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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band I
Seite - 123 -
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12313. Jänner 1841 ermüdenderes geben, als diese kleinen Bälle; und mich amusirt das allge- meine erstaunen über mein nichtgeladenseyn, was aber auch wirklich auf- fallend ist. ich bin noch immer unentschlossen, ob ich nach Wien gehen werde oder nicht, dieser schnee und die grimmige kälte découragiren mich, und dann ginge ich gern in den fasten nach rom und neapel, auf der anderen seite aber fürchte ich, daß, wenn ich mein Projeckt aufschiebe, mittlerweilen Au- gust lobkowitz wie man spricht als gouverneur hieher kommen könnte, und ich somit den einzigen appui in Wien verlöhre, von welchem ich theilnahme und unterstützung für mein vorhaben, nach süd Amerika und zwar wo- möglich auf Staatskosten zu reisen, erwarten könnte; diese Unschlüssigkeit peinigt mich sehr; andererseits, d.h. wenn die Furcht wegen Lobkowitz nicht wäre, wäre es glaube ich jedenfalls besser, diese reise auf das kommende Jahr zu verschieben, weil ich da erstens besser vorbereitet und dann schon länger in Mailand wäre; jetzt, fürchte ich, würden mir manche meiner Pro- jeckte blos als unruhe und jugendlicher übermuth ausgelegt werden, be- sonders da ihnen meine echapées von seiner Zeit noch frisch im Andenken sind; das soll aber nicht seyn; um ihre Achtung und Mitwirkung zu erwer- ben, muß ich ihnen als gereifter mann und mein vorhaben als ein klar und reiflich durchdachtes erscheinen. das ist aber das unglück in österreich, daß man noch viel länger für jung gehalten wird, als man es wirklich ist. [mailand] 13. Jänner Gestern war Hofball; recht hübsch und ziemlich animirt; ich tanzte fast gar nicht und widmete fast den ganzen Abend dem langweiligen geschäfte des Bekanntschaftenmachens und Erneuerns; zu diesen letzteren gehörte na- mentlich gräfin sormani-verri und oldofredi-terzi, welche letztere eine ganz deliziöse amusante junge Frau ist; zu den ersteren Borromeo-Litta, litta-trotti, taverna-greppi etc. komisch fand ich den ton de conversation der meisten dieser frauen, welche im übrigen ganz unexceptionable, den einzigen fehler haben, daß man es ihnen ansieht, eine neue Bekanntschaft sey ihnen etwas ganz Ungewöhnliches und Embarrassantes; ihr Leben be- wegt sich, wenigstens so lange sie in mailand leben, in einem so engen kreis von Bekannten, daß sie sobald sie mit einem Andern in Berührung kom- men, ganz aus ihrer assiette fallen, die einen sind verlegen, antworten nur Ja oder nein, die Anderen sind recht aimable, rufen aber urplötzlich ihren mann oder liebhaber herbey, um ihn für die augenblickliche einem frem- den gewährte Aufmerksamkeit zu entschädigen. heute habe ich meinen er- sten kammerherrendienst bey hofe. letzthin war ich bey einer der phrenologischen vorlesungen welche mr. Castle regelmäßig bey Neipperg hält; diese sind ganz in der gewöhnlichen
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
I
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
744
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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