Kurt Ebert#
G. A. Gamaufnach einer Laudatio von Johann Egger und Georg Kahhe, gehalten im Dezember 2012 in Innsbruck
Kurt Ebert wurde am 15. September 1942 in Bärndorf/Steiermark geboren. Nach seiner mit Auszeichnung abgelegten Matura am 5.Bundesrealgymnasium in Graz studierte er ebendort Rechtswissenschaften und beendete das Jurastudium mit überwiegend ausgezeichnetem Erfolg schon vor Vollendung seines 22. Lebensjahres. Ab dem siebten Lebensjahr erhielt er Klavierunterricht sowie seit 1953 Orgelunterricht in Graz, wo er bereits mit 15 Jahren mit einem eigenen öffentlichen Klavierabend hervortrat und im Anschluss daran vom Österreichischen Rundfunk zu Aufnahmen eingeladen wurde. Seit 1958 war Prof. Bruno Seidlhofer, einer der angesehensten Klavierpädagogen seiner Zeit, sein musikalischer Mentor und nahm ihn bald darauf in seine Meisterklasse an der damaligen Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien auf.
Nachdem an der Grazer Alma Mater o. Univ.-Prof. Dr. Hermann Baltl dem aufstrebenden jungen Virtuosen im Jahre 1964 eine wissenschaftliche Assistentenstelle angeboten hatte, stand Kurt Ebert zwangsläufig vor der bisher schwersten Entscheidung seines Lebens, welche nach einjährigem spatium deliberationis schließlich zugunsten der Universitätslaufbahn ausfiel. 1972 habilitierte er sich für den Fachbereich „Deutsche und Österreichische Rechtsgeschichte" an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz und folgte bereits zwei Jahre später einem Ruf als ordentlicher Professor für Österreichische Rechtsgeschichte, Deutsches Recht und Wirtschaftsgeschichte an die Universität Innsbruck. Dort leitete er nach der Emeritierung von o. Univ.-Prof. Dr. mult. Nikolaus Grass seit 1983 das Institut für Österreichische und Deutsche Rechtsgeschichte, welches später als „Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte" neu strukturiert wurde.
In den Jahren 1973 bis 1976 nahm er an der Grazer Universität zugleich Lehraufträge für „Geschichte des Deutschen Privatrechts in vergleichender Betrachtung mit den Prinzipien des gegenwärtigen österreichischen Zivilrechts" wahr, welche dann leider wegen zeitlicher Überlastung nicht mehr weitergeführt werden konnten.
Schon während seiner Studentenjahre widmete sich Ebert intensiven Sprachstudien und erlernte sukzessive sechs lebende Fremdsprachen, darunter zuletzt Portugiesisch, von welchen er nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die vier authentischen UNO-Sprachen Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch, sowie Italienisch auch in sein interfakultäres Lehrveranstaltungsangebot zur europäischen Rechtsentwicklung an der Leopold-Franzens-Universität integriert hat.
Einfügen eines Plugins fehlgeschlagen: Fehler: Parameter 'src' fehlt!Mit diesem linguistischen Rüstzeug ausgestattet hat Ebert eine ungemein weitläufige akademische Mobilität entfaltet, welche ihn in bisher über 140 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen geführt hat. Er hat dabei auch Studierenden den ersten Zugang zu Destinationen wie Tschechien, Slowakei, Ungarn, Ukraine, Weißrussland (Belarus), Georgien, Armenien, Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan und sogar Nordkorea ermöglicht, um gleichsam vor Ort politische Systeme in ihrer realen Existenz kennenzulernen, welche nicht den heute so gerne propagierten Prinzipien “gemeinsamer europäischer Werte” entsprachen bzw. immer noch nicht entsprechen.
Als Gastprofessor lehrte Ebert in Paris XII (Val-de-Marne) in den Jahren 2000 bis 2003, in San Antonio/Texas (Saint Mary's University) von Jänner bis April 2006 und in Jakutsk (Nordostsibirien) an der Jakutischen Staatsuniversität von Februar bis Mai 2007. Letztere, inzwischen zur “Nordöstlichen Föderalen Ammosov-Universität” avancierte Alma Mater, hat Ebert die Würde eines Professor honoris causa im Jahre 2010 verliehen und ihm am 17. Dezember 2012 die damit verbundenen Insignien feierlich überreicht.
Im Rahmen des Sokrates-Programms der Europäischen Union lehrte Kurt Ebert an den Universitäten von Navarra/Pamplona (Spanien, 1999) Strasbourg (Robert Schuman, Frankreich 2001), Santiago de Compostela (2002), Alcalá de Henares (Spanien, 2003), Reykjavik und Bifröst Law School (Island, 2004) sowie Rovaniemi (Finnland, 2009). Darüber hinaus folgte er Einladungen an die Universität von Bophuthatswana (Südafrika, 1993), an die St. Kyrill- und St. Method-Universität in Veliko Tarnovo (Bulgarien, 2001), an die Law School of the University of Notre Dame in Indiana (USA, 2006) sowie an die Vitus-Bering Universität in Petropavlovsk-Kamchatsky (Kamtschatka, Russländische Föderation, 2007).
Die wissenschaftliche und publizistische Grundlage dieser aussergewöhnlichen globalen Aktivitäten bildeten Eberts besonderes Interesse und Engagement auf dem Gebiete der Menschenrechte sowohl im Rahmen des Europarats als auch darüber hinaus, namentlich in Afrika und auf der globalen Ebene der Vereinten Nationen. Auch in diesem spezifischen Zusammenhang hat Ebert es nicht unterlassen, Studierende mit den institutionellen und prozeduralen Grundlagen moderner Menschenrechtssysteme vertraut zu machen und ihnen wegweisende Einrichtungen dieser noch jungen Entwicklung insbesondere in Strasbourg exemplarisch und lebendig vor Augen zu führen.
Als Rechtshistoriker hat Ebert vor allem im letzten Jahrzehnt auch die sogenannte Zeitgeschichte als Fokus in Forschung und Lehre akzentuiert. Der überzeugte Europäer hat dabei verständlicherweise sein bisweilen kritisches Augenmerk auf die neuere und neueste Entwicklung der europäischen Integration, vor allem seit dem missglückten Verfassungs-Projekt der Jahre 2004 und 2005, gerichtet und dieser höchst aktuellen Thematik eine Serie von Vorträgen und Veröffentlichungen gewidmet. In dieser Schaffensperiode sind unter anderem auch seine Mitarbeit am “Handbuch der europäischen Volksgruppen”, wo er zur “Entstehung des modernen Minderheitenschutzes in Europa” die Frage nach einem “Nationalitäten und Minderheitenschutz in der Sowjetunion” untersucht hat. Hierfür war ein umfassendes Studium russischer Quellen erforderlich, welches unter anderem die Untersuchung von über 40 Verfassungen der einstigen Sowjetrepubliken und sogenannten autonomen Republiken im Verband der früheren Sowjetunion einschloss.
Die naheliegende Frage nach Eberts ausgeprägtem Hang für die Geschichte und Kultur des größten Flächenstaates der Erde lässt sich leicht beantworten: ihn haben nicht nur die grandiosen Meisterwerke der russischen Musik, Literatur, Architektur und Malerei seit jeher in den Bann gezogen, sondern auch die von tiefer Tragik überschattete Entwicklung der Lebenswelt im multikulturellen Imperium sowie die einzigartigen landschaftlichen Schönheiten sowohl in den polaren als auch zentralen und subtropischen Zonen des Riesenreichs. Das gründliche Studium der russischen Sprache an der Universität Graz war in diesem Zusammenhang natürlich von unschätzbarem Wert.
So kann es letztlich nicht verwundern, wenn - freilich erst nach dem Ende der UdSSR und der massiven Einschränkungen der Reisefreiheit durch das vormalige totalitäre Sowjetsystem - Ebert sich im Anschluss an eine eindrucksvolle Schiffsreise auf der Lena zwischen Jakutsk und Tiksi im Sommer 2004 mit großem persönlichem Einsatz an den Austausch von Studierenden und Lehrenden der Universitäten in Jakutsk und Innsbruck gewagt hat. Diese Beziehungen mündeten zu guter Letzt in einen offiziellen Partnerschaftsvertrag zwischen der nunmehrigen Nord-Östlichen Bundesuniversität M. K. Ammosov („ Severo-Vostoenyj Federarnyj Universitet imeni M. K. Animosoval in Jakutsk und der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck. In Würdigung dessen verlieh im Juli 2010 die damalige „Jakutische Staatsuniversität" Ebert die Auszeichnung eines Professor h. c. („pojetnyj professor"), und die inzwischen neustrukturierte „Nord-Östliche Bundes-Universität" überreichte ihm am 17.Dezember 2012 in feierlicher Zeremonie die damit verbundenen Insignien.
Bei aller Begabung und Liebe zur Wissenschaft, welche nicht zuletzt auch in einem vielseitigen publizistischen Lebenswerk bezeugt ist ', hat Ebert - von wenigen Jahren nach seiner Entscheidung für die akademische Karriere abgesehen - gleichwohl seine musikalischen Auftritte in der Öffentlichkeit sowohl in Österreich als auch im Ausland mehr oder minder intensiv fortgesetzt, was geradezu als selbstverständlich erscheinen muss, wenn man sich vor Augen hält, dass Ebert schon im Alter von 21 Jahren die ehrenvolle Einladung erhalten hatte, anlässlich des 100. Geburtstages von Richard Strauss dessen Burleske in d-moll mit den Wiener Symphonikern unter der Stabführung des legendären Hans Swarowsky im Wiener Konzerthaus zu spielen.'
Von den zahlreichen Anlässen, bei denen Ebert speziell seine scientific community an musikalischen Darbietungen teilhaben ließ, seien hier lediglich zwei besonders hervorgehoben: sein Orgelkonzert im Dom zu Salzburg anlässlich des dort stattfindenden Rechtshistorikertages im Jahre 1970 mit der Wiedergabe u.a. von J. S. Bachs großer Passacaglia und Fuge in c-moll und sein Klavierabend zur Eröffnung des Fakultätstages der Rechtswissenschaftlichen Fakultät im Kaiser-Leopold-Saal der Universität Innsbruck am 3.November 2005, wo der 250.Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart und der 150. Todestag von Robert Schumann (beide ins Kalenderjahr 2006 fallend) die Programmgestaltung bestimmten.
In diesem Zusammenhang sollte freilich auch noch an jenes denkwürdige Klavierkonzert im Rahmen einer Polen-Tournee im Oktober 1991 erinnert werden, welches das Studienjahr 1991/92 an der Jagiellonen-Universität im altehrwürdigen Collegium maius in Krakau festlich eingeleitet hat. Dort wurden Variationen von Mozart, die letzte Klaviersonate Beethovens op.l 11 sowie die vier Scherzi Chopins dargeboten.
Für sein wissenschaftliches Schaffen wurde Ebert schon in jungen Jahren durch die Verleihung des Preises der Historischen Landeskommission für Steiermark im Jahre 1970 und fünf Jahre später durch die Zuerkennung des Leopold-Kunschak-Preises in Wien ausgezeichnet. Wie Ebert - angesprochen auf die außergewöhnliche Vielseitigkeit und Arbeitsintensität seines wissenschaftlichen, künstlerischen und „global-internationalen" Lebensweges - betont hat, wäre dieser niemals ohne die bedingungslose Unterwerfung unter das metaphorische Postulat „per aspera ad astra" zu bewältigen gewesen. Diese Bereitschaft wurde aber nach eigenem Bekenntnis nie als Belastung, sondern stets als kreative Bereicherung und folglich als positives Stimulans empfunden.
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