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vom 25.08.2014, aktuelle Version,

Infraschall

Unter Infraschall versteht man Schall, dessen Frequenz unterhalb von etwa 16-20 Hz, also unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegt. Das menschliche Ohr ist für Infraschall nahezu unempfindlich.

Manche Tiere wie etwa Elefanten, Giraffen und Blauwale (im Wasser haben Infraschallwellen eine besonders hohe Reichweite) können Schall in einem Teil dieses Frequenzspektrums wahrnehmen und nutzen diese Laute wahrscheinlich auch zur Kommunikation. Besonders Infraschallwellen sehr tiefer Frequenz breiten sich gut über große Entfernungen aus.

Physische und psychische Wirkung

Auch wenn Menschen Infraschall kaum ohne Hilfsmittel hören können, ist er bei hohen Schalldrücken wahrnehmbar. Die Wahrnehmungsschwelle liegt allerdings sehr hoch und ist zudem frequenzabhängig. Zusätzlich können insbesondere die tieffrequenten Vibrationen des Körpers bei hohen Schalldrücken gefühlt werden.

Eine schädigende Wirkung auf Gehör, Gleichgewichtsorgane, Lunge oder innere Organe konnte – obwohl oft behauptet – bislang in einschlägigen Experimenten unterhalb eines Schalldruckpegels von 170 dB nicht nachgewiesen werden.[1] Bei tieffrequenten Vibrationen, die zusammen mit Infraschall auftreten können, besteht bei längerer Einwirkzeit und sehr hohen Schwingbeschleunigungen, das heißt wenn die Amplitude der Schwingbeschleunigung die der Erdbeschleunigung übersteigt, die Möglichkeit vereinzelter Blutungen an inneren Organen.

Auch unterhalb dieser extrem hohen Pegel sind, wie bei jeder Schalleinwirkung, psychische Auswirkungen (insbesondere Abnahme der Konzentrationsfähigkeit oder erhöhte Blutdruckwerte) möglich.[2] Wegen der unterschiedlichen Lage der Hörschwelle bei verschiedenen Menschen kann ein für manche unhörbarer tiefer Ton anderen Personen laut erscheinen.

Dass Infraschall bei Menschen Ehrfurchtsgefühle oder Angst hervorruft, wird immer wieder berichtet.[3][4] Da er nicht bewusst wahrgenommen wird, kann er beim Menschen den diffusen Eindruck vermitteln, übernatürliche Ereignisse seien im Gange.

Infrasonic – Das 17-Hz-Infraschallexperiment

Am 31. Mai 2003 führte eine Gruppe von britischen Wissenschaftlern um Richard Wiseman[5] ein Massenexperiment durch, bei dem sie 700 Menschen mit Musik beschallten. Diese war mit einer 17-Hz-Sinusschwingung von 90 dB[6] angereichert, beschrieben als „am Rande des Hörbaren“, und von einem Subwoofer mit einer Langhubmembran erzeugt. Der Subwoofer wurde in einer sieben Meter langen Kunststoffröhre, wie sie im Kanalisationsbau verwendet wird, so aufgestellt, dass er die Gesamtlänge der Röhre im Verhältnis 1:2 teilte. Das experimentelle Konzert (mit dem Titel Infrasonic), aufgeführt in der Londoner Konzerthalle Purcell Room, bestand aus zwei Aufführungen mit je vier Musikstücken. Je zwei der Musikstücke waren mit dem beschriebenen 17-Hz-Ton unterlegt. Um die Testresultate von den Musikstücken unabhängig zu machen, wurde der 17-Hz-Ton in der zweiten Aufführung gerade unter diejenigen zwei Stücke gelegt, die in der ersten Aufführung frei davon waren. Den Teilnehmern wurde nicht mitgeteilt, welche der Stücke den Ton enthielten. Wurde der Ton gespielt, berichtete eine signifikante Zahl von Befragten (22 %) von Beklemmung, Unbehagen, extremer Traurigkeit, Reizbarkeit verbunden mit Übelkeit oder Furcht, einem „Kalt den Rücken runterlaufen“ und Druck auf der Brust.[7][8] Als diese Ergebnisse der British Association for the Advancement of Science präsentiert wurden, sagte einer der verantwortlichen Wissenschaftler: „Diese Ergebnisse legen nahe, dass Klänge niedriger Frequenz bei Menschen ungewöhnliche Erfahrungen auslösen können, selbst wenn sie Infraschall nicht bewusst wahrzunehmen vermögen.“

Nachweis und Messung

Starke Quellen von Infraschall lassen sich häufig durch im Hörbereich liegende Oberwellen lokalisieren. Weniger starke Quellen erfordern jedoch spezielle Sensoren: Herkömmliche Schalldruckmikrofone reichen aufgrund ihrer unteren Grenzfrequenz meist nicht weit in den Infraschallbereich hinein, während übliche Drucksensoren für die meisten Anwendungen zu unempfindlich sind.

Die Infraschalluntersuchung der Atmosphäre und der Meere ist ein junges Forschungsgebiet, welches sich insbesondere durch die Möglichkeiten, Atomwaffentests und Schiffsbewegungen zu registrieren, entwickelt hat. Geringste Schalldruckpegel ferner Quellen erfordern nicht nur entsprechende Empfindlichkeit, sondern auch Maßnahmen zur Abschirmung lokaler Quellen.

Mikrobarometer unterscheiden sich von Barometern dadurch, dass sie durch eine Überströmöffnung vor Überlastung durch meteorologische Schwankungen des Luftdrucks geschützt sind. Dafür messen sie schnellere Druckänderungen ab 0,01 bis 0,1 Hz umso empfindlicher. Über sternförmig ausgelegte Schläuche werden mehrere Messpunkte kombiniert, um durch Mittelwertbildung Störungen zu kompensieren. Das funktioniert über Bereiche, die kleiner sind als die halbe Wellenlänge. Über größere Bereiche lassen sich Signale kombinieren, indem von der Einfallsrichtung abhängige Laufzeitunterschiede per elektronischer Datenverarbeitung berücksichtigt werden, siehe Phased-Array-Antenne.

IMS-Überwachungsnetz

Im Rahmen der Überwachung des Kernwaffenteststopp-Vertrags (CTBT) soll ein weltweites, international betriebenes Netz von Stationen (IMS) dafür sorgen, dass keine nukleare Sprengung unter der Erde, in der Erdatmosphäre, unter Wasser oder im Weltraum unentdeckt bleibt. Zu diesem System sollen auch 60 Stationen zur Messung von Infraschall gehören.

Die mit diesen Stationen gewonnenen Daten eröffnen ein neues Aufgaben- und Forschungsgebiet, dessen Schwerpunkt auf der Detektion, Lokalisierung und Identifizierung von Infraschallquellen liegt. Um aus den Daten genaue und zuverlässige Informationen über die Quelle zu erhalten, sind grundlegende Untersuchungen der Infraschallsignale und ihrer Ausbreitung in der durch Wind und Wetter sich ständig verändernden Atmosphäre unerlässlich.

Deutsche IMS-Stationen

Fest installierte Anlagen:

Für die Bundesrepublik ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) für den Betrieb von zwei dieser Infraschall-Messanlagen verantwortlich, die zu dem internationalen Überwachungsnetz gehören:

Die IS26 im Bayerischen Wald und IS27 in der Antarktis.

Im Bayerischen Wald, nahe der Grenze zu Österreich und zur Tschechischen Republik, ging im Oktober 1999 die erste Messanlage (IS26) mit insgesamt fünf Stationen in Betrieb, die alle technischen Spezifikationen einer Infraschallstation des weltweiten Überwachungsnetzes erfüllt. Bei der Auswahl des Standorts wurde berücksichtigt, dass sich in diesem Gebiet bereits die aus 25 Einzelstationen bestehende seismische Messanlage PS19 befindet, die zum internationalen seismischen Kontrollnetz gehört.

Mobile Anlagen:

Zusätzlich zu den fest installierten Infraschallstationen stehen vier mobile Infraschall-Messanlagen zur Verfügung, um an beliebigen Orten Infraschallmessungen durchführen zu können. Eine erste Bewährungsprobe bestanden diese Systeme im Mai 2002 bei einem Einsatz bei Blaubeuren, als es um die Klärung des Zusammenhangs zwischen Infraschall und dem Brummton-Phänomen ging.[9]

Natürliche Infraschallquellen

Niederfrequente Wellen, die zum Beispiel bei Erdbeben, Vulkaneruptionen, Meteoritenfall, extremen Wetterlagen oder durch hohen Seegang entstehen, können sich in der Luft über große Entfernungen bis zu mehreren tausend Kilometern ausbreiten.

Infraschallereignisse im Zusammenhang mit Wettererscheinungen und Seegang werden Mikrobarome genannt.

Wind erzeugt Infraschall, wenn er böig oder verwirbelt ist.

Föhn

Der Fallwind in den Alpen, genannt Föhn, ist eine starke Infraschallquelle im Bereich von 0,01 bis 0,1 Hz. Die Auswirkungen auf den Menschen werden unterschiedlich diskutiert.

Gewitter

Der Donner bei Gewittern kann von Infraschallwellen begleitet sein. Eine Besonderheit sind Sprites im Zusammenhang mit nächtlichen Sommergewittern: Hier ist in mehr als 70 Prozent der Fälle Infraschall beobachtet worden.[10]

Künstliche Quellen

Im Sommer 2004 wurde mit den vier mobilen Messanlagen der BGR die Infraschallemission einer 200-kW-Windkraftanlage untersucht.[11] Die Messungen führten zu dem Ergebnis, dass die Schallemissionen von Windenergieanlagen oberhalb von 600 kW Leistung im Frequenzbereich um 1 Hz in Entfernungen von über 10 km nachweisbar wären. Im Falle von aus Großanlagen bestehenden Windparks wurde für einen ungestörten Messbetrieb ein Mindestabstand von 25 km abgeschätzt. Die Experten weisen allerdings darauf hin, dass für eine einzelne Großanlage bereits nach 300 bis 500 Metern die menschliche Wahrnehmungsschwelle unterschritten wird, die ihrerseits mehrere Größenordnungen unterhalb von gefährlichen Schallleistungen liegt.[1]

Auch Industrieanlagen können (permanent oder bei bestimmten Vorgängen) tieffrequente Geräusche erzeugen. Wenn sich diese langwelligen Schallwellen als Stehende Welle in einem geschlossenen Raum aufschaukeln oder wenn Gebäudebauteile (etwa eine weitgespannte Geschossdecke) in Resonanz geraten, kann dies wahrnehmbar sein und gelegentlich Probleme verursachen.

Ober- und unterirdische Explosionen sowie Raketenstarts erzeugen Infraschall, der über weite Entfernung zum Nachweis und zur Ortung verwendet werden kann.

Der Überschallknall von Flugzeugen hat auch eine Infraschallkomponente.

Großstädte, insbesondere bei hoher und dichter Bebauung, entwickeln ein Infraschallfeld, welches sich weit ausbreitet und lokal durch stehende Wellen sehr intensiv sein kann. Viele Großstädte haben zahlreiche hochaufragende Gebäude mit Fassaden aus Stein und Glas. Nahezu alle modernen Bürogebäude sind mit leistungsstarken Klima- und Lüftungsanlagen ausgestattet. Dies kann in den Sommermonaten dazu führen, dass sich in weiten Bereichen der Stadt Infraschallfelder entwickeln, in denen sich die einzelnen Luftströme der Gebläse gegenseitig in sehr niederfrequente Resonanz bringen können. Insbesondere in den ruhigen Nachtstunden ist die niederfrequente Schallkomponente von Großstädten über große Entfernungen zu hören, auch der Infraschallanteil trägt weit.

Die Orgelpfeifen eines echten, also nicht nur „akustisch“ realisierten, 64-Fuß-Registers erzeugen in der tiefsten Oktave (Subsubkontraoktave) Töne im Infraschallbereich. Bei einem voll ausgebauten 64-Fuß-Register – bisher sind weltweit zwei solche Register bekannt – hat der tiefste Ton, das Subsubkontra-C, eine Frequenz von 8,2 Hz.

Es existieren Infraschalldetektoren für Alarmanlagen, die Infraschallemissionen bei einbruchstypischen Handlungen 10 bis 1000fach verstärken und zusammen mit anderen Sensoren für eine erhöhte Sicherheit sorgen sollen.[12]

Literatur

  • Valentina N. Tabulevich: Microseismic and infrasound waves. Springer, Berlin [u.a.] 1992, ISBN 3-540-53293-5
  • W. Tempest (Hrsg.): Infrasound and low frequency vibration. Academic Press, London 1976, ISBN 0-12-685450-5
  • David Havelock, Sonoko Kuwano & Michael Vorländer (Hrsg.): Handbook of Signal Processing in Acoustics. Springer, New York 2009, ISBN 978-0-387-77698-9
  • Alexis Le Pichon, Elisabeth Blanc & Alain Hauchecorne (Hrsg.): Infrasound Monitoring for Atmospheric Studies. Springer, 2009, ISBN 978-1-4020-9507-8
  Commons: Infraschall  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Jürgen Altmann: Acoustic Weapons. A Prospective Assessment. In: Science & Global Security. Band 9, 2001, S. 165–234
  2. Biologische Wirkungen von tieffrequentem Schall/Infraschall, Silvester Siegmann und Uwe Nigmann, (PDF 591KB)
  3. John D. Cody. Infrasound Borderland Science Research Foundation
  4. V. Tandy, T. Lawrence The ghost in the machine. Journal of the Society for Psychical Research #62, S. 360–364. 1998 und S. Angliss, GeNIA, C. O'Keeffe, R. Wiseman, R. Lord: Soundless music. In B. Arends, D. Thackara (Hrsg.): Experiments: Conversations in art and science. S.139–171. The Wellcome Trust, London 2003. Quote from R. Wiseman, „Quirkology - How We Discover the Big Truths in Small Things“, Basic Books, 2007
  5. http://www.sarahangliss.com/extras/Infrasonic/experiment.htm
  6. Graph: Bei 17 Hz laute 90 dB, gemittelt über 60 Sekunden.
  7. Infrasonic concert, Purcell Room, London, 31 May, 2003, sponsored by the sciart Consortium with additional support by the National Physical Laboratory
  8. Sounds like terror in the air Sydney Morning Herald, 9. Sept. 2003.
  9. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Erzeugen Infraschallquellen den Brummton? Abgerufen am 19. Februar 2011.
  10. http://www.faz.net/aktuell/wissen/erde/atmosphaere-donnernde-sprites-1232192.html
  11. Lars Ceranna, Gernot Hartmann & Manfred Henger: Der unhörbare Lärm von Windkraftanlagen - Infraschallmessungen an einem Windrad nördlich von Hannover. Dezember 2006; abgerufen am 9. August 2011 (pdf).
  12. Winfried Morgner: Nützliche Emissionen im Infraschallbereich, Tagungsbeitrag, PDF-Fassung