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Oppolzer, Theodor Egon Ritter von#


* 26. 10. 1841, Prag

† 26. 12. 1886, Wien


Astronom

Oppolzer Th. Uni Arkaden
Büste von Viktor Tilgner
Universität Wien
Arkadenhof
© Rainer Lenius
Theodor Egon von Oppolzer wurde am 26. Oktober 1841 als Sohn des später in Wien in führender Weise wirkenden Internisten Johann von Oppolzer geboren.

Er absolvierte das Piaristengymnasium in Wien und nahm 1859 – dem Wunsch des Vaters nachkommend – an der Universität Wien das Studium der Medizin auf, das er 1865 mit dem Doktorat abschloss; zu diesem Zeitpunkt hatte Oppolzer jedoch bereits eine größere Anzahl (angeblich 56) astronomischer Arbeiten (Bahnberechnungen kleinerer Planeten u.a.) publiziert.

1866 habilitierte sich Oppolzer an der Universität Wien für theoretische Astronomie, 1869 wurde er korrespondierendes und 1882 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und in der Folge Mitglied einer großen Zahl internationaler gelehrter Assoziationen. 1811 wurde ihm das Ehrendoktorat der Philosophie an der Universität Leiden verliehen.

1870 wurde Oppolzer zum Extraordinarius, 1875 zum Ordinarius der Astronomie und der Geodäsie an der Universität Wien ernannt, nachdem er 1872 die Leitung des österreichischen Gradmessungsbüros (ab 1885 als Präsident) übernommen hatte.

Weiters fungierte Oppolzer als Vertreter Österreichs bzw. Mitglied der permanenten Kommission der europäischen Gradmessung, in welcher er 1882 das Amt des Sekretärs übernahm; 1884 wurde Oppolzer Mitglied der "Commission internationale des poids et messures", 1885 Mitglied der Normal-Aichungs-Commision in Wien; 1886 wurde er auf dem 8. Internationalen Kongress der Internationalen Erdmessung in Berlin zum Vizepräsidenten der Internationalen Geodätischen Gesellschaft gewählt.

Oppolzer war seit 1865 mit Coelestine von Mautner-Markhof verheiratet, mit der er sechs Kinder hatte; drei von ihm entdeckte Planetoiden hat er nach seiner Frau (237 Coelestina) und seinen Töchtern Hilde und Agathe benannt (153 Hilda und 228 Agathe). Sein Sohn Egon begründete die Innsbrucker Sternwarte.

Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof (Alte Arkaden li/34) bestattet. Seine Porträtbüste befindet sich im Arkadenhof der Universität Wien, und gemeinsam mit seinem Vater Johann ist ihm im 1. Wiener Bezirk eine Gasse gewidmet.


Oppolzer hat 318 wissenschaftliche Arbeiten hinterlassen, darunter den umfangreichen "Canon der Finsternisse". Seine Spezialarbeiten teilen eine Fülle von Beobachtungen mit – für die Bahnbestimmungen von Planetoiden und Kometen publizierte er 1870/80 sein zweibändiges "Lehrbuch zur Bahnbestimmung der Cometen und Planeten", das 1886 auch in französischer Sprache erschien; dazu verfasste er theoretische, mathematische, technische und auch astronomisch historische Erkenntnisse in nahezu allen Bereichen der damaligen Astronomie.


Oppolzer war jenseits der unzähligen Beobachtungen und Einzelmitteilungen aber auch ein Mann von enormer Konsequenz in der Verfolgung großer Projekte; davon zeugt sein "Canon der Finsternisse", die Berechnung von 8000 Sonnen- und 5200 Mondfinsternissen für die Zeit von 1203 v. Chr. bis 2163 n. Chr., also für 33 Jahrhunderte – vermutlich die größte bis dahin jemals von Menschen vorgenommene Rechenoperation. Das vorn zahlreichen Mitarbeitern erstellte Originalmanuskript umfasst 242 starke Foliobände mit mehr als zehn Millionen Ziffern. Der Druck dieses Werkes wurde unmittelbar nach seinem Tod fertig gestellt.
1868 nahm Oppolzer an der österreichischen Expedition zur Beobachtung einer Sonnenfinsternis in Aden teil; 1874 beobachtete er den Venusdurchgang in Iassi, Rumänien; 1873 vermochte sich Oppolzer in der Josefstadt in Wien eine Privatsternwarte einzurichten, deren siebenzölliges Teleskop möglicherweise das größte in ganz Österreich gewesen ist.

Oppolzers zweites Hauptarbeitsgebiet betraf die Theorie der Bewegungsverhältnisse im System Sonne-Erde-Mond. Er plante, nachdem er (als Vorarbeiten für den „Canon“) 1881 seine Syzygien-Tafel für den Mond und 1883 seine Tafel für die Berechnung der Mondfinsternisse vorgelegt hatte, auch eine umfassende Theorie des Mondes, für die er wichtige Vorarbeiten hinterließ, die von seinem Mitarbeiter Robert Schram abgeschlossen und posthum publiziert wurden. Auch im Bereich der Geodäsie, also vor allem der Gradmessung, entwickelte Oppolzer außerordentlich erfolgreiche Aktivitäten.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • ab 1869 korrespondierendes, seit 1882 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien
  • 1871 Dr. h.c. der Universität Leiden
  • ab 1874 Mitglied der Royal Astronomical Society in London
  • ab 1878 Mitglied der Académie des Sciences in Paris und der kgl. Bayrischen Akademie der Wissenschaften in München
  • ab 1883 Mitglied der American National Academy of Sciences
  • ab 1885 Mitglied der kgl. Leopoldinischen Akademie der Naturforscher in Halle
  • der Oppolzer-Krater am Mond und
  • der Asteroid 1492 "Oppolzer" wurden nach ihm benannt

Publikationen (Auswahl)#

  • Definitive Bahnbestimmung des Planeten (58) Concordia, in: Sbb. Wien, math. nat. Kl., Bd. 57, Abt. 2, 1868
  • Berechnungen über die Beobachtung der Sonnenfinsternis 1865 in Aden, ebenda, Bd. 58-59, Abt. 2, 1868-69
  • Über die Bestimmung einer Kometenbahn, ebenda, Bd. 60, Abt. 2, 1869, Bd. 64, Abt. 2, 1871
  • Über den Venusdurchgang des Jahres 1874, ebenda, Bd. 61, Abt. 2. 1870
  • Über den Winnecke’schen Kometen, ebenda, Bd. 62, Abt. 2, 1870, Bd. 68, Abt. 2, 1873
  • Lehrbuch der Bahnbestimmung der Kometen und Planeten, 2 Bde., Leipzig 1870-80
  • Syzygientafeln für den Mond, in: Publ. der Astronom. Ges. 16, Leipzig 1881
  • Neue Methode zur Bestimmung der Bahnelemente gleicher Wahrscheinlichkeit für einen kleinen Planeten, in: Ms. Berlin, 1878
  • Über die Berechnung der wahren Anomalie in nahezu parabolischen Bahnen, in: Abhd. der II. Kl. der kgl. Akad. der Wiss. in München, Bd. 13/3, 1880
  • Beitr. zur Ermittlung der Reduction auf den unendlich kleinen Schwingungsbogen, in: Sbb. Wien, math. nat. Kl., Bd. 86, Abt. 2, 1882
  • Ermittlung der Störungswerthe in den Coordinaten durch die Variation entsprechend gewählter Constanten, in: Denkschriften Wien, math. nat. Kl., Bd. 46, 1882
  • Tafeln zur Berechnung der Mondesfinsternisse, ebenda, Bd. 47, 1883
  • Über die Länge des Sirius-Jahres und der Sothisperiode, in: Sbb. Wien, math. nat. Kl., Bd. 90, Abt. 2, 1884
  • Über die Auflösung des Kepler’schen Problems, in: Denkschriften Wien, math. nat. Kl., Bd. 50, 1885
  • Zum Entwurf einer Mondtheorie, Denkschr. der Akad. des Wissenschaften, No. 51, S. 69-105, 1885
  • Die astronomische Refraction, ebenda, Bd. 53, 1886
  • Canon der Finsternisse, mit 160 Tafeln. in: Denkschr. der Akad. der Wissenschaften, Wien, math. nat. Kl., Bd. 52, 1887
  • Französische Übersetzung von E. Pasquier, Traite de la determination des orbites, comêtes et des planetes, 1886
  • Englische Übersetzung von O. Gingerich u. O. H. Menzel, „Canon of Eclipses“, New York: Dover, 1962

Literatur#

  • Neue Deutsche Biografie NDB, Bd. 19, S. 578f
  • Allgemeine Deutsche Biografie ADB, Bd. 52, S. 710-712
  • Österreichisches Biographisches Lexikon ÖBL, Bd. 7, S. 239f

Quellen#


Illustration aus Canon der Finsternisse
Canon der Finsternisse. Wien 1892.
Denkschr. der Akad. der Wissenschaften, Wien, math. nat. Kl., Bd. 52, 1887

Errechnete Sonnenfinsternisse im 22. Jhdt.
Errechnete Sonnenfinsternisse im 22. Jhdt. Aus dem Canon der Finsternisse

Totale Sonnenfinsternis 1999 in Frankreich
Totale Sonnenfinsternis 1999 in Frankreich.
Gerät: Telescope Vixen 1000mm F/D10
Nachbearbeitung
Foto: Luc Viatour. Aus: Wikicommons unter CC


Redaktion: J. Sallachner