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vom 24.10.2014, aktuelle Version,

Gravitation

Ein schräg nach oben gerichteter Strahl eines Springbrunnens verformt sich auf der Erde unter dem Einfluss der Gravitation zu einer Parabel.
Zwei Spiralgalaxien, die sich unter dem Einfluss der Gravitation der jeweils anderen verformen
David Randolph Scott, Commander der Mondmission Apollo 15 (1971), demonstriert anhand einer Feder und eines Hammers, die er im luftleeren Raum auf dem Mond fallen lässt, dass alle Körper unabhängig von ihrer Masse gleich schnell fallen.

Die Gravitation (von lateinisch gravitas für „Schwere“), auch Massenanziehung, Schwerkraft oder Gravitationskraft, ist eine der vier Grundkräfte der Physik. Sie äußert sich in der gegenseitigen Anziehung von Massen. Sie nimmt mit zunehmender Entfernung der Massen ab, besitzt aber unbegrenzte Reichweite. Anders als elektrische oder magnetische Kräfte lässt sie sich nicht abschirmen.

Auf der Erde bewirkt die Gravitation, dass alle Körper nach unten fallen, sofern sie nicht daran gehindert werden. Im Sonnensystem bestimmt die Gravitation die Bahnen der Planeten, Monde, Satelliten und Kometen und im Kosmos die Bildung von Sternen und Galaxien sowie dessen Entwicklung im Großen.

Geschichtlicher Überblick

Der griechische Philosoph Aristoteles beschrieb in der Antike die Schwere im Rahmen seiner Kosmologie, in der alle sublunaren Elemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer) und die daraus bestehenden Körper zum Mittelpunkt der Welt streben. Diese Vorstellung war lange das physikalische Hauptargument für das geozentrische Weltbild. Altindische Autoren führten den freien Fall auf eine Kraft zurück, die proportional zur Masse eines Objektes ist und in Richtung des Erdmittelpunkts wirkt. Der persische Astronom Muhammad ibn Musa erklärte im 9. Jahrhundert die Bewegungen der Himmelskörper durch eine Anziehungskraft. Al-Biruni übersetzte im 11. Jahrhundert die Werke der indischen Autoren ins Arabische und ins Persische. Sein Zeitgenosse Alhazen formulierte eine Theorie der Massenanziehung. Der Perser Al-Khazini stellte im 12. Jahrhundert die Vermutung auf, dass die Stärke der Erdanziehung abhängig vom Abstand zum Erdmittelpunkt ist, und unterschied zwischen Masse, Gewicht und Kraft.

Nikolaus Kopernikus ging 1543 in De revolutionibus orbium coelestium davon aus, dass auch andere Körper als die Erde Gravitation ausüben:

„… Ich bin wenigstens der Ansicht, dass die Schwere nichts Anderes ist, als ein von der göttlichen Vorsehung des Weltenmeisters den Theilen eingepflanztes, natürliches Streben, vermöge dessen sie dadurch, dass sie sich zur Form einer Kugel zusammenschliessen, ihre Einheit und Ganzheit bilden. Und es ist anzunehmen, dass diese Neigung auch der Sonne, dem Monde und den übrigen Planeten innewohnt …“[1]

Johannes Kepler veröffentlichte 1609 in seiner Astronomia nova folgende Axiome:[2]

  • Jede körperliche Substanz ist, insoferne sie körperlich ist, von Natur aus dazu geneigt, an jedem Ort zu ruhen, an dem sie sich allein befindet, außerhalb des Kraftbereichs eines verwandten Körpers.
  • Die Schwere besteht in dem gegenseitigen körperlichen Bestreben zwischen verwandten Körpern nach Vereinigung oder Verbindung (von dieser Ordnung ist auch die magnetische Kraft), so daß die Erde viel mehr den Stein anzieht; als der Stein nach der Erde strebt.
  • Das Schwere wird […] nicht zum Weltmittelpunkt als solchen hingetrieben, sondern als den Mittelpunkt eines verwandten runden Körpers …
  • Wäre die Erde nicht rund, so würde das Schwere nicht überall geradlinig auf den Mittelpunkt der Erde zu, sondern von verschiedenen Seiten aus nach verschiedenen Punkten hingetrieben.
  • Wenn man zwei Steine an einen beliebigen Ort der Welt versetzen würde, nahe beieinander außerhalb des Kraftbereichs eines dritten verwandten Körpers, dann würden sich jene Steine ähnlich wie zwei magnetische Körper an einem zwischenliegenden Ort vereinigen, wobei sich der eine dem andern um eine Strecke nähert, die der Masse des andern proportional ist.
  • Der Bereich der Anziehungskraft des Mondes erstreckt sich bis zur Erde …

Ebenfalls Anfang des 17. Jahrhunderts beschrieb Galileo Galilei den freien Fall eines Körpers als gleichmäßig beschleunigte Bewegung, die unabhängig von seiner Masse oder sonstigen Beschaffenheit ist. Der englische Gelehrte Robert Hooke erklärte um 1670 die Wirkung der Gravitation mit Hilfe von „Gravitationstrichtern“ und erklärte, dass die Gravitation eine Eigenschaft aller massebehafteten Körper sei und umso größer, je näher sich zwei Körper zueinander befänden. Die Theorie, dass die Schwerkraft umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands vom Massezentrum ist, taucht 1680 in einem Brief Hookes an seinen Landsmann Isaac Newton erstmals auf. Newton beschrieb in seiner Principia als erster die Gravitation mithilfe einer mathematischen Formel. Dieses von ihm formulierte Gravitationsgesetz ist eine der Grundgleichungen der klassischen Mechanik, der ersten physikalischen Theorie, die sich in der Astronomie anwenden ließ. Sie bestätigt die keplerschen Gesetze der Planetenbewegung und lieferte damit ein grundlegendes Verständnis der Dynamik des Sonnensystems mit der Möglichkeit präziser Vorhersagen der Bewegung von Planeten, Monden und Kometen. Danach ist die Gravitation eine Kraft zwischen zwei Massepunkten, die zur Gravitationsbeschleunigung führt. Die nach der newtonschen Gleichung berechneten Werte stimmten lange Zeit mit den astronomischen Beobachtungen und Ergebnissen irdischer Experimente vollkommen überein. Die erste Diskrepanz wurde Mitte des 19. Jahrhunderts an der Periheldrehung der Bahn des Merkur beobachtet.

Zur Erklärung der Gravitation im Sinne eines Prozessgeschehens wurden seit der Zeit Newtons bis zur Entwicklung der allgemeinen Relativitätstheorie im frühen 20. Jahrhundert eine Reihe mechanischer respektive kinetischer Erklärungen vorgeschlagen (siehe Mechanische Erklärungen der Gravitation). Eine der bekanntesten ist die von Fatio und Le Sage entwickelte Theorie der Le-Sage-Gravitation. Diese argumentiert, dass die Gravitationsanziehung zweier Körper auf der Abschirmung des aus Richtung des jeweils anderen wirkenden Drucks beruht. Im Zusammenhang hiermit stehen die Theorien eines Äthers als Vermittler von Wechselwirkungen (anstelle einer Fernwirkung), zu diesen Wechselwirkungen gehört auch der Elektromagnetismus. Eine der letzten dieser Theorien war die um 1900 entstandene lorentzsche Äthertheorie, die schließlich von dem neuartigen Ansatz der einsteinschen Relativitätstheorie verdrängt wurde. In dieser 1916 von Albert Einstein aufgestellten allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wird die Gravitation auf eine geometrische Eigenschaft der Raumzeit zurückgeführt,[3] die von jeder Form von Energie gekrümmt wird. In der ART wird die Gravitation grundsätzlich anders interpretiert. Nach dem Äquivalenzprinzip kann die Wirkung der Gravitation nicht von der Auswirkung einer Beschleunigung des Bezugssystems unterschieden werden; insbesondere heben sich in einem frei fallenden Bezugssystem die Wirkungen von Gravitation und Beschleunigung exakt auf. Man sagt, die Gravitation sei durch den Übergang zu den neuen Koordinaten „wegtransformiert“. In der allgemeinen Relativitätstheorie wird zu jedem Punkt im Raum das entsprechende Lokale Inertialsystem ermittelt, worin es keine Gravitation gibt und die spezielle Relativitätstheorie mit ihrer vierdimensionalen Raumzeit in euklidischer Geometrie gilt. Die Wirkung der Gravitation tritt dann bei der Rücktransformation in das Bezugssystem des Beobachters zutage. Analog dazu, dass nach Galilei kräftefreie Bewegungen geradlinig und gleichförmig verlaufen, bewegen sich in der allgemeinen Relativitätstheorie Körper ohne nichtgravitative Kräfte auf Geodäten in einem „gekrümmten“ Raum mit riemannscher Geometrie. Zur Bestimmung der an einem Punkt herrschenden Krümmung der Raumzeit dienen die einsteinschen Feldgleichungen. Sie wurden so formuliert, dass im Grenzfall schwacher Gravitation die nach ihnen berechneten Ergebnisse mit denen übereinstimmen, die nach der newtonschen Gleichung berechnet werden. Die allgemeine Relativitätstheorie behandelt die Gravitation also als Trägheitskraft und stellt sie mit Zentrifugalkraft, Corioliskraft oder der Kraft, die man in einem Fahrzeug beim Anfahren oder Abbremsen spürt, auf eine Stufe. Innerhalb des Sonnensystems, wo es sich um schwache Felder bzw. geringe Krümmung der Raumzeit handelt, ergeben sich nur geringe Abweichungen von den Vorhersagen des newtonschen Gravitationsgesetzes. Das erste erfolgreiche Anwendungsbeispiel der allgemeinen Relativitätstheorie war die Erklärung der kleinen Abweichung zwischen der beobachteten Periheldrehung der Bahn des Merkur und dem Wert, der nach der newtonschen Theorie aufgrund der Wirkung der anderen Planeten vorhergesagt wird. Bei starker Krümmung, wie sie durch starke Konzentration großer Masse auf kleinem Raum hervorgerufen wird, werden völlig neue Phänomene wie z. B. Schwarze Löcher vorhergesagt. Als Quelle wie auch als Angriffspunkt der Gravitation gilt in der newtonschen Mechanik allein die Masse, die, von dem ursprünglich ungenauen Begriff einer gegebenen Materiemenge ausgehend, hier ihre erste präzise physikalische Definition erfuhr. In der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Gravitation Ausdruck der Krümmung der Raumzeit, die ihrerseits nicht nur von der Anwesenheit von Materie, sondern auch von Energie in jeder Form und darüber hinaus von Massen- und Energieströmen beeinflusst ist. Alle der Beobachtung zugänglichen Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie wurden durch Messungen bestätigt. Experimentell nicht zugänglich sind extrem hohe Konzentrationen von Masse bzw. Energie auf engstem Raum, für deren Beschreibung neben der Gravitation auch Quanteneffekte berücksichtigt werden müssten. Versuche einer Quantenfeldtheorie der Gravitation gibt es in Ansätzen. Es mangelt allerdings an Vorhersagen, die sowohl berechenbar als auch beobachtbar wären. In der Newtonschen Gravitation ging man noch von einer instantanen oder augenblicklichen Ausbreitung der Gravitationswirkung aus, das heißt, dass die Wirkung auch über große Entfernungen sofort erfolgt. Innerhalb der Einsteinschen Sichtweise gilt jedoch, dass sich keine Wirkung, also auch nicht die Gravitationswirkung, schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Durch eine schnelle Veränderung der Position von Massen, wie zum Beispiel beim Kollaps eines Sternes werden dann Gravitationswellen erzeugt, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

Gravitation in der klassischen Mechanik

Newtonsches Gravitationsgesetz

In der klassischen Mechanik ist die Gravitation oder allgemeine Massenanziehung eine Eigenschaft aller Materie, die nur von deren Masse abhängt, nicht aber von deren Art oder Bewegung. Die Gravitation drückt sich in der Gravitationskraft oder dem Gravitationsfeld aus, das von einer jeden Masse erzeugt wird, auf jede andere Masse anziehend wirkt und unendliche Ausbreitungsgeschwindigkeit und Reichweite besitzt. Das newtonsche Gravitationsgesetz gibt die Kraft an, die zwischen den zwei Massen und im Abstand wirkt:

Darin ist die universelle Gravitationskonstante. Aus diesem Gesetz lassen sich die Beschleunigungen ermitteln, die beide Massen erfahren. Für Masse ist die Beschleunigung (analoges gilt für ):

Da nicht von abhängt, ergibt sich, dass in einem gegebenen Gravitationsfeld die Beschleunigung durch Gravitation für Körper aller Massen gleich groß ist. Das erklärt die von Galileo Galilei zuerst ausgesprochene Tatsache, dass im leeren Raum alle Körper gleich schnell fallen, was auch als das Prinzip der Äquivalenz von träger und schwerer Masse bezeichnet wird.

Die Gravitation bestimmt maßgeblich die Gewichtskraft eines Körpers auf der Erdoberfläche. Wegen der Erdrotation tragen auch Trägheitskräfte zur Gewichtskraft bei, Gravitation und Trägheitskräfte zusammen bilden das Schwerefeld.

Die klassische Beschreibung der Gravitation ist für viele Anwendungsfälle hinreichend genau. Abweichungen treten allerdings im Zusammenhang mit präzisesten Messungen auf, z. B. bei der Periheldrehung des Merkur. Die klassische Beschreibung versagt völlig bei extremen Bedingungen, wie Schwarzen Löchern.

Gravitationskonstante

Hauptartikel: Gravitationskonstante

Die Gravitationskonstante ist eine Fundamentalkonstante der Physik. Ihre genaue Bestimmung ist sehr schwierig, denn zwischen zwei Körpern, deren Masse durch direkte Wägung bestimmt werden kann, ist die Gravitationskraft äußerst gering. Ihr Wert ist daher nur auf vier Dezimalstellen bekannt, im Unterschied zu den mindestens acht Dezimalstellen anderer Fundamentalkonstanten.[4]

Die erste Bestimmung gelang 1798 Henry Cavendish. Das in seinem Labor durchgeführte Experiment hat historische Bedeutung für die Entwicklung der experimentellen und theoretischen Grundlagen der Gravitation.

Allgemeine Relativitätstheorie

Das Licht einer weit entfernten Galaxie kann durch die Gravitation eines sehr schweren Körpers so abgelenkt werden, dass es auf der Erde als Einstein-Ring erscheint

In der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) wird die Gravitation nicht wie eine Kraft im Sinne der klassischen Physik behandelt. Im Unterschied zu den gewöhnlichen klassischen Feldtheorien, in denen die Koordinaten für Ort und Zeit in einer festen Struktur vorgegeben werden, betrachtet die ART diese Struktur selber als veränderlich. Als Grundlage nutzt sie die aus der speziellen Relativitätstheorie bekannte Raumzeit, in der Orts- und Zeitkoordinaten in einer vierdimensionalen pseudo-riemannschen Mannigfaltigkeit zusammengefasst sind. Diese Raumzeit ist in der ART aber nicht mehr „flach“ wie in der Euklidischen Geometrie, sondern wird durch das Auftreten von Masse oder Energie „gekrümmt“. Die Krümmung ergibt sich an jedem Punkt der Raumzeit aus der Metrik, die festlegt, wie der vierdimensionale Abstand zwischen zwei Punkten der Raumzeit („Ereignissen“) zu ermitteln ist. Dabei wird der zeitliche Abstand mit positivem, der räumlichen Abstand aber mit negativem Vorzeichen gewertet. Weiter wird festgelegt, dass ein Körper, auf den (außer der Gravitation) keine Kräfte wirken, sich zwischen zwei Ereignissen (z. B. Abfahrt und Ankunft) stets entlang derjenigen Verbindungslinie bewegt, die nach dieser raumzeitlichen Metrik die längste ist (Geodäte), was wegen der erwähnten Vorzeichenwahl die räumlich kürzeste Strecke bevorzugt. Dort wo die Raumzeit flach ist, ist die Geodäte die gerade Verbindungslinie der beiden Punkte. Umgerechnet in die üblichen Koordinaten für Ort und Zeit gibt sie eine gleichförmige Bewegung auf dem räumlich kürzesten Weg, also längs der räumlichen Verbindungsgeraden. Das entspricht dem Trägheitsgesetz der klassischen Mechanik für den völlig kräftefreien Körper. Bei einer gekrümmten Raumzeit entspricht einer Geodäte im Allgemeinen eine beschleunigte Bewegung längs einer räumlich gekrümmten Bahn. Die durch die Anwesenheit von Masse oder Energie verursachte Krümmung der Raumzeit wird durch die einsteinschen Feldgleichungen gerade so festgelegt, dass die Geodäte eine Bewegung wiedergibt, die genau der Bewegung des (ansonsten kräftefreien) Körpers im herrschenden Gravitationsfeld entspricht (also freier Fall, Wurfparabel, Planetenbahn etc.). Da die Masse des betrachteten Körpers dabei gar nicht einfließt, gilt für Körper mit verschiedener Masse dieselbe Geodäte, d. h. sie bewegen sich in einem gegebenen Gravitationsfeld gleich. Damit ist auch das Äquivalenzprinzip erklärt, das in der klassischen Physik die Gleichheit von schwerer und träger Masse feststellt. Die Gravitation tritt demnach nicht wie in der klassischen Physik als eine bestimmte Kraft auf, die auf den Körper wirkt und eine Beschleunigung verursacht, sondern als eine Eigenschaft der Raumzeit, in der der Körper sich kräftefrei bewegt. Gravitation wird auf diese Weise als ein rein geometrisches Phänomen gedeutet.

In diesem Sinne reduziert die allgemeine Relativitätstheorie die Gravitationskraft auf den Status einer Scheinkraft: Wenn man auf einem Stuhl sitzend fühlt, wie man durch eine „Gravitationskraft“ zur Erde hin gezogen wird, deutet die ART dies so, dass man von der Stuhlfläche fortwährend daran gehindert wird, der Geodäte durch die von der Erdmasse gekrümmte Raumzeit zu folgen (das wäre der freie Fall). Dabei ist die Kraft, mit der die Stuhlfläche auf die Sitzfläche des Beobachters einwirkt, keineswegs eine Scheinkraft. Sie geht letztlich zurück auf die elektrostatische Abstoßung bei der Berührung der Atome der Stuhlfläche durch die Atome des Beobachters. Nach der Sichtweise der allgemeinen Relativitätstheorie verschiebt sich also die Interpretation der Ereignisse. Während nach der klassischen Mechanik die Erde ein Inertialsystem darstellt, in dem die nach unten gerichtete Schwerkraft auf den Beobachter durch die nach oben gerichtete Stützkraft des Stuhls ausgeglichen wird, so dass der Beobachter in Ruhe bleiben kann, stürzt das nach der allgemeinen Relativitätstheorie richtige Inertialsystem mit Erdbeschleunigung nach unten, doch in diesem Inertialsystem übt der Stuhl eine Kraft auf den Beobachter aus, die ihn konstant mit nach oben beschleunigt.

Senkrecht frei fallende Körper hingegen, aber auch Satelliten, Planeten, Kometen oder Parabelflüge folgen einer Geodäte durch die Raumzeit. Ihre Bewegungen werden in der allgemeinen Relativitätstheorie als (netto) kräftefrei angesehen. Denn die Erdmasse (oder Sonnenmasse) beeinflusst durch die Raumzeitkrümmung die Definition davon, was im Sinne der Trägheit von Körpern „geradeaus“ bedeutet. Direkter tritt die Raumzeitkrümmung z. B. in astronomische Beobachtungen in Erscheinung, in denen nachgewiesen werden konnte (s. Abb.), dass große Massen die Krümmung von Lichtstrahlen bewirken.

Aufgrund des Relativitätsprinzips und der daraus folgenden Invarianz gegenüber Lorentztransformationen trägt nicht nur Masse, sondern auch jede Form von Energie zur Krümmung der Raumzeit bei. Dies gilt einschließlich der mit der Gravitation selber verbundenen Energie. Daher sind die einsteinschen Feldgleichungen nichtlinear. Sie lassen sich im Bereich schwacher Krümmung durch lineare Gleichungen annähern, in denen sich in Annäherung das newtonsche Gravitationsgesetz wiederfinden lässt. Zu den nach dem newtonschen Gesetz berechneten Phänomenen ergeben sich damit kleine Korrekturen, die durch genaue Beobachtungen sämtlich bestätigt werden konnten (siehe Tests der allgemeinen Relativitätstheorie). Völlig neue Phänomene jedoch ergeben sich bei starker Krümmung der Raumzeit, hier insbesondere die Schwarzen Löcher.

Gravitation und Quantentheorie

Hauptartikel: Quantengravitation und Quantenfeldtheorie

Im Rahmen einer Quantenfeldtheorie wird die Gravitation in linearer Näherung durch den Austausch eines als Graviton bezeichneten masselosen Teilchens beschrieben, das den Spin 2 hat. Darüber hinaus führt schon die Formulierung einer Quantentheorie der Gravitation zu prinzipiellen Problemen, die bisher ungelöst sind. Auch die supersymmetrische Erweiterung führte bisher nicht zu einer konsistenten Theorie. Als derzeit aussichtsreichste Kandidaten gelten die Stringtheorie und die Loop-Quantengravitation. Ein wesentliches Ziel ist dabei, die Gravitation mit den übrigen Wechselwirkungen zu einer „Großen Vereinheitlichten Theorie“ (GUT) zu vereinen, um somit eine Theorie zu formulieren, die alle Naturkräfte auf einmal beschreiben kann. Das bedeutet, dass die Gravitation, welche die Effekte der Quantenfeldtheorie nicht berücksichtigt, um diese erweitert würde. Im Rahmen der vereinigten Superstringtheorien, der M-Theorie, wird das Universum als elfdimensionale Mannigfaltigkeit beschrieben. Dabei stellt der Teil des Universums, in welchem wir existieren, eine höherdimensionale Membran (D-Brane) dar, die selbst in eine noch höherdimensionalere Mannigfaltigkeit eingebettet ist, in der noch weitere Branen schwingen könnten und somit parallele Raumzeiten innerhalb desselben Universums darstellen. In der M-Theorie werden die Gravitonen als geschlossene Strings dargestellt, die nicht an die Grenzen einer Brane gebunden sind. Daher sind sie in der Lage, sich durch alle zusätzlichen Raumdimensionen auszubreiten und auch in andere Branen zu gelangen. Auf diese Weise wird die Stärke der Gravitation hinreichend abgeschwächt, so dass sie im Rahmen unserer vierdimensionalen Erfahrungswelt als die schwächste der vier Wechselwirkungen erscheint.

Spekulationen im Umfeld der Gravitation

Im Bereich der Science-Fiction gibt es zahlreiche Konzepte einer gravitativen Abschirmung oder einer Antigravitation. Jenseits des Wissenschaftsbetriebs bzw. des wissenschaftlichen Mainstreams gibt es immer wieder Bemühungen, einen solchen Effekt nachzuweisen. Relative Bekanntheit haben Experimente von Quirino Majorana, der um 1920 eine abschirmende Wirkung durch schwere Elemente gefunden haben will[5] (entkräftet u. a. durch Henry Norris Russell[6]), und von Jewgeni Podkletnow, der 1995 bei rotierenden Supraleitern eine Abnahme der Gewichtskraft behauptete,[7] was allerdings ebenfalls nicht bestätigt werden konnte.[8][9][10]

Gravitation auf der Erde

Gravitation (genauer: Erdbeschleunigung) im Erdinnern nach dem seismischen PREM-Erdmodell, sowie Näherungen durch konstante und linear nach innen zunehmende Gesteinsdichte.
Hauptartikel: Schwerefeld

Die Erde hat eine Masse von 5,974·1024 kg. Ihr Radius beträgt an den Polen 6356 km bzw. wegen der Erdabplattung 6378 km am Äquator. Daraus ergibt sich nach dem Gravitationsgesetz von Newton, dass die Feldstärke des Gravitationsfeldes zwischen 9,801 m s-2 (am Äquator) und 9,867 m s-2 (an den Polen) beträgt. Die tatsächlich wirksame Fallbeschleunigung weicht jedoch von dem auf diese Weise berechneten Wert ab, man spricht deshalb auch vom Ortsfaktor. Diese Ortsabhängigkeit, die auch die Richtung der Fallbeschleunigung betrifft, hängt mit der Zentrifugalwirkung, die durch die Erdrotation hervorgerufen wird, mit der Höhe des Standorts und mit lokalen Schwereanomalien zusammen. Dementsprechend ist die Gewichtskraft im Schwerefeld der Erde nicht nur eine reine Gravitationskraft im Sinne des Gravitationsgesetzes.

Schwerelosigkeit

Hauptartikel: Schwerelosigkeit

Wenn von „Schwerelosigkeit“ gesprochen wird, ist (meist) Gewichtslosigkeit gemeint, also nicht die Abwesenheit von Gravitation, sondern die Abwesenheit eines spürbaren Gewichts als einer ihrer gewöhnlich bemerkbaren Folgen. Dies tritt z. B. genau dann auf, wenn die (räumlich konstante) Gravitation als einzige äußere Kraft überhaupt auf den Körper wirkt und alle im Normalfall wirkenden Gegenkräfte fehlen.[11] Das geschieht etwa bei einem freien Fall im Vakuum oder in einem Satelliten, näherungsweise auch in einem zu heftig nach unten anfahrenden Fahrstuhl oder im Riesenrad vor und nach dem Erreichen des höchsten Punktes.[12] Der freie Fall hat auf der Erde ein baldiges Ende. Außerhalb der Erdatmosphäre ist es aber möglich, unentwegt um die Erde herumzufallen, wenn die Umlaufgeschwindigkeit mindestens 8 km/s beträgt. Für größere Körper begrenzen die Gezeitenkräfte die möglichen Kreisbahnen, siehe Roche-Grenze.

Schwerelosigkeit ohne Bewegung relativ zur Verbindungslinie zweier Himmelskörper, z. B. Erde und Sonne, ist an wenigen Stellen, den sogenannten Lagrange-Punkten möglich. Dort heben sich die Gravitationskraft der Erde, die Gravitationskraft der Sonne und die Zentrifugalkraft der Bahnbewegung gegenseitig auf. Dies wird etwa für das Planck-Weltraumteleskop genutzt.

Nach dem klassischen Newtonschen Gravitationsgesetz ist im Innern einer hohlen elliptischen oder kugelsymmetrischen homogenen Massenverteilung, z. B. einer Kugelschale, die Gravitationskraft null. So heben sich auch im Erdmittelpunkt alle Gravitationskräfte der Erdmassen auf und lassen dort Schwerelosigkeit entstehen.

Gravisphäre

Nahe Massen haben mehr Einfluss auf die Gravitationsbeschleunigung als ferne Massen. Daher sind auch um relativ kleine Körper im Schwerefeld großer Körper Satellitenbahnen möglich. Der Raumbereich, in dem dies der Fall ist, ist die Gravisphäre des jeweiligen Himmelskörpers.[13] Aus dem gleichen Grund ist die Gravitationsbeschleunigung eines unregelmäßig geformten Körpers nicht an allen Raumpunkten auf sein Baryzentrum ausgerichtet.

Literatur

  Wiktionary: Gravitation  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  Commons: Gravitation  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. zitiert nach: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. (Deutsche Übersetzung von C.L. Menzzer, 1879.), S. 23@wikisource; Original: „Equidem existimo, gravitatem non aliud esse, quam appetentiam quandam naturalem partibus inditam a divina providentia opificis universorum, ut in unitatem integritatemque suam sese conferant in formam globi coeuntes. Quam affectionem credibile est etiam Soli, Lunae, caeterisque errantium fulgoribus inesse ...“ Cap. IX@wikisource; s.a. Johann Samuel Traugott Gehler: Physikalisches Wörterbuch. Band 2, Leipzig 1789, S. 519
  2. Astronomia nova. Neue ursächlich begründete Astronomie (Übersetzung von Max Caspar, 1929 und Fritz Krafft, Wiesbaden 2005.), S. 28–29; Original: Scan des Druckexemplars der ETH-Bibliothek Zürich (abgerufen 24. März 2014); s.a. Johann Samuel Traugott Gehler: Physikalisches Wörterbuch. Band 2, Leipzig 1789, S. 519 und Florian Freistetter : Johannes Kepler: Astronomia Nova – Die Einleitung (3)@scienceblogs.de/astrodicticum-simplex (abgerufen 24. März 2014)
  3. Albert Einstein: Die Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. In: Annalen der Physik. 4, 49. PDF
  4. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 21. Juni 2011. Relative Unsicherheit 1,2·10-4
  5. Q. Majorana: On gravitation. Theoretical and experimental researches. In: Philosophical Magazine. Band 39, 1920. S. 488–504.
  6. H. N. Russell: On Majorana’s theory of gravitation. In: Astrophysical Journal. Band 54, 1921. S. 334–346.
  7. arxiv:physics/0108005 Podkletnov's Original Paper
  8. N. Li, D. Noever, T. Robertson, R. Koczor, W. Brantley: Static Test for a Gravitational Force Coupled to Type II YBCO Superconductors; In: Physica C, Band 281, 1997, S. 260–267.
  9. C. Woods, S. Cooke, J. Helme, C. Caldwell: Gravity Modification by High Temperature Superconductors; In: Joint Propulsion Conference, AIAA 2001-3363, 2001.
  10. Hathaway, Cleveland, Bao: Gravity modification experiment using a rotating superconducting disk and radio frequency fields; In: Physica C, Band 385, 2003, S. 488–500.
  11. Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch Der Experimentalphysik: Mechanik, Relativitat, Wärme, Band 1. de Gruyter, 1998, ISBN 3-11-012870-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Walter Greiner: Klassische Mechanik I. Harri Deutsch, 2007, ISBN 978-3-8171-1815-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. M.D. Kislik: Spheres of Influence of Large Planets and the Moon, Cosmic Research, Vol 2, 1964, S. 853–858.