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vom 02.05.2022, aktuelle Version,

C. Bechstein

C. Bechstein Pianoforte Aktiengesellschaft
Logo
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1853
Sitz Berlin, Deutschland
Leitung Stefan Freymuth, Vorstandsvorsitzender[1]
Mitarbeiterzahl ca. 170 in der Bechstein AG, ca. 360 im gesamten Bechstein-Konzern[2]
Umsatz 33 Mio. Euro (2012)[3]
Branche Instrumentenbau
Website www.bechstein.com
Bechstein-Schriftzug, 1870

Die C. Bechstein Pianoforte Aktiengesellschaft ist ein deutscher Hersteller und Händler von Klavieren und Flügeln. Die Klavierfabrik wurde von Carl Bechstein im Jahr 1853 in der Berliner Johannisstraße 5 gegründet und war Hoflieferant des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.

Gegenwärtig werden die Instrumente der Marken C. Bechstein Concert und C. Bechstein Academy in Seifhennersdorf in Sachsen produziert. Zudem stellt das Unternehmen Instrumente unter den Marken W. Hoffmann und Zimmermann her.

Mit jährlich rund 3.700 verkauften Instrumenten ist Bechstein der größte europäische Klavier- und Flügelhersteller und einer der gefragtesten weltweit.[4]

Geschichte

Gründung und Anfänge

Carl Bechstein

Die Pianofortefabrik begann Carl Bechstein als Ein-Mann-Betrieb im Jahr 1853. Bis zum Jahr 1859 lieferte Bechstein 176 Instrumente aus. Die für die damalige Zeit ungewöhnliche Stabilität der verwendeten Materialien und die hohe Belastbarkeit der Instrumente ließen den Namen Bechstein rasch bekannt werden.

Ende der 1860er-Jahre begann Carl Bechstein mit dem Export seiner Instrumente unter anderem nach Großbritannien und Russland. Als Geschenk an Richard Wagner bestellte König Ludwig II. von Bayern bei Carl Bechstein ein Kompositionsklavier, das Wagner größte Freude bereitete.[5]

Ab dem Jahr 1870 stellte das Unternehmen jährlich rund 500 Instrumente her. Im Jahr 1882 fand die Gründung einer zweiten Fabrik in Berlin statt. Im Jahr 1885 folgte eine Dependance in London und im Jahr 1897 die dritte Fabrik in Berlin.

In London wurde mit der Bechstein Hall im Jahr 1901 der Bau eines eigenen Konzertgebäudes vollendet. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der folgenden Enteignung und Schließung erhielt das Gebäude im Jahr 1917 den Namen Wigmore Hall und war wieder für den Konzertbetrieb geöffnet. Weitere Konzertgebäude errichtete Bechstein in Paris und Sankt Petersburg. Carl Bechstein verkaufte seine Instrumente an Konzertveranstalter, Kaiserhöfe und Konservatorien. Seine Bekanntheit ließ den Export stark ansteigen.

1900–1945

Neo-Bechstein-Flügel, 1930er Jahre

Nach dem Tod Carl Bechsteins im Jahr 1900 übernahmen seine Söhne Edwin (1859–1934), Carl jun. (1860–1931) und Johannes (* 1863) das Unternehmen. Edwin übernahm die kaufmännische Leitung, Carl den Instrumentenbau. Im Jahr 1903 hatte der Betrieb 800 Beschäftigte und stellte jährlich 4500 Instrumente her. Im gleichen Jahr gründete die Gesellschaft eine weitere Niederlassung in Paris.

Während des Ersten Weltkrieges kam im Jahr 1916 das Aus für die Bechsteinschen Auslandsfilialen. Die britische Regierung hatte die Zwangsliquidation aller deutschen Niederlassungen angeordnet; auch in Frankreich wurde Bechstein enteignet.

Edwin und seine Frau Helene Bechstein kauften sich im Jahr 1923 wieder in das Unternehmen ein. Edwin war im Jahr 1916 nach einem Streit mit seinem Bruder ausgeschieden und hatte sich auszahlen lassen. Helene Bechstein, nun Mitinhaberin des Unternehmens, war eine frühe Verehrerin Adolf Hitlers und unterstützte ihn auch finanziell. Diese Aktivitäten waren dem Unternehmen indessen nicht zuträglich. Wegen Helenes offener antisemitischer Einstellung verlor man einige wichtige Kunden.[6][7]

Bechstein stellte der Weltausstellung in Barcelona 1929 einen vergoldeten Bechstein-Flügel zur Verfügung.

Die Firma konstruierte einen der ersten elektroakustischen Flügel (Neo-Bechstein) der Welt, der die Hausmusik beflügeln sollte. Das elektro-akustische Klavier (E-Piano) wurde zu Beginn der 1930er Jahre am Physikalischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin (Leitung Professor Walther Nernst) zusammen mit den Unternehmen Bechstein und Siemens/Telefunken entwickelt.

Während des Zweiten Weltkrieges richtete man innerhalb des Unternehmens eine Abteilung für Propellerbau ein.

1945-Gegenwart

Wegen der engen Kontakte zum nationalsozialistischen Regime beschlagnahmte und entnazifizierte die amerikanische Besatzungsmacht das Unternehmen Bechstein. Die amerikanische Treuhändergesellschaft hob im Jahr 1951 diese Beschlagnahme wieder auf. Im Jahr 1959 gründete Bechstein eine weitere Fabrik in Karlsruhe. Die Zahl der jährlich dort und in Berlin gebauten Instrumente belief sich in den 1960er-Jahren auf 1000 Stück. Später folgte ein weiterer Standort in Eschelbronn.

Eigentümer

Werbeplakat für den Klavierhersteller C. Bechstein, um 1920.
Historie der Rechtsform der heutigen Carl Bechstein AG
Jahr Rechtsform bzw. Eigentümer
1853 Carl Bechstein als Einzelunternehmer
1906 offene Handelsgesellschaft (OHG)
1923 Aktiengesellschaft im Familienbesitz
1945 Amerikanische Treuhändergesellschaft
1951 unbekannt
1963 Erwerb aller Anteile durch den US-amerikanischen Klavierhersteller Baldwin Piano Company
1973 Umwandlung des Unternehmens Bechstein in eine GmbH
1986 Kauf durch Unternehmer und Klavierbaumeister Karl Schulze
2003 Strategische Partnerschaft mit dem südkoreanischen Musikinstrumentenhersteller Samick durch Beteiligung
2009 Abgabe der Anteile am Unternehmen Samick durch Kapitalerhöhungen
offen Börsengang
2016 Delisting der Aktie und Übernahme von 90 % der Aktien durch die Kuthe GmbH (Berlin)[8]

Aktivitäten

Herstellung

Bechstein-Konzertflügel
Bechstein-Flügel von 1893
Werbeschaltung für Bechstein-Klaviere von 1925

Im Jahr 2017 wurden 3656 Instrumente verkauft. Im Jahr 2017 lag der Umsatz des C.-Bechstein-Konzerns bei 35,1 Mio. Euro (2016: 33 Mio. Euro), der Jahresüberschuss bei 2,3 Mio. Euro.

Marken

Standorte

  • In Seifhennersdorf werden die Instrumente der Marken C. Bechstein Concert und C. Bechstein Academy produziert.
  • Im tschechischen Hradec Králové werden die Instrumente der Marke W. Hoffmann produziert.
  • Die Klaviere und Flügel der Marke Zimmermann werden heute im Stadtbezirk Beilun der chinesischen Metropole Ningbo produziert. Dies ist jedoch kein Standort des Unternehmens Bechstein. Die Fabrik gehört dem chinesischen Klavierhersteller Hailun Piano,[9] der neben der eigenen Produktpalette die Zimmermann-Instrumente im Auftrag und unter Aufsicht von C. Bechstein baut.[10]
  • Bechstein unterhält in 16 deutschen Städten Vertretungen, die von Bechstein Centrum genannt werden. Ein weiteres Centrum befindet sich in Hradec Králové.

Konzertveranstalter

C. Bechstein ist europaweit als Konzertveranstalter tätig. In der Vergangenheit konnte Bechstein international erfolgreiche Pianisten verpflichten, etwa Kit Armstrong, Igor Levit, Alice Sara Ott oder Lise de la Salle. Darüber hinaus hat das Unternehmen die Konzertreihe C. Bechstein Young Professionals gegründet. Hier erhalten Klavierstudierende verschiedener deutscher Musikhochschulen als Talentförderung die Möglichkeit, ihre ersten Konzerte zu geben.[11]

Sponsoring

Unter der Schirmherrschaft des Pianisten Vladimir Ashkenazy fand im März 2006 der erste Internationale Carl-Bechstein-Klavierwettbewerb Ruhr an der Folkwang-Hochschule in Essen statt. Die Preisträger erhielten neben Geldpreisen auch Konzertengagements.

Jährlich gab es vom Unternehmen organisierte Hochschulwettbewerbe, 2009 beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf sowie den Hochschulwettbewerb Baden-Württemberg in Mannheim, 2010 in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater in Hannover und 2011 den Hochschulwettbewerb Baden-Württemberg in Trossingen.[12]

Carl Bechstein Stiftung

Die C. Bechstein Pianoforte AG gehört zu den Stiftern der 2012 gegründeten gemeinnützigen Carl Bechstein Stiftung,[13] die unter anderem Grundschulen kostenlos mit Klavieren ausstattet[14] und seit 2014 jährlich den Carl Bechstein Wettbewerb für junge Pianisten veranstaltet.[15]

Pianisten

Haiou Zhang am Flügel

Seit Jahrzehnten bevorzugen bedeutende Komponisten wie Franz Liszt, Richard Wagner oder Claude Debussy und berühmte Pianisten wie Wilhelm Backhaus, Walter Gieseking, Artur Schnabel, Wilhelm Furtwängler, Wilhelm Kempff oder Jorge Bolet Flügel der Marke C. Bechstein.

Bereits seit den Anfängen der modernen Tonaufzeichnungen nahmen Pianisten auf Bechstein auf. Berühmte Einspielungen aus den 1930er-Jahren stammen beispielsweise von Artur Schnabel (sämtliche Beethoven-Sonaten für HMV) und Edwin Fischer (Das Wohltemperierte Klavier von Bach für HMV). Nach dem Zweiten Weltkrieg spielten Pianisten wie Jorge Bolet (Decca) und Dinu Lipatti (EMI) Schallplatten auf Bechstein ein.

Aus jüngster Zeit stammen CD-Produktionen auf Bechstein von Aldo Ciccolini, Konstantin Lifschitz, Abdel Rahman El Bacha, Michel Dalberto, Boris Bloch, Pavel Gililov, Shani Diluka, Zhang Hai’ou, David Theodor Schmidt.[16]

Im Bereich des Jazz haben Oscar Peterson, Joachim Kühn und noch im Jahr 2009 Paul Kuhn auf Bechstein aufgenommen. In der Popmusik nahmen die Beatles Hey Jude und White Album auf einem Bechstein auf, ebenso wie David Bowie, Freddie Mercury (Queen: A Night at the Opera), Supertramp, Elton John (Your Song) oder Peter Gabriel. Zahlreiche Schallplatten wurden dabei in den Abbey Road und den Trident Studios aufgezeichnet.[16]

Trivia

Der erste, für den Pianisten Hans von Bülow 1856 gebaute Konzertflügel trägt die Produktionsnummer 100. Diese Nummer kann aber angesichts der Produktionszahlen nicht richtig sein und hatte wohl nur kosmetischen Charakter.

Im Jahr 1896 organisierten Industrielle und Gewerbetreibende in Berlin die Berliner Gewerbeausstellung in Treptow, auf welcher Bechstein mit ausgewählten Instrumenten als Aussteller vertreten war. Diese wurden mit der Goldenen Staatsmedaille für hervorragende gewerbliche Leistungen prämiert.

Alexander Skrjabin schrieb am 8. Dezember 1910 an den Pianisten Matwej Presman im Hinblick auf eine geplante Konzerttournee: „Ich sende Dir das Programm meiner Konzerte. Ich vergaß, Dir mitzuteilen, daß ich jetzt immer auf einem Bechstein spiele. Deshalb sei bitte so gut zu veranlassen, daß mir in allen drei Städten gute Instrumente (Bechstein natürlich) bereitgestellt werden. […]“[17]

Literatur

  • C.-Bechstein-Pianofortefabrik Aktiengesellschaft und Berenice Küpper (Hrsg.): Klavierwelten. Faszination eines Instruments. Nicolai-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-87584-963-9 (englische parallele Ausgabe: The World of Pianos. Fascination with an Instrument. ebenda 2005, ISBN 3-87584-993-0).
  • Hagen W. Lippe-Weißenfeld: Das Klavier als Mittel gesellschaftspolitischer Distinktion. Kultursoziologische Fallstudie zur Entwicklung der Klavierbauindustrie in England und Deutschland an den Beispielen Broadwood und Bechstein. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-631-56268-0 (Beiträge zur europäischen Musikgeschichte 11), (Zugleich: Berlin, Freie Univ., Diss., 2006).
  • Peter Donhauser: Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich. Böhlau, Wien u. a. 2007, ISBN 978-3-205-77593-5 (zum Neo-Bechstein).

Filme

  • Ein Klavier geht um die Welt. Dokumentation, Deutschland, 2008, 45 Min., Buch und Regie: Michael Busse und Maria-Rosa Bobbi, Produktion: WDR, Erstausstrahlung: 28. April 2008, Inhaltsangabe vom WDR
Commons: C. Bechstein  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. bechstein.com: Impressum
  2. Geschäftsbericht 2010. (PDF; 681 kB) bechstein.com
  3. Thomas Christmann: Ein goldenes Klavier aus Seifhennersdorf für China. In: Sächsische Zeitung. 2. Mai 2013 (kostenpflichtig online [abgerufen am 2. Mai 2013]).
  4. Konzernabschluss zum 31. Dezember 2017 sowie Konzernlagebericht 2017 (PDF; 1,5 MB)
  5. Der Goldene C. Bechstein Luxusflügel (Memento vom 18. Juli 2013 im Webarchiv archive.today)
  6. Klaus-Peter Schmid: Bechstein: Wohlklang aus Seifhennersdorf. In: Die Zeit, Nr. 1/1998
  7. Ursula Seiler: Wer finanzierte Hitler. In: ZeitenSchrift. Nr. 47, 2005.
  8. Bekanntmachung der Börse Berlin (PDF) vom 17. Mai 2016; wurde wie angekündigt durchgeführt.
  9. Hailun Piano Homepage (englisch), siehe unten die Marke Zimmermann unter Partners und die Adresse in Beilun District, Ningbo City.
  10. Exploring Zimmermann Pianos Imagefilm von C. Bechstein zur Herstellung und Qualitätskontrolle der Zimmermann-Klaviere in China (englisch). Der Standort in Ningbo-Beilun wird anfangs genannt (0:25 bis 0:29).
  11. Konzerte bechstein.com
  12. Bechstein: C. Bechstein Klavierwettbewerbe. In: bechstein.com. Abgerufen am 25. Mai 2015.
  13. Stifter und Vorstand carl-bechstein-stiftung.de
  14. Klaviere für Grundschulen carl-bechstein-stiftung.de
  15. Carl Bechstein Wettbewerb carl-bechstein-stiftung.de
  16. 1 2 CDs & DVDs auf bechstein.com.
  17. Alexander Skrjabin: Briefe. Mit zeitgenössischen Dokumenten und einem Essay von Michail Druskin. Hrsg. und Übersetzung der Briefe Skrjabins sowie der Dokumente aus dem Russischen von Christoph Hellmundt; Übersetzung des Essays von Michail Druskin von Gertraude Krueger. Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1988 (= Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 1260: Kunstwissenschaften) ISBN 3-379-00360-3, S. 311.