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Bruckner, Anton#

* 4. 9. 1824, Ansfelden (Oberösterreich)

† 11. 10. 1896, Wien
 
Komponist, Organist, einer der größten Symphoniker Österreichs im 19. Jahrhundert


Anton Bruckner
Anton Bruckner. Gemälde von A. Miksch, 1893 (Gemäldegalerie Stift St. Florian, OÖ.)
© Stift St. Florian, für AEIOU

Aus einer oberösterreichischen Lehrerfamilie stammend, wirkte er zunächst als Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt und Kronstorf an der Enns, 1845-55 als Lehrer und ab 1848 als Stiftsorganist in St. Florian.


Von 1855 bis 1868 war er als Domorganist in Linz tätig (in dieser Zeit wurde er auch Mitglied des Linzer Sängerbundes "Frohsinn", dessen Chorleiter er ab 1860 war).


Daneben studierte er bei Simon Sechter in Wien Theorie und wurde 1868 als dessen Nachfolger Professor am Wiener Konservatorium und Hofkapellorganist. Von 1875 bis 1892 war er Lektor für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Universität Wien, die ihm 1891 den Ehrendoktortitel verlieh. Konzertreisen führten ihn nach Paris und London (1871), wo er als Organist und vor allem als Improvisator gefeiert wurde.


Obwohl Bruckner auch auf ein großes kirchenmusikalisches Werk verweisen kann, gilt er insbesondere als Symphoniker; anders als Johannes Brahms, der auf musikalische Feinarbeit setzte, arbeitete Bruckner flächig, in einem Stil, der oft als "orgelhaft" bezeichnet wird, und gab seinen Symphonien epische Länge (Eduard Hanslick: "Symphonische Riesenschlangen").


Ein krankhafter Perfektionismus trieb Bruckner dazu, von den meisten seiner Symphonien mehrere Fassungen zu erstellen. Wie kaum ein anderer Komponist wurde Bruckner schon zeitlebens durch seinen Apologetenkreis zu einem Mythos stilisiert, wodurch das bis heute verfälschende Bild zwischen "Provinz-Parsifal", "Deutschem Michel" und "Musikanten Gottes" geprägt wurde, zu dem auch zahlreiche Anekdoten beigetragen haben.


Anton Bruckner liegt auf eigenen Wunsch unter der Orgel des Stifts St. Florian ("Bruckner-Orgel") begraben. Die Originalpartituren seiner wichtigsten Werke hat er der Österreichischen Nationalbibliothek vermacht.


Im 4. Wiener Bezirk ist eine Straße nach ihm benannt.


Gedenkstätten in Wien#

Wien 1, Stadtpark: von Viktor Tilgner
Wien 1, Stadtpark: von Viktor Tilgner
Arkadenhof der Universität Wien, v. Joseph Tautenhayn jun.
Arkadenhof der Universität Wien, v. Joseph Tautenhayn jun.
Bruckner, Gedenkstätte, Oberes Belvedere
Gedenkstätte, Oberes Belvedere
Bruckner, Gedenkstätte, Heßgasse 7
Heßgasse 7
Bruckner, Gedenkstätte, Karlskirche
Karlskirche
Bruckner, Gedenkstätte, Piaristenkirche
Jodok-Fink-Platz
Bruckner, Gedenkstätte, Währinger Straße 41
Währinger Straße 41

Werke (Auswahl)#

  • 9 bzw. 11 Symphonien, 3 große Messen, Tedeum, 150. Psalm, Requiem, geistliche und weltliche Chöre, Motetten, Psalmen, Hymnen, Klavier-, Kammer- und Orgelmusik
  • Gesamtausgabe, herausgegeben von R. Haas und A. Orel, 1930ff.
  • Kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, 1951ff.


Text aus dem Buch "Große Österreicher"#


Anton Bruckner 1824-1896

Daß sich um Anton Bruckner bis auf den heutigen Tag auch Mißverständnisse ranken und man weder draußen in der Welt noch in seiner engeren Heimat ein völlig zutreffendes Bild dieses Musikers hat, macht den Versuch eines Porträts höchst reizvoll.

Am 4. September 1824 auf die Welt gekommen, nur elf Jahre jünger also als sein späteres Idol Richard Wagner, ist Bruckner zwar ein »Bauer«, doch keineswegs ein Bauernkind. Großvater und Vater waren Lehrer, in bäuerlicher Umgebung zwar, doch nach den strengen Regeln ihrer Zeit keine »echten« Landbewohner, sondern »Studierte«.

Und zudem selbstverständlich Musikanten, denn es war durchaus Sitte, daß der Lehrer auf dem Lande Kirchenmusiker war und beim Gottesdienst den Ton für den Kirchengesang angab. Daß Anton Bruckner ursprünglich dazu bestimmt war, Lehrer und Musiker zu werden, daran besteht kein Zweifel. Auch seine Berufsausbildung ist ganz eindeutig darauf gerichtet. Erst Sängerknabe im Stift St. Florian, dann Zögling im Lehrerseminar Linz, schließlich Hilfslehrer in Oberösterreich und immer auch Organist - eine langsame und stille »Karriere« in einem sehr bescheidenen Rahmen, den Anton Bruckner nur durch sein Genie und seinen Fleiß zu sprengen vermochte. Fleiß und Ehrgeiz zeigte er bei seinen Studien in Linz, sein Genie zeigt sich zunächst an der Orgel.

Bruckner war von 1845 an Hilfslehrer, von 1848 provisorischer und ab 1852 regulärer Stiftsorganist in St. Florian. Die enge Bindung zu einem geistlichen Stift, einer Institution, die der Musik und den Künsten zugetan, doch nach strenger Hierarchie ausgerichtet ist, hat Anton Bruckner geprägt. Wir wissen von seinem Leben in Wien, daß er auf Frömmigkeit auch nach außen hin großen Wert legte. Dies ist zweifellos der Erziehung zu verdanken, die nicht mit der Entlassung in eine Lehrstelle endete; bis ins Mannesalter blieb der Organist und Kirchendiener Bruckner an die Macht der strahlenden Ecclesia triumphans gebunden.

Es soll hier kein Zweifel an der tiefen inneren Frömmigkeit Bruckners ausgesprochen werden, doch auch seine sozusagen institutionalisierte äußerliche Frömmigkeit ist wesentlich für das Verständnis des Komponisten. Der Organist Anton Bruckner, der heute zumeist als solcher bezeichnet wird, wenn man seine großen Symphonien charakterisieren will, war in der Tat ein weltberühmter Virtuose. Bei Gastspielen weit außerhalb Österreichs wurde Bruckner vor allem als genialischer Improvisator gefeiert und erntete Ruhm in Frankreich, England und der Schweiz. Auch hier zeigt sich ein Widerspruch: der scheinbar stille, bescheidene, scheue, bäuerliche Mann, der vor jedem Wiener Universitätsstudenten seinen Hut zog und sich vor Autoritäten wie Brahms oder dem Kritiker Hanslick bis auf den Boden verbeugte, hatte am eigenen Leib erfahren, wie Ruhm schmeckt, und war in der Welt herumgekommen. Einiges an dem bis heute landläufigen Bild des »täppischen« Bruckner muß Verstellung gewesen sein.


Eine Photographie des dreißigjährigen Bruckner zeigt tatsächlich einen ganz anderen Mann, als er uns später begegnet. Da steht einer schlank und selbstbewußt und ist in Linz und Oberösterreich ein angesehener Orgelvirtuose und auch schon Komponist, von dem eine äußerst schwierige Messe (in d-Moll) aufgeführt und viele andere geistliche Kompositionen mehrfach gespielt wurden. Erst Jahre später, 1861, läßt sich Bruckner in Wien von der Kommission des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde »prüfen« und hat damit wahrlich mehr als die Lehrbefugnis für Musiktheorie im Sinn: er will offensichtlich in der Kaiserstadt darauf aufmerksam machen, wer Simon Sechters bester Schüler ist, wer einzig dazu berufen sein könnte, den berühmtesten Theorielehrer eines Jahrhunderts - bei dem sich 1828 noch Franz Schubert demütig präsentierte - vollwertig zu ersetzen. Und 1868 übernahm er, auf einigen Gebieten ganz ohne Konkurrenz und selbstverständlich von allen Autoritäten anerkannt, wenigstens teilweise die Ämter, die er als Hilfslehrer in Oberösterreich als Lebensziel vor Augen gehabt haben mußte. Er wurde Professor am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien - das Institut ist heute die Hochschule für Musik und darstellende Kunst -, und er war »Hoforganist-Expektant«, also derjenige, von dem feststand, daß er die Stelle des Organisten des Kaisers erhalten würde. Für diese Position gab er eine relativ sichere und gutbezahlte in Linz auf und nahm den »Kampf« mit dem äußerst weltlichen Wien auf.

Der Musikant Gottes muß gewußt haben, daß er als Komponist in keiner anderen Stadt als Wien eine Chance hatte, zu jener Geltung zu kommen, was ihm als Organisten schon Jahre vorher zugefallen war. Von da an bis zu seinem Tod ist Anton Bruckner, um es einfach auszudrücken, mit der Komposition einer idealen Symphonie beschäftigt. In der Realität schreibt er mehrere, neun an der Zahl. Doch immer wieder modelliert er auch an den bereits scheinbar fertigen Symphonien, und immer wieder stellt er Fassungen her, die keineswegs nur Spielbarkeit erleichtern oder Fehler ausmerzen sollen - es scheint, Bruckner komponiert ein ganzes Leben immer wieder alle seine Symphonien und ist ein ganzes Leben damit befaßt, aus allen seinen Symphonien die ideale zu gestalten. Dabei führt er ein durchaus nicht entbehrungsreiches Leben. Er hat eine feste Position und Schüler, die sich enthusiastisch zu ihm bekennen, er ist ein allgemein bekannter Mann, dessen Widersprüche zu der herrschenden Lehrmeinung zwar belacht und verhöhnt, aber auch erkannt werden. Er steht als Symbol und wird als solches gefeiert, und er gibt immer wieder zu erkennen, daß er auch das genau begreift und nicht missen will.

Die Helden der Wiener Gesellschaft sind die von ihm selbst gewählten Widersacher, die musikalische Jugend ist ein von ihm sehr konsequent zur Jüngerschaft erzogener Haufen an Genie -immerhin finden wir Gustav Mahler und Hugo Wolf und viele andere Komponisten zur rechten Zeit zu Bruckners Füßen und nebstbei auch damit beschäftigt, dem Meister Kopistendienste und andere Handreichungen zu leisten. In vielem gebildeter als der aus ebenfalls kleinen Verhältnissen aufgestiegene Rivale Brahms, legt Bruckner es darauf an, der »Bauer« zu sein und also ein Widerpart, dessen unvermeidliche Niederlagen in der Residenzstadt Wien als Niederlagen eines ungeschlachten Revolutionärs ausgelegt werden können. Freilich, wo Brahms mit Ehrenämtern und der Aufmerksamkeit der tonangebenden Gesellschaft verwöhnt wird und in seinem Freundeskreis angesehene Ärzte und Wissenschaftler weiß, da bleibt Anton Bruckner einsam und ohne die gewünschte »Ansprache«, wenn man von den jungen Musikern ringsum absieht. Als er 1896 stirbt und das große Totenamt in der Karlskirche stattfindet, ist auch der nichtkatholische Johannes Brahms anwesend.

Die Nachwelt hat für Bruckner auch noch Überraschungen parat: Er wird in Holland geschätzt, in Österreich bald »verstanden«, sonst eher als eine lokale Größe eingestuft. Er findet heftige Parteigänger unter den Dirigenten wie Gustav Mahler oder Bruno Walter und dann plötzlich dank seiner einst so schmerzensreichen Verehrung für Wagner ein lebhaftes Interesse seitens des Nationalsozialismus. Nach 1945 aber schadet ihm dies keineswegs - die Welt hat so viele große - auch jüdische - Dirigenten, die Bruckner »über die Grenzen seines Landes« hinaus berühmt machen, und Komponisten von Rang erkennen immer deutlicher, daß er als Symphoniker in der Reihe Schubert - Mahler - Wellesz eine Stellung einnimmt, die immer wesentlich sein wird.


Hörproben#




Hörprobe Österreichische Mediathek


Präludium in C-Dur "Perger Präludium"
Interpret: Martin Haselböck (Orgel); Label: PAN 120375

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Symphonie Nr. 7 E-Dur, 2. Satz: Adagio
Interpreten: Philharmonia Orchestra, Otto Klemperer (Dirigent); © EMI 7 69126 2, 1962 (Ausschnitt)

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Symphonie Nr. 7 E-Dur, 2. Satz: Adagio
Interpreten: The London Philharmonic, Franz Welser-Möst (Dirigent); aufgenommen: 27.7.1991, London, Konzertmitschnitt; © EMI 7 54434 2, 1992 (Ausschnitt)

Musik spielen

Literatur#

  • A. Göllerich und M. Auer, A. Bruckner, 4 Bände, 1922-36
  • L. Nowak, A. Bruckner, 1964
  • M. Wagner, Bruckner, 1983
  • R. Grasberger, Bruckner skizziert (Bruckner-Anekdoten) 1991
  • R. Grasberger (Redaktion), A. Bruckner - Persönlichkeit und Werk, 1995
  • M. Wagner, A. Bruckner. Sein Werk - sein Leben, 1995
  • U. Harten (Hg.), A. Bruckner, 1996
  • H. Litschel (Redaktion), Vom Ruf zum Nachruf, Ausstellungskatalog, St. Florian/Mondsee 1996
  • E. Maier, A. Bruckner. Stationen eines Lebens, 1996
  • F. Scheder, A. Bruckner Chronologie, 2 Bände, 1996
  • R. Ulm (Hg.), Die Symphonien Bruckners, 1998

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl