Glasmalerei#
Die klassische musivische (Einlege-) Kunst der farbigen Glasfenster blickt in Österreich auf eine lange Überlieferung zurück. Technisch bedeutet sie die mosaikartige Kombination verschiedener in der Masse gefärbter Scheiben, die durch Bleistege miteinander verbunden werden. Die Bemalung erfolgte ausschließlich mit Schwarzlot, zu dem erst seit dem Spätmittelalter nach und nach andere Farben traten. Die älteste erhaltene Glasscheibe in Österreich ist die St. Magdalenen-Scheibe aus Weitensfeld (Kärnten, um 1170, heute im Diözesanmuseum Klagenfurt). Ihr folgen als ein Hauptwerk der romanischen Glasmalerei die 14 Scheiben (um 1240) aus der Stiftskirche Ardagger (Niederösterreich, Darstellung der Legende der heiligen Margarethe).
Aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen unter anderem die Rundscheibe im Dom von Gurk, die "Zehn-Jungfrauen-Scheiben" der Stadtpfarrkirche Friesach und die "Jungfrauen-Scheiben" der Walpurgiskirche bei St. Michael (Steiermark). Die Baumeister der Gotik verringerten die Zwischenwände der Kirchen, die Fenster wurden breiter und höher. Daraus erwuchs der Glasmalerei ein monumentalerer Maßstab, dem die Maler nicht nur mit vergrößerten Figuren, sondern auch mit der Einführung großer Architekturkompositionen Rechnung trugen. Themen der Kirchenfenster bildeten nun Einzelheilige, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und allegorische Darstellungen. Dem allgemeinen Stilwandel der europäischen Malerei im ausgehenden Mittelalter entsprechend, setzte sich auch in der Glasmalerei das Streben nach räumlicher Darstellung und größerer Naturnähe durch.
Die Babenberger-Bildnisse (um 1295) im Brunnenhaus des Stifts Heiligenkreuz sind charakteristische Beispiele für den Übergang von der Romanik zur Gotik. Als Zentrum der Glasmalerei bildete sich in dieser Zeit Klosterneuburg heraus; Zeugnis davon geben die um 1300 vermutlich für die "Capella speciosa" angefertigten Scheiben (heute Stadtpfarrkirche in Steyr) und die Reste der ehemaligen Kreuzgangverglasung des Stifts (um 1330). Berühmt sind auch die Glasfenster der Leechkirche (um 1320/30) in Graz. Die Verglasung der 17 Chorfenster des Stephansdoms in Wien war die bedeutendste Leistung Mitte des 14. Jahrhundert; von ihr haben nur 3 Fenster die Zerstörungen der Barockzeit überdauert (Historisches Museum der Stadt Wien). Dieselbe Werkstatt ist auch in den ebenfalls dezimierten Chorfenstern von Maria am Gestade in Wien, in den Gaminger Stifterscheiben (heute in St. Florian, Oberösterreich) und in den Fenstern der Wallfahrtskirche Maria Straßengel (um 1350/60) bei Graz nachweisbar. Einer Werkstatt, die gegen Ende des 14. Jahrhunderts vielfach für den Wiener Hof tätig war (Hofwerkstatt), gelangen zahlreiche technisch meisterhaft ausgeführte Schöpfungen: Neben Werken in Ebreichsdorf (Niederösterreich), St. Erhard in der Breitenau (Steiermark) und Viktring (Kärnten) stellen die Fenster der Bartholomäuskapelle im Wiener Stephansdom (um 1390, heute im Historischen Museum und im Museum für angewandte Kunst in Wien) das früheste und vornehmste Beispiel dar. Bedeutende Proben alpenländischer Werkstätten besitzen die Spitalskirche in Judenburg, die Maria-Waasen-Kirche in Leoben und das Stift St. Lambrecht (um 1430/40, jetzt im Joanneum, Graz). Die kostbarsten Glasfenster in Salzburg hat die Leonhardskirche in Tamsweg (um 1430-50; unter anderem das "Goldfenster"). In ihnen erscheint die Technik den neuen Stiltendenzen, wie sie in der Tafelmalerei gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts vorherrschen, angepasst: Eine weich schattierende Malweise tritt an die Stelle von Strichzeichnung und Schraffur. Die übrigen, einst reichen salzburgischen Bestände gingen verloren, überliefert sind nur die Namen zahlreicher Meister. Die einzige gut erhaltene Glasmalerei von Nordtirol befindet sich in der Spitalskirche von St. Johann in Tirol, die bedeutendste Glasmalerei in Vorarlberg stammt aus Göfis (jetzt im Landesmuseum in Bregenz). Zahlreiche Arbeiten, vor allem der zum Teil namentlich überlieferten Wiener Meister, sind nicht mehr erhalten.
Bereits in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts entstand eine neue Gattung der Glasmalerei, die so genannte Kabinettmalerei, die in der Folge der Monumentalglasmalerei den Rang streitig machte. Sie brachte die "Kabinettscheiben" hervor, die hauptsächlich für Fenster von Profanbauten (Rathäuser, Bürgerhäuser, Innungsstuben und Ähnliches) und für Wappenscheiben verwendet wurden.
Zu den in Österreich spärlich vertretenen Glasmalereien der Renaissance gehören das Marientod-Fenster in Steyr (Oberösterreich), ein Fenster aus der Deutschordenskirche in Wiener Neustadt (jetzt im Museum für angewandte Kunst in Wien) und schließlich die Verglasung der Georgskapelle in der Wiener Neustädter Burg mit den Stifterbildnissen Kaiser Maximilians und seiner Familie.
Im Barock wurde die Kunst der Glasmalerei nicht mehr gepflegt. Die großen Fensterzerstörungen durch Neu- bzw. Umbauten gotischer Kirchen zu Barockensembles setzten bereits vor der 2. Türkenbelagerung Wiens (1683) ein. Erst die Romantik und das späte 19. Jahrhundert haben für diesen Zweig des Kunstgewerbes wieder Interesse gewonnen.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von Carl Geyling in Wien eine noch heute bestehende Werkstätte für Glasmalerei gegründet. Das als Familienbetrieb geführte Unternehmen schuf bedeutende Glasmalerei unter anderem für den Wiener Stephansdom und die Votivkirche, aber auch für zahlreiche Villenbauten der Jahrhundertwende. Von überregionaler Bedeutung im Historismus war auch die 1861 gegründete Tiroler Glasmalereianstalt.
Historische Bilder zu Glasmalerei (IMAGNO)
Literatur#
- E. Frodl-Kraft, Gotische Glasmalereien, 1963
- E. Frodl-Kraft, Die Glasmalerei, Entwicklung, Technik, Eigenart, 1970
- E. Bacher, Die mittelalterlichen Glasgemälde in der Steiermark, Teil 1: Graz und Straßengel, (Corpus vitrearum medii aevi 3), 1979
- M. Kristan, Die monumentale Glasmalerei der Romantik, des Historismus und des Jugendstil in Österreich, Diplomarbeit, Wien 1986
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