nur dieses eine tagebuch Augustas von
1835/36 erhalten ist und die Autorin die tagebücher Andrians nicht einsah, hatte sie keine
kenntnis von den umständen des endes der liebes- und dem Weiterbestehen der freund-
schaftlichen Beziehung der beiden. sie schreibt jedoch, dass Augusta in erinnerung an die
familie Andrian zwei ihrer drei töchter gabrielle and Andrienne taufte. ebda, 262.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien