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vom 30.08.2014, aktuelle Version,

Kraft

Physikalische Größe
Name Kraft
Formelzeichen ,
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI N = kg·m·s−2 M·L·T−2
cgs 1 dyn = 10−5 N

Kraft ist ein grundlegender Begriff der Physik. In der klassischen Physik versteht man darunter eine äußere Einwirkung, die einen festgehaltenen Körper verformen und einen beweglichen Körper beschleunigen kann. Kräfte sind zum Beispiel erforderlich, um Arbeit zu verrichten, wodurch die Energie eines Körpers oder eines physikalischen Systems verändert wird. Die Kraft ist eine gerichtete physikalische Größe, die durch einen Vektor dargestellt werden kann. Kräfte haben verschiedene Ursachen oder Wirkungen, nach denen sie teilweise benannt werden, etwa die Reibungskraft, die Fliehkraft und die Gewichtskraft. Manche Arten von Kräften wurden auch nach Personen benannt, die wesentlich an ihrer Erforschung mitgewirkt haben, wie die Coulombkraft oder die Lorentzkraft.

Die international verwendete Einheit für Kraft ist das Newton. Das Formelzeichen der Kraft ist meist (von lat. fortitudo) [1] oder seltener nach dem deutschen Wortanfang.

Der Kraftbegriff geht auf Isaac Newton zurück, der im 17. Jahrhundert in den drei newtonschen Gesetzen die Grundlagen der Mechanik schuf und darin die Kraft als zeitliche Änderung des Impulses definierte. Damit identifizierte er die Kraft als Ursache für jede Veränderung des Bewegungszustandes eines Körpers. Außerdem erkannte er, dass jeder Körper, der auf einen anderen eine Kraft ausübt, von diesem eine entgegen gerichtete Reaktionskraft erfährt.

In der Quantenphysik wird der Begriff Kraft auch in einem übertragenen Sinn verwendet, gleichbedeutend mit Wechselwirkung und losgelöst vom Begriff des mechanischen Kraftvektors. Es gibt vier „fundamentale Wechselwirkungen“, die auch als Grundkräfte der Physik bezeichnet werden. Sie bilden die Ursache nicht nur aller bekannten Erscheinungsformen der Kräfte, sondern auch aller in der Physik bekannten Prozesse. Eine der vier Grundkräfte, die Gravitation, wird in der allgemeinen Relativitätstheorie durch die Krümmung der Raumzeit beschrieben. Die drei anderen Grundkräfte werden im Standardmodell der Teilchenphysik durch den Austausch von Eichbosonen erklärt, die häufig auch als „Kraftteilchen“ bezeichnet werden.

Wort- und Begriffsgeschichte

Aristoteles
Galileo Galilei

Das Wort „Kraft“ ist altgermanischen Ursprungs,[2] ursprünglich verbindet sich damit die Vorstellung einer Muskelanspannung.[3] Im Deutschen bezeichnet „Kraft“ eine körperliche oder geistige Voraussetzung zu bestimmten Handlungen (Muskel- beziehungsweise Geisteskraft), in der zweiten Bedeutung – der Ausführung der Tätigkeit selbst (»eine Kraft ausüben«; »unter der Kraft zusammenbrechen«) – kommt die Alltagsvorstellung von Kraft dem physikalischen Fachbegriff nahe.

In der Rechtssprache bedeutet Kraft schon im Althochdeutschen[3]Gültigkeit“ bzw. „Wirksamkeit“, was sich heute nur noch in bestimmten Formeln ausdrückt: »in/außer Kraft bleiben/treten/setzen« (vgl. rechtskräftig). Aus »in/durch Kraft« entstand die Präposition »kraft«, die den Genitiv mit sich führt. Rechtssprachlich steht sie etwa in der Präambel zum Grundgesetz »… hat das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt …« oder im Ausdruck »kraft seines Amtes«.

Seit etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts wird Kraft auch auf Menschen als »Träger der Kraft« bezogen (»Streitkräfte«, »Lehrkräfte« etc.), im 20. Jahrhundert auch für maschinell in mechanische Form gewandelte Energie (»Kraftwerk«, »Kraftfahrzeug«, »Kraftmaschine«).[3]

Das griechische Wort für Kraft, δύναμις, lag der CGS-Einheit dyn zugrunde und lebt fort in Dynamik, was die Lehre von der Bewegung unter dem Einfluss von Kräften bezeichnet. In der physikalischen Fachsprache ist Kraft (beziehungsweise force) spätestens im 17. Jahrhundert mit dem lateinischen vis gleichgesetzt worden.[4]

Die lange Zeit unscharfe und nach heutigem Verständnis zum Teil falsche Verwendung des Kraftbegriffs in der Physik geht größtenteils auf die Sichtweise von Aristoteles zurück, dessen Vorstellungen zur Bewegung bis weit in die Renaissance hinein nachgewirkt haben.[5] Demnach liegt jeder Bewegung eine wirkende Ursache, im heutigen Sprachgebrauch eine Kraft, zugrunde. Jede dadurch ausgelöste Bewegung endet automatisch, wenn die Kraft nicht mehr wirkt. Diese Kraft kann nur durch unmittelbaren Kontakt wirken, sie wird zudem mit der Geschwindigkeit des Körpers in eine Beziehung gebracht, die von späteren Aristoteles-Kommentatoren als eine Proportionalität gedeutet wurde.[6]

Im Mittelalter entstand aus der aristotelischen Lehre die Impetustheorie, die eine Gruppe von Bewegungslehren zusammenfasst. Ihren gemeinsamen Kern bildet die Idee einer dem Körper sozusagen innewohnenden Kraft, des Impetus, der einem Körper von einem »ersten Beweger« mitgegeben wurde. Dieser im Körper befindliche Impetus erschlafft mit der Zeit, das wird durch den Widerstand des Mediums, zum Beispiel Luft, verstärkt. Auch hier endet jede Bewegung automatisch, wenn der Körper »keine Kraft mehr hat«. Im Gegensatz zu Aristoteles war kein externer Beweger nötig. Die drängende Frage, auf welche Weise ein in die Luft geworfener Gegenstand in Bewegung gehalten wird, war damit scheinbar gelöst. Beibehalten wurde aber beispielsweise die Proportionalität von eingeprägter Kraft und Geschwindigkeit.

Auch Galileo Galilei war in der aristotelischen Denkweise verwurzelt, kam aber dem Trägheitsgesetz schon sehr nahe.[7] In diesem Gesetz drehten sich die Verhältnisse um, eine Kraft wurde nicht mehr zur Aufrechterhaltung einer Bewegung benötigt, vielmehr war zur Veränderung eines Bewegungszustandes eine Kraft nötig. Erst mit den von Isaac Newton 1687 veröffentlichten Bewegungsgesetzen wurde die Grundlage für den Begriff „Kraft“ in der Art gelegt, wie er heute noch verwendet wird. Newton selbst verwendete den Begriff allerdings nicht in dem Sinne wie die nachfolgenden Generationen.[8] Bis weit ins 19. Jahrhundert benutzten Physiker das Wort Kraft auch in Bedeutungen, die nicht durch die newtonschen Gesetze gedeckt waren, insbesondere auch in der Bedeutung von Energie. Bis sich der moderne Energiebegriff herausgebildet hatte, wurde beispielsweise die kinetische Energie mit dem von Gottfried Wilhelm Leibniz geprägten und im neunzehnten Jahrhundert noch von Hermann von Helmholtz verwendeten Ausdruck der »lebendigen Kraft« (vis viva) bezeichnet.

Messung von Kräften

Hauptartikel: Kraftmessung
Kraftmessung mit dem hookeschen Gesetz, hier in der Form

Eine Kraft kann über eine Weg-Zeit-Messung bestimmt werden, wenn sie eine Beschleunigung verursacht. Nach dem zweiten newtonschen Gesetz gilt für Körper mit gleichbleibender Masse m und konstanter Beschleunigung a der Zusammenhang Dieser Zusammenhang kann auch aus der abgeleiteten Einheit Newton ( ) abgelesen werden. In der Praxis wird oft aus einem bekannten (vorteilhafterweise linearen) Zusammenhang zwischen der wirkenden Kraft und einer leicht zu messenden Größe auf die Kraft geschlossen. Beispiele hierfür sind die Verformung eines elastischen Materials oder die Änderung des elektrischen Widerstands eines Dehnungsmessstreifens.

Eine Kraft kann auf verschiedene Art durch die von ihr verursachte Verformung bestimmt werden. Im Schulunterricht und in einigen einfachen Anwendungen werden Kräfte mit sogenannten Federkraftmessern über die Längenänderung von Schraubenfedern gemessen. Dabei wird das hookesche Gesetz genutzt, demzufolge die Ausdehnung geeigneter Federn zur ausgeübten Kraft proportional ist; es gilt wobei die Längenveränderung der Feder und die Federkonstante bezeichnet.[9]

Nutzbar ist auch das Hebelgesetz. Damit kann eine unbekannte Kraft durch den Vergleich mit einer bekannten Kraft, zum Beispiel der Gewichtskraft eines Massestücks bestimmt werden. Im einfachsten Fall wird eine Waage genutzt, deren Anzeige mit Hilfe der bekannten Schwerebeschleunigung in die wirkende Kraft umgerechnet werden kann.

Mit dem Rasterkraftmikroskop sind Kräfte auf eine kleine Blattfeder bis etwa 1 pN nachweisbar. Dies lässt sich für die Untersuchung von Oberflächen nutzen.[10] Kräfte bis in den Bereich von etwa sind mit Hilfe einzelner ultrakalter Magnesium-Ionen in Paulfallen über die Synchronisation mit einem externen Radiosignal gemessen worden.[11]

Kraft als vektorielle Größe

Darstellung von Kräften

Kräfte an einem Kragträger

Für die Beschreibung einer Kraft ist – neben ihrem Angriffspunkt – nicht nur ihr Betrag (also ihre „Stärke“), sondern auch die Angabe der Richtung notwendig, in der die Kraft wirkt. Solche Größen, festgelegt durch die Angabe von Zahlenwert, Einheit und Richtung, nennt man vektorielle Größen, sie sind darstellbar durch Pfeile in einem Koordinatensystem. In einem dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem hat ein Kraftvektor drei Komponenten:

  • Um beispielsweise die Gewichtskraft zu beschreiben, mit der ein Körper der Masse von der Erde angezogen wird, kann ein Koordinatensystem mit vertikaler -Achse gewählt werden:
Der Körper wird (mit der Erdbeschleunigung ) nach unten beschleunigt, deshalb ist die z-Komponente negativ.

Die Verformung eines Körpers kommt genau genommen nicht durch eine einzelne Kraft zustande, sondern dadurch, dass an verschiedenen Angriffspunkten unterschiedliche Kräfte wirken. Die dadurch entstehenden mechanischen Spannungen können beschrieben werden, indem Kraft als ein vektorielles Feld aufgefasst wird: In jedem Angriffspunkt, bezeichnet durch den Ortsvektor , kann prinzipiell eine andere Kraft wirken. Je nachdem, wie diese Kräfte gerichtet sind, wird der Körper gedehnt, komprimiert oder verzerrt.

Superpositionsprinzip

Hauptartikel: Superpositionsprinzip
Zerlegung der Gewichtskraft in die Komponenten (Hangabtriebskraft) und (Gegenkraft zur Normalkraft )

Das Superpositionsprinzip der Mechanik, das in Newtons Werk auch als „lex Quarta“ bezeichnet wird, besagt: Wirken auf einen Punkt (oder einen starren Körper) mehrere Kräfte , so addieren sich diese vektoriell zu einer resultierenden Kraft Das heißt, bewirkt dasselbe wie sämtliche Kräfte gemeinsam.

  • Wenn zwei am selben Angriffspunkt angreifende Kräfte und gleich groß, aber entgegengesetzt gerichtet sind, so ist die resultierende Kraft gleich Null. Man spricht dann auch von einem Kräftegleichgewicht.
  • Zusammensetzung von Kräften (die im selben Punkt angreifen):
    Wirken zwei Kräfte mit den Beträgen und in die gleiche Richtung, so addieren sich die Beträge zum Betrag der Gesamtkraft, .
    Wirken zwei Kräfte mit den Beträgen und in entgegengesetzter Richtung, so resultiert der Betrag der Gesamtkraft dadurch, dass sich der größere Kraftbetrag um den kleineren verringert. Die Richtung der Gesamtkraft stimmt mit der Richtung derjenigen Einzelkraft überein, die den größeren Betrag hat, .
    Wirken zwei Kräfte in unterschiedlicher Richtung, so ergeben sich Richtung und Betrag der Resultierenden zeichnerisch durch ein Kräfteparallelogramm. Die Kräfte und werden zu einem Parallelogramm ergänzt, die Parallelogramm–Diagonale entspricht der resultierenden Kraft. Die resultierende Kraft mehrerer Kräfte unterschiedlicher Richtung kann zeichnerisch mit einem Kräftepolygon oder rechnerisch als Summe von Vektoren bestimmt werden.
  • Zerlegung von Kräften:
    Während sich bei einer horizontalen Ebene die Gewichtskraft und die Normalkraft kompensieren, kann das im Fall der schiefen Ebene nicht geschehen. Die Normalkraft wirkt senkrecht zur Ebene nach oben und ist damit der Gewichtskraft nicht genau entgegengerichtet. Um angeben zu können, welcher Teil der Gewichtskraft nicht von der Normalkraft kompensiert wird und somit als Hangabtriebskraft den Körper die schiefe Ebene hinab beschleunigt, kann die Gewichtskraft in zwei Kräfte zerlegt werden. Die eine zeigt zweckmäßigerweise in die Gegenrichtung der Normalkraft (und wird von dieser kompensiert, ), die zweite in Richtung der Ebene – diese stellt die Hangabtriebskraft dar. Über kann die Beschleunigung des Körpers berechnet werden.
    Eine solche Zerlegung ist immer dann korrekt, wenn die Vektorsumme der Teilkräfte die ursprüngliche Kraft ergibt, hier muss also gelten.

Krafteinheiten

Abhängig vom verwendeten Einheitensystem wird jeweils eine andere Maßeinheit für die Kraft verwendet. Statt solcher Einheiten wie Dyn, Kilopond, Pound-force oder Poundal wird im internationalen Einheitensystem (SI) das Newton [ˈnjuːtn̩] verwendet. Das Newton wurde im Jahre 1946 durch die Generalkonferenz für Maß und Gewicht im heutigen Sinn festgelegt als abgeleitete Einheit der Basiseinheiten Kilogramm (kg), Meter (m) und Sekunde (s):

und 1948 von ihr nach Isaac Newton benannt.[12]

Krafteinheiten und Umrechnungsfaktoren
Newton Dyn Kilopond Pound-force Poundal
1 N ≡ 1 kg·m/s² = 105 dyn ≈ 0,102 kp ≈ 0,225 lbf ≈ 7,233 pdl
1 dyn = 10−5 N ≡ 1 g·cm/s² = 1/980665 kp ≈ 1/444822 lbf ≈ 1/13825,5 pdl
1 kp = 9,80665 N = 980665 dyn gN · 1 kg ≈ 2,205 lbf ≈ 70,932 pdl
1 lbf = 4,4482216152605 N ≈ 444822 dyn = 0,45359237 kp gN · 1 lb ≈ 32,174 pdl
1 pdl = 0,138254954376 N ≈ 13825,5 dyn ≈ 0,0141 kp ≈ 0,0311 lbf ≡ 1 lb·ft/s²

Kraft in der klassischen Mechanik

Kraft in den newtonschen Gesetzen

Hauptartikel: Newtonsche Gesetze
Sir Isaac Newton

Der newtonsche Kraftbegriff basiert auf folgendem Gedanken: Alle Einwirkungen auf einen Körper, die zu einer Änderung seines Bewegungszustands führen, sind Kräfte. Die Kraft beschreibt die Intensität und Richtung der Wechselwirkung zweier Körper, keine Eigenschaft eines Körpers. Bei einer kräftefreien Bewegung bzw. wenn ein Kräftegleichgewicht vorliegt, ändert sich folglich der Bewegungszustand eines Körpers nicht, er bewegt sich somit geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit weiter oder er bleibt in Ruhe. Das ist der Inhalt des Trägheitsprinzips, wie es schon Galilei formulierte.

Das Aktionsprinzip verknüpft die Kraft , die auf einen freien Körper ausgeübt wird, mit der Änderung von dessen Impuls : In jedem infinitesimal kurzen Zeitraum ändert sich der Impuls des Körpers um gemäß Der Impuls eines Körpers ist das Produkt seiner Masse und der Geschwindigkeit ; es gilt Da die Masse des Körpers in den meisten Fällen praktisch konstant bleibt (Ausnahmen sind beispielsweise Raketen oder Körper bei relativistischen Geschwindigkeiten), schreibt man das zweite newtonsche Axiom meistens in der Form , wobei für die Beschleunigung des Körpers steht.

Als Konsequenz der Impulserhaltung folgt zudem das Reaktionsprinzip, wonach stets mit einer Kraft („actio“) vom Körper A auf Körper B, also , eine gleich große, aber genau entgegengesetzt gerichtete Kraft („reactio“) von Körper B auf Körper A verbunden ist: Die reactio ist dabei nicht nur eine Art passiver Widerstand, sondern eine Kraft, die aktiv am Wechselwirkungspartner angreift. Sie ist vom Kräftegleichgewicht zu unterscheiden, denn die Angriffspunkte von und sind verschieden, die beiden Kräfte können einander also nicht kompensieren.

In moderner Schreibweise würde die der newtonschen Intention entsprechende Fassung eher lauten. Die Verwendung des Wortes Kraft in Newtons Schriften ist nicht immer eindeutig. Kraft ist meist eher als Kraftstoß zu deuten, der einen Zusatzimpuls bewirkt.[13]

Kräftegleichgewicht als Schlüsselbegriff der Statik

Wenn an einem Körper mehrere Kräfte angreifen, die sich gegenseitig aufheben, d. h., wenn für die Vektorsumme der Kräfte

gilt, dann spricht man vom Kräftegleichgewicht. Der betrachtete Körper ändert seinen Bewegungszustand nicht. Bei den Kräften handelt es sich sowohl um die sogenannten „eingeprägten“ Kräfte, deren Ursache durch physikalische Gesetze vorgegeben wird, als auch um die „Zwangskräfte“, die als Stütz- und Haltekräfte eine Beschleunigung des Körpers verhindern. Die Betrachtung des Kräftegleichgewichts ist Inhalt der Statik.

Um hier oder allgemeiner in der technischen Mechanik Systeme (z. B. Tragwerke) einer Berechnung zugänglich zu machen, werden Bindungen zwischen den Körpern des Systems und zwischen dem System und seiner Umwelt, die nur geringe Formänderungen zulassen, als „starre Bindungen“ idealisiert. Solche starren Bindungen sind in der Regel Gelenke zwischen den Körpern oder Lager. Damit geht der physikalische Charakter dieser Bindungen verloren, und die durch diese Bindungen bedingte mechanische Wechselwirkung der Körper wird durch den Begriff der Zwangskräfte repräsentiert. Zwangskräfte verrichten am System keine Arbeit, da keine resultierende Bewegung stattfindet. Eingeprägte Kräfte und Zwangskräfte erfüllen zusammen die Gleichgewichtsbedingungen, das oben angeführte Kräftegleichgewicht und das Momentengleichgewicht.

Das Prinzip der virtuellen Arbeit besagt, dass in der Statik die Summe aller Kräfte (Zwangskräfte und äußere Kräfte) Null ergeben muss. Das d’Alembertsche Prinzip erweitert dieses Prinzip auf Systeme der klassischen Dynamik, die Zwangskräften unterworfen sind und wird zum Aufstellen von Bewegungsgleichungen verwendet.

Volumenkräfte und Oberflächenkräfte

Freischneiden:
1) Ein Körper wird von der Gravitationskraft nach unten gezogen. Diese Kraft wirkt auf den gesamten Körper und ist eine Volumenkraft. In horizontaler Richtung ist der Körper in Ruhe, die beiden Oberflächenkräfte und heben sich gegenseitig auf.
2) Der Körper wurde gedanklich (symmetrisch) in zwei Untersysteme zerteilt. Die Volumenkraft, die auf jedes Untersystem wirkt, halbiert sich. Da auch beide Untersysteme in horizontaler Richtung in Ruhe sind, müssen an der Schnittfläche zusätzliche Oberflächenkräfte eingezeichnet werden.

In der technischen Mechanik unterscheidet man bei ausgedehnten Körpern zwischen Volumenkräften und Oberflächenkräften. Ihre Stärke und Richtung sind nur wohldefiniert, wenn sie auf ein bestimmtes Volumen bzw. eine bestimmte Oberfläche bezogen werden.

Behandelt man ein komplexes Problem mehrere Körper, die miteinander (mechanisch) wechselwirken oder zusammengesetzte Körper (z. B. starre oder deformierbare Körper) – so schneidet man das interessierende Untersystem von seiner Umgebung gedanklich frei. Nun ordnet man den einzelnen Stücken der Oberfläche des freigeschnittenen Teilsystems die Kräfte zu, mit denen an dieser Stelle das übrige System auf das Teilsystem einwirkt. Mit der entgegengesetzt gleichen Oberflächenkraft wirkt dann auch das freigeschnittene Teilsystem auf das übrige System. Diese Kräfte heißen Oberflächenkräfte. Sie gehören zu den Kontaktkräften. In ihrer Stärke und Richtung sind sie abhängig von den vorher festgelegten Schnitten. Eine Oberflächenkraft ist also nur sinnvoll angegeben, wenn auch die zugehörige Oberfläche bzw. Schnittfläche angegeben wird.

Volumenkräfte sind Nichtkontaktkräfte. Wie beispielsweise die Gravitation oder der Elektromagnetismus greifen sie am ganzen Volumen an, d. h. auch im Innern eines freigeschnittenen Körpers. Auch ihre Stärke ist erst dann sinnvoll angegeben, wenn gleichzeitig das freigeschnittene Volumen, auf das die Kraft wirkt, angegeben wird. Befindet sich beispielsweise ein homogener Klotz in einem homogenen Schwerefeld (näherungsweise ein kleiner Klotz nahe der Erdoberfläche), so wirkt die Volumenkraft auf ihn. Zerschneidet man diesen Klotz gedanklich in seiner Mitte, so wirkt dagegen auf jeden Teilklotz nur noch die Volumenkraft (siehe dazu nebenstehende Abbildung). Zudem wirkt auf die beiden Schnittflächen der Teilklötze je eine Oberflächenkraft gleicher Stärke, die so gerichtet sind, dass sie ein Actio-Reactio-Kräftepaar bilden.

Kräfte mit nichtmechanischer Ursache

Einige zur Zeit Newtons noch als verschieden angesehene Kräfte entpuppten sich als Ausdrucksformen von elektromagnetischen Kräften im Inneren von Materie. Diese Kräfte machen sich bemerkbar

Kraft und Determinismus

Hauptartikel: Determinismus
Quadratische Abhängigkeit der Fallstrecke von der Fallzeit: Man sieht einen frei fallenden Ball im Licht von elf Stroboskopblitzen, die ihn im Abstand von je 0,05  Sekunden beleuchtet haben. Während der ersten 0,05  Sekunden durchfällt der Ball eine Längeneinheit (hier ungefähr 12  mm); innerhalb von 0,10  Sekunden vier Längeneinheiten; innerhalb von 0,15  Sekunden dann neun Längeneinheiten und so weiter, bis er nach 0,50  Sekunden hundert Längeneinheiten zurückgelegt hat.

Mit Hilfe der newtonschen Gesetze ist es möglich, aus einer gegebenen Ausgangssituation und den wirkenden Kräften die zeitliche Entwicklung eines physikalischen Systems vorherzusagen. Dies trifft nicht nur für einzelne Versuche im Labor zu, sondern im Prinzip auch auf das Universum als Ganzes. Diese Folgerung trug im 18. Jahrhundert zur Verbreitung eines deterministischen Weltbildes bei. Demnach wären alle Ereignisse grundsätzlich vorbestimmt, wenn auch die für eine Vorhersage erforderlichen Rechnungen in der Regel nicht praktisch durchführbar sind. Anfang des 20. Jahrhunderts stellte sich jedoch heraus, dass die Formeln der klassischen Physik auf der Ebene der Atome nicht anwendbar sind. Das aus den Formeln gefolgerte deterministische Weltbild musste daher in seiner ursprünglichen Form verworfen werden.[14]

Zusammenhang von Kraft und Arbeit

Hauptartikel: Arbeit

Durch das Wirken einer Kraft kann sich die Energie eines Körpers verändern. Ein Beispiel ist die Spannenergie beim Expander. Die beim Verschieben des Angriffspunktes einer Kraft um eine gewisse Wegstrecke übertragene Energie nennt man auch Arbeit und bezeichnet sie dann oft mit .

Will man eine bestimmte Arbeit mit geringerer Kraft leisten, so ist dies mit einem Kraftwandler möglich. Beispiele für Kraftwandler sind Flaschenzüge, Hebel oder Gangschaltungen. Jedoch verlängert sich der Weg, längs dem die Kraft ausgeübt werden muss. Wird beispielsweise durch Verwendung eines Kraftwandlers nur ein Viertel der ohne ihn erforderlichen Kraft benötigt, so ist dies mindestens mit einer Vervierfachung des Weges verbunden. Diese Konsequenz des Energieerhaltungssatzes ist in der »Goldenen Regel der Mechanik« beschrieben.

Wenn die Kraft konstant ist und in Richtung eines geradlinigen Weges der Länge wirkt, dann wird die aufzuwendende Arbeit durch die Beziehung

bestimmt. Falls die Kraft im Winkel schräg zur Strecke wirkt, lässt sich die Arbeit durch

berechnen. In dieser Gleichung ist der Vektor vom Startpunkt zum Endpunkt der Strecke. Insbesondere wird keine Arbeit geleistet, wenn die Kraft mit dem Weg einen rechten Winkel bildet: Das Tragen einer Last in der Ebene macht zwar müde, aber die Last nimmt dabei keine Energie auf.

Ganz allgemein ist die geleistete Arbeit das Kurvenintegral der Kraft entlang des zurückgelegten Wegs:

Dabei sind und die Ortsvektoren des Start- und des Endpunkts des Wegs.

Konservative und dissipative Kräfte

Hauptartikel: Konservative Kraft, Reibung und Dissipation

Wird der Expander, um beim obigen Beispiel zu bleiben, einseitig fixiert und das andere Ende im Raum bewegt, so ändern sich von Punkt zu Punkt systematisch Richtung und Betrag der Kraft. Sofern die Bewegungen langsam ausgeführt werden, sodass keine Schwingungen des Expanders angeregt werden, und unter Vernachlässigung innerer Reibung , ist die Kraft lediglich eine Funktion des Ortes (ein statisches Vektorfeld). Dabei entspricht jedem Ort ein bestimmter Spannungszustand des Expanders. Es kommt nicht darauf an, auf welchem Weg der Ort und der zugehörige Spannungszustand erreicht wurde. In solchen Fällen spricht man von einer konservativen Kraft. Arbeit, die gegen eine konservative Kraft verrichtet wurde, ist vom Weg unabhängig, sie hängt nur vom Anfangs- und Endpunkt ab. Insbesondere erhält man verrichtete Arbeit zurück, wenn man – auf demselben oder einem anderen Weg – den Ausgangspunkt wieder erreicht.

Der Wert des Wegintegrals einer konservativen Kraft von einem festen Bezugspunkt aus heißt potentielle Energie , manchmal auch kurz Potential, zur Unterscheidung siehe aber Potentiale und Potentialfelder im Hauptartikel. Oft ist es einfacher, von der potentiellen Energie ausgehend (in obigem Beispiel also von der im Expander gespeicherten Spannenergie) die Kraft als ihren negativen Gradienten

zu bestimmen, denn das Feld der potentiellen Energie ist nur ein Skalarfeld.

Dass an einem System geleistete Arbeit vollständig in potentielle Energie umgesetzt wird, ist in praktisch auftretenden Fällen nie erfüllt. Reibungskräfte müssen zusätzlich überwunden werden. Die gegen sie geleistete Arbeit wird in Wärme umgesetzt. Manchmal ist solche Dissipation erwünscht (Fallschirm, Fitnessgeräte, Motorbremse).

Kraft im Kraftfeld

Hauptartikel: Kraftfeld

Gegen den Expander im obigen Beispiel muss das schmächtige Kerlchen dieselbe Kraft aufwenden wie der Schwergewichtler. In der Disziplin Treppensteigen arbeiten beide gegen ihre jeweilige Gewichtskraft und in der Erdumlaufbahn würden beide einträchtig nebeneinander schweben. Bei der Beschreibung von Bewegungen in Kraftfeldern, wie hier dem Erdschwerefeld, ist es oft nützlich, von jener Eigenschaft des Körpers, zu der die Kraft proportional ist, zu abstrahieren. Diese Eigenschaft (hier die Masse des Sportlers) wird allgemein Ladung genannt. Die Abstraktion geschieht, indem das Vektorfeld der Kraft durch die Ladung geteilt wird. Das Resultat

wird Feldstärke genannt und beschreibt das Kraftfeld unabhängig von der Ladung des Probekörpers. Die Feldstärke g des Schwerefeldes wird auch Fallbeschleunigung genannt.

Das für konservative Kraftfelder existierende Skalarfeld der potentiellen Energie geteilt durch die Ladung ergibt das Potential des Kraftfeldes.

Zusammenhang von Kraft und Drehmoment

Hebelgesetz
Hauptartikel: Drehmoment

Das Drehmoment kann als Drehwirkung der Kraft aufgefasst werden. Es ist das Kreuzprodukt von Kraftarm und Kraft:

Dabei ist der Kraftarm der Ortsvektor vom Drehpunkt zum Punkt, an dem die Kraft angreift (Angriffspunkt). Das bedeutet, je größer der Abstand zwischen Drehpunkt und Angriffspunkt ist, desto größer ist das Drehmoment. Außerdem trägt nur die Komponente der Kraft zum Drehmoment bei, die senkrecht zur Strecke zwischen Drehpunkt und Angriffspunkt ist.

Drehmomente treten unter anderem bei der Zu- oder Abnahme der Drehzahl von drehbaren Körpern auf. Sie spielen dabei eine vergleichbare Rolle wie Kräfte bei der geradlinigen Bewegung. Analog zum Kräftegleichgewicht ist das Drehmomentengleichgewicht ein wichtiger Spezialfall.

Zusammenhang von Kraft und Druck

Hauptartikel: Druck

Wenn eine Kraft auf eine Fläche wirkt, so ist der dadurch erzeugte Druck der Betrag (die Vektorlänge) der auf dieser Fläche senkrechtstehenden Kraftkomponente pro Flächeninhalt :

Der Druck ist eine intensive Zustandsgröße thermodynamischer Systeme und zudem eine lineare Feldgröße. Dieses Konzept ist eine Vereinfachung des allgemeinen Spannungstensors.

Die Druckspannung ist im Gegensatz zum Druck keine skalare Zustandsgröße.

Trägheitskräfte bzw. Scheinkräfte

Hauptartikel: Trägheitskraft

Der Wechsel zwischen aristotelischer und newtonscher Auffassung der Kraft macht sich auch in der Bezeichnung „Scheinkraft“ (synonym dazu verwendet: Trägheitskraft) bemerkbar. Der Name „Scheinkraft“ kann irreführend sein; diese Kräfte sind durchaus messbar und rufen reale Wirkungen hervor. Die Bezeichnung rührt daher, dass sie nur in beschleunigten Koordinatensystemen auftreten und von einem Inertialsystem aus betrachtet nicht existieren. Ein geeigneter außenstehender Beobachter erklärt die Wirkungen einfach durch die Anwendung des Trägheitsprinzips ohne weitere Kräfte.

Ein anderer Zugang zum Begriff der Trägheitskraft ist mit dem d’Alembertschen Prinzip verbunden: Es wandelt – vereinfacht gesagt – das dynamische Problem des sich bewegenden Körpers durch die Einführung einer d'Alembertschen Trägheitskraft in ein statisches Problem um. Die technische Mechanik, in der das Prinzip sehr erfolgreich angewendet wird, spricht von einem »dynamischen Gleichgewicht«. Während manche Fachbücher diese d'Alembertsche Trägheitskraft als Gegenkraft im Sinne des Wechselwirkungsprinzips bezeichnen,[15] sehen andere Fachbuchautoren sie im Widerspruch zum Wechselwirkungsprinzip, da zu ihr keine Gegenkraft existiert.[16][17] Die Bezeichnung Scheinkraft wird auch damit begründet, dass die Trägheitskraft der Definition von Newton, was unter einer wirkenden Kraft zu verstehen ist,[18] nicht genüge.[19]

  • Wenn ein Auto durch eine Kraft abgebremst wird (Extremfall: Frontalaufprall), so wirkt diese Kraft nicht direkt auf den Fahrer. Gemäß dem Trägheitsprinzip wird sich der Fahrer also mit gleichbleibender Geschwindigkeit geradeaus bewegen, während das Auto sich verlangsamt. Erst durch die Rückhaltesysteme (Sicherheitsgurt und Airbag) werden Zwangskräfte auf den Fahrer ausgeübt, die ihn ebenfalls verlangsamen. Aus seiner Sicht wirkt nun eine nach vorn gerichtete Trägheitskraft, die ihn in Richtung der Windschutzscheibe befördert.
  • Der Sitz eines Kettenkarussells würde sich ohne Kraftwirkung durch die Kette geradeaus fortbewegen, nur durch die zum Mittelpunkt der durchlaufenen Kreisbahn gerichtete Zentripetalkraft kommt die Kreisbewegung zustande. Ein Mensch auf dem Sitz verspürt die Zentrifugalkraft (Fliehkraft) als Trägheitskraft.

Kraft in der Relativitätstheorie

Die spezielle Relativitätstheorie tritt an die Stelle der dynamischen Gesetze der klassischen Mechanik, wenn die betrachteten Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr vernachlässigbar sind. In der speziellen Relativitätstheorie muss der Impuls zum relativistischen Impuls verallgemeinert werden, die Kraft bleibt dann weiter aus berechenbar, aber der Impuls lässt sich nicht mehr durch die Beziehung berechnen. An die Stelle der newtonschen Beziehung »Kraft = Masse mal Beschleunigung«, , tritt die Gleichung

Die Kraft wird vielmehr zur Minkowskikraft („Viererkraft“) erweitert, die meist als geschrieben wird und aus dem Viererimpuls berechnet werden kann über mit der Eigenzeit und dem Lorentzfaktor

Diese Gleichung, die »Bewegungsgleichung der speziellen Relativitätstheorie für den Viererimpuls«, beschreibt beschleunigte Bewegungen in einem Inertialsystem. Zwischen und besteht der Zusammenhang wobei der räumliche Teil der Viererkraft ist; der neu hinzukommende zeitliche Teil beschreibt eine Energieänderung, genauer: (siehe Viererimpuls), sodass man auch vom Kraft-Leistung-Vierervektor spricht.

Die allgemeine Relativitätstheorie stellt eine Erweiterung des newtonschen Gravitationsgesetzes dar; sie enthält dieses als Grenzfall für hinreichend kleine Massendichten und Geschwindigkeiten. Ihre Grundlagen wurden maßgeblich von Albert Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt, sie beschreibt allgemein die Wechselwirkung zwischen Materie (Physik) (einschließlich Feldern) einerseits und Raum und Zeit andererseits.

Die Gravitationskraft wird in der allgemeinen Relativitätstheorie als geometrische Eigenschaft der gekrümmten vierdimensionalen Raumzeit verstanden: Energie, Impuls und Druck der Materie beeinflussen die Geometrie der Raumzeit, in der sie sich befinden. Dieser Einfluss lässt sich durch den Begriff der »Raumzeitkrümmung« beschreiben. Die räumlichen und zeitlichen Koordinaten werden als gleichberechtigt betrachtet, alle Änderungen werden nur mehr als geometrisches Problem behandelt. Materie, auf die eine Gravitationskraft ausgeübt wird, bewegt sich in der Raumzeit entlang einer Geodäte, also im naiven Sinn »geradeaus«. Die Gerade als Modell für die Geradeausbewegung des freien Körpers gibt es nur in ungekrümmten (also gravitationsfreien) Räumen.

Physikalisch entspricht die Bewegung entlang einer Geodäte dem freien Fall. Ein Großteil der Schwerkraft wird somit darauf zurückgeführt, dass der Erdboden durch die gegenseitige Abstoßung der Atome, aus denen die Erde besteht, relativ zu einem frei fallenden Gegenstand nach oben beschleunigt wird. Abgesehen von Gezeitenkräften verspürt ein Mensch auf dem Erdboden also fast die gleiche Kraft, als würde er in einer gleichmäßig beschleunigten Rakete stehen. Diese Gezeitenkräfte, die in jedem Gravitationsfeld herrschen, zeigen sich bei einem ausgedehnten Objekt als Verformungskräfte. Im Gravitationsfeld eines kugelförmigen Körpers (wie der Erde) ziehen die Gezeitenkräfte das Objekt in Fallrichtung in die Länge und schieben es senkrecht zur Fallrichtung zusammen. Gezeitenkräfte folgen direkt aus der Raumzeitkrümmung und sind besonders stark bei sehr massereichen Objekten wie einem schwarzen Loch.[20]

Kraft in der Quantenmechanik

Hauptartikel: Quantenmechanik und Austauschwechselwirkung

Bei der Wechselwirkung kleinster Teilchen liefern Experimente Ergebnisse, die der klassischen Mechanik widersprechen. Insbesondere sind bestimmte Phänomene quantisiert, das heißt, sie laufen nicht kontinuierlich ab, sondern treten nur in bestimmten Portionen auf – den sogenannten »Quanten«. Kräfte werden in der Quantenmechanik wie in der klassischen Mechanik durch Kraftfelder beschrieben, sind also nicht gequantelt. Allerdings können anziehende Kräfte eine Quantelung der möglichen Teilchenenergien bewirken. So sorgt die anziehende elektrische Kraft des Atomkerns dafür, dass die Elektronen im Atom nur bestimmte Energien haben können.

Es gibt quantenmechanische Effekte, die sich wie eine Kraft bemerkbar machen, aber nicht auf die Wirkung einer der Grundkräfte zurückzuführen sind. Beispielsweise ist das Pauli-Prinzip Ursache der Austauschwechselwirkung, die unter anderem zu der Abstoßung zwischen Atomen bei kleinen Abständen beiträgt.

Kraft in den Quantenfeldtheorien

Die zweite Quantisierung führt zu »Kraftteilchen«

Ab 1927 wurde versucht, die „Quantisierung“ nicht nur auf die ursprünglichen Objekte der Quantenmechanik, die Partikel, sondern auch auf Felder (z. B. das elektrische Feld) anzuwenden, woraus die Quantenfeldtheorien entstanden; man spricht auch von der »zweiten Quantisierung«. Die Quantisierung der Felder wird auch im Bereich der Festkörperphysik und in anderen Vielteilchentheorien angewandt.

In der Quantenfeldtheorie werden alle Kräfte auf den Austausch von virtuellen Bosonen zurückgeführt, diese Wechselwirkungsteilchen zu jeder der vier Grundkräfte sind sozusagen einzelne »Kraftteilchen«.

Konkrete Quantenfeldtheorien sind die Quantenelektrodynamik (diese beschreibt Elektronen, Positronen und das elektromagnetische Feld) und die Quantenchromodynamik (diese beschreibt die starke Kernkraft, also unter anderem den inneren Aufbau der Protonen und Neutronen). Außerdem wurde die schwache Kernkraft mit der Quantenelektrodynamik zur Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung zusammengeführt. Das elektroschwache Modell bildet mit der Quantenchromodynamik das sogenannte Standardmodell der Elementarteilchenphysik. Es enthält alle bekannten Teilchen und kann die meisten bekannten Vorgänge erklären. Das Schwerefeld (Gravitation) ist jedoch nicht enthalten, es existiert keine konsistente Theorie der Quantengravitation und es gibt noch weitere Defizite des Standardmodells. Allerdings wurde z. B. das sog. Higgs-Teilchen, das in der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung die Masse der „schwachen“ Eichbosonen W+, W und Z erklärt, 2012 vermutlich gefunden. Im Standardmodell fungieren Eichbosonen als Kraftteilchen zur Vermittlung von Wechselwirkungen. Da Kräfte durch Wechselwirkungsteilchen vermittelt werden, ist die Kraft quantisiert.

Vereinheitlichung der Grundkräfte

Kopplungskonstanten α als Funktion der Energie E ( starke, sch wache, elektro magnetische Wechselwirkung, Gravitation)

In der heutigen Physik werden meist vier Grundkräfte bzw. Wechselwirkungen unterschieden. Sortiert nach zunehmender relativer Stärke – als Maß dafür dient üblicherweise die Kopplungskonstante – sind das:

Eines der Ziele der Physik ist es, in einer »großen vereinheitlichten Theorie« alle Grundkräfte oder Wechselwirkungen in einem vereinheitlichten Gesamtkonzept zu beschreiben, wie in der Tabelle dargestellt. Dazu nimmt man an, dass diese Grundkräfte zum Zeitpunkt des Urknalls eine einzige Kraft waren, die sich infolge der Abkühlung in die einzelnen Kräfte aufspaltete.

Schritte zur Weltformel (Theory of everything)
Starke
Wechselwirkung
Elektrostatik Magnetostatik Schwache
Wechselwirkung
Gravitation
Elektromagnetische
Wechselwirkung
Quantenchromodynamik Quantenelektrodynamik Allgemeine
Relativitätstheorie
Elektroschwache Wechselwirkung Quantengravitation
Standardmodell
Große vereinheitlichte Theorie
Weltformel: Stringtheorie, M-Theorie, Schleifenquantengravitation
Anmerkung: Theorien in frühem Stadium der Entwicklung sind blau hinterlegt.

Auf diesem Weg gab es bereits Erfolge, beispielsweise bei der Zusammenfassung der elektromagnetischen Wechselwirkung und der magnetischen Wechselwirkung; Erscheinungen, die durch den Magnetismus und »magnetische Kräfte« beschrieben werden, sind erklärbar als relativistischer Nebeneffekt elektrischer Ströme. Ebenso ist es bereits gelungen, die elektromagnetische Wechselwirkung und die schwache Wechselwirkung in der Quantenfeldtheorie der elektroschwachen Wechselwirkung vereinheitlicht zu beschreiben. Es handelt sich daher nach dem gegenwärtigen Wissensstand streng genommen nur um drei verschiedene und voneinander unabhängige Grundkräfte.

Literatur

  • Wolfgang Nolting: Klassische Mechanik. In: Grundkurs Theoretische Physik. Bd. 1, 8. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-34832-0.
  • Richard P. Feynman: Feynman-Vorlesungen über Physik. Oldenbourg, München/Wien 2007, ISBN 978-3-486-58444-8.
  • Paul A. Tipler: Physik. 3. korrigierter Nachdruck der 1. Auflage. 1994, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin, 2000, ISBN 3-86025-122-8.
  • Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Mechanik – Akustik – Wärme. In: Lehrbuch der Experimentalphysik. Bd. 1, 12. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019311-4.
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Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer, u. a.: Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 1. Mechanik, Relativität, Wärme. 11. Auflage. de Gruyter, 1998, ISBN 978-3-11-012870-3., Abschnitt 4.1 Masse und Kraft.
  2. Günther Drosdowski, Paul Grebe: Das Herkunftswörterbuch. Die Etymologie der deutschen Sprache. Bd. 7. Dudenverlag, Mannheim 1963, ISBN 978-3-411-00907-7, S. 364.
  3. 1 2 3 Wolfgang Pfeifer (Leitung): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Ungekürzte, durchgesehene Ausgabe. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995. ISBN 3-05-000626-9; 7. Aufl. 2004, ISBN 3-423-32511-9 (Eine digitale Fassung dieses Wörterbuchs ist abrufbar im lexikalischen Informationssystem: www.dwds.de).
  4. Philosophiae Naturalis Principia Mathematica (1687), deutsche Ausgabe Mathematische Prinzipien der Naturlehre. Übersetzt und erläutert von Jacob Philip Wolfers, Oppenheim, Berlin 1872. (Unveränderter Nachdruck Minerva, 1992, ISBN 3-8102-0939-2).
  5. Hans Peter Sang: Geschichte der Physik. Klett, Stuttgart 1999, ISBN 3-12-770230-2, S. 7.
  6. Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harri Deutsch, Thun, Frankfurt a. M. 1995, ISBN 3-8171-1379-X, S. 77.
  7. Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harri Deutsch, Thun, Frankfurt a. M. 1995, ISBN 3-8171-1379-X, S. 209.
  8. Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harri Deutsch, Thun, Frankfurt a. M. 1995, ISBN 3-8171-1379-X, S. 262.
  9. In diesem Zusammenhang wurde zeitweise nicht die Masse, sondern die Kraft als Grundgröße benutzt und die jeweils andere Größe als „abgeleitete Größe“ bezeichnet: Man verwendete damals als Grundgröße die Krafteinheit „1 Kilopond“ statt der vorher und nachher üblichen Masseneinheit „1 Kilogramm“, indem man für die entsprechenden Gewichtskräfte per Gesetz Messverfahren zur Eichung vorschrieb.
  10. Artikel über Grenzflächenphysik auf: wissenschaft-online.de.
  11. S. Knünz, M. Herrmann, V. Batteiger, G. Saathoff, T. W. Hänsch, K. Vahala, Th. Udem: Injection locking of a trapped-ion phonon laser. In: Physical Review Letters. 105, 2010, 013004.
  12. International Bureau of Weights and Measures (Hrsg.): The international system of units. U.S. Dept. of Commerce, National Bureau of Standards, 1977, ISBN 0-7456-4974-2, S. 17 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. H. Schrecker: Der Weg zum physikalischen Kraftbegriff von Aristoteles bis Newton. In: Naturwissenschaften im Unterricht Physik/Chemie. 36, Nr. 34, 1988, (gekürzte Fassung im Webarchiv).
  14. Carl Hoefer: Causal Determinism. Artikel in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch).
  15. Hans J. Paus: Physik in Experimenten und Beispielen. S. 33, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  16. Dietmar Gross, Werner Hauger, Jarg Schrader, Wolfgang A. Wall: Technische Mechanik: Band 3: Kinetik. 10. Auflage. Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, S. 191 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche „Wir schreiben nun F-ma=0 und fassen das negative Produkt aus der Masse m und der Beschleunigung a formal als eine Kraft auf, die wir […] D'alembertsche Trägheitskraft FT nennen: FT=-ma. Diese Kraft ist keine Kraft im Newtonschen Sinne, da zu ihr keine Gegenkraft existiert (sie verletzt das Axiom actio=reactio!); wir bezeichnen sie daher als Scheinkraft.“).
  17. Rolf Isermann: Mechatronische Systeme: Grundlagen. 2. Auflage. Gabler Wissenschaftsverlage, 2004, ISBN 3-540-32336-8, S. 124 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. Bruno Assmann, Peter Selke: Technische Mechanik Band 3: Kinematik und Kinetik. 15. Auflage. Oldenbourg Verlag, 2010, ISBN 3-486-59751-5, S. 246 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche „Newton hat als erster versucht, die Physik systematisch aufzubauen. An den Anfang seines (…) Hauptwerkes (…) stellt er vier Definitionen: (…) Definition 4: Eine wirkende Kraft ist das gegen einen Körper ausgeübte Bestreben, seinen Bewegungszustand zu ändern, entweder den der Ruhe oder den der gleichförmigen geradlinigen Bewegung.“).
  19. Bruno Assmann, Peter Selke: Technische Mechanik Band 3: Kinematik und Kinetik. 15. Auflage. Oldenbourg Verlag, 2010, ISBN 3-486-59751-5, S. 246 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. Norbert Dragon: Geometrie der Relativitätstheorie. Vorlesungsskript (PDF; 2,36 MB), abgerufen am 15. Juli 2014.

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