Lotte Lehmann
Charlotte „Lotte“ Lehmann (* 27. Februar 1888 in Perleberg, Kreis Westprignitz; † 26. August 1976 in Santa Barbara, Kalifornien) war eine deutschamerikanische Opernsängerin (Sopran).
Sie gehörte neben Erna Berger, Elisabeth Grümmer, Hilde Güden, Martha Mödl und Elisabeth Schwarzkopf zu den herausragenden deutschen Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts und war auch als Schriftstellerin und Malerin bekannt.
Leben
Jugend und Ausbildung
Lotte Lehmann wurde in Perleberg in der preußischen Provinz Brandenburg geboren und wuchs in dem Haushalt eines kleinen Beamten auf. Ihr Vater sang im Perleberger Gesangverein. Stimmliche Begabung war in der Familie Lotte Lehmanns offensichtlich vorhanden; eine früh verstorbene Tante soll nach der Familienüberlieferung die Stimme eines Engels gehabt haben. Schon als Schülerin trat Lotte Lehmann in der Aula ihrer Schule auf. Ihr Vater stellte sich aber einen „ordentlichen“ Beruf für sie vor, er dachte vor allem an „Lehrerin“. Sie bewies Willensstärke und Zielstrebigkeit in ihrem Wunsch, Sängerin zu werden. In dem Gutsbesitzer Konrad Gans Edler Herr zu Putlitz aus dem nahen Groß Pankow, einem ausgewiesenen Freund der Musik und der Künste, fand die junge Lotte Lehmann einen wichtigen Förderer. Sie bestand die Aufnahmeprüfung an der Berliner Königlichen Hochschule für Musik mit der Arie Siébels aus Gounods Faust und der Arie „Jerusalem“ aus Mendelssohn Bartholdys Paulus.
Später wechselte sie auf die private Gesangsschule der Etelka Gerster, jener berühmten Koloratursopranistin, die Verdi persönlich noch protegiert hatte, ernsthafte Rivalin von Adelina Patti gewesen war, aber scheiterte.
Sängerin
Nach dem Studium bei Mathilde Mallinger in Berlin begann Lehmann ihre Bühnenlaufbahn als Sängerin im Herbst 1910 an der Hamburger Oper und debütierte als zweiter Knabe in der Zauberflöte.
1914 wurde die Preußin Lehmann zum gefeierten und geliebten Star der Wiener Hof- und später der Staatsoper. 1916 etablierte sie sich dort in der Zweitfassung der Ariadne auf Naxos, auf Wunsch von Strauss und Schalk. Während des langjährigen Engagements in Wien bis 1938 wuchs sie zur weltbekannten Wagner- und Strauss-Sängerin heran. Sie gastierte in Salzburg, Paris, London, Buenos Aires, Chicago, San Francisco und New York City. 1926 wurde ihr der Titel Österreichische Kammersängerin verliehen, 1928 wurde sie zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt.
Da sie nach 1933 nicht der Forderung Hermann Görings folgte, sich als weltberühmte Sängerin in den NS-Kunstbetrieb einzureihen, wurden ihr Auftritte während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland unmöglich gemacht. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich emigrierte sie, wie viele andere Künstler, in die Vereinigten Staaten, wo sie unter anderem auch als Regisseurin wirkte. Von 1934 bis 1945 wurde die Metropolitan Opera in New York der Mittelpunkt ihres Künstlerlebens.
1951 verkündete sie während eines Konzerts in der New Yorker Town Hall das Ende ihrer Bühnenkarriere. Danach arbeitete sie als Gesangslehrerin zuerst in New York und später in Santa Barbara, Kalifornien. Ihre wohl bedeutendste Schülerin aus jener Zeit war die Sopranistin Grace Bumbry. Auch Marilyn Horne und Judith Beckmann wurden von ihr unterrichtet. 1963 erhielt Lotte Lehmann den Ehrenring der Stadt Wien, 1964 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
Tod
Im August 1976 verstarb sie in Santa Barbara. Am 24. Februar 1977 wurde sie auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 C, Nummer 49) in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt. Damit ging ihr Wunsch in Erfüllung, in Wien ihre letzte Ruhestätte zu finden, wo sie die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht hatte. Auf ihrem Grabstein wurde ein Zitat des Komponisten Richard Strauss eingraviert: „Sie hat gesungen, daß es Sterne rührte.“
Leo Slezak beschrieb sie folgendermaßen: „Sie besaß das Geheimnis, das einzige Geheimnis, das wir haben: Herz. Ein Ton, der aus dem Herzen kommt, geht dem Hörer zu Herzen, vielleicht weiß er nicht einmal, was eigentlich ihm solche Freude bereitet, was ihn so zufrieden und glücklich macht.“
Lotte Lehmann hinterließ zahlreiche Schallplatten; die ersten erschienen bei Pathé (Berlin 1914), dann bei Grammophon (Berlin 1916–21), Odeon (Berlin 1924–33), Electrola (Wien 1933; Auszüge aus dem "Rosenkavalier" sowie 1935 der 1. Akt und Szenen aus dem 2. Akt der "Walküre"), Victor (New York 1935–40 und 1947–49) sowie Columbia (New York 1941–42).
Ehrungen und Gedenken
1970 wurde in Salzburg-Aigen die Lotte-Lehmann-Promenade nach ihr benannt und 1996 in Wien-Donaustadt (22. Bezirk) der Lotte-Lehmann-Weg.
Auf dem Hollywood Walk of Fame wurde ihr ein Stern vergeben, zu finden in Höhe 1735 Hollywood Blvd. Fälschlicherweise wird ihr Vorname dort „Lottie“ geschrieben.
Seit 2009 veranstaltet die Lotte Lehmann Akademie in ihrer Geburtsstadt Perleberg verschiedene Sommerkurse für Sängerinnen und Sänger.[1]
Am 17. August 2020 wurde durch den Künstler Gunter Demnig vor dem Haus für Mozart in Salzburg ein Stolperstein für Lotte Lehmann verlegt.
Werke
- Verse in Prosa. Hugo Heller-Bukum-A.G., Wien 1923
- Orplid, mein Land. Roman. Reichner, Wien u. a. 1936
- Anfang und Aufstieg. Lebenserinnerungen. Reichner, Wien u. a. 1937
- More than Singing. The Interpretation of Songs. Boose & Hawkes, London 1945
- My Many Lives. Boose & Hawkes, New York 1948
- Singing with Richard Strauss. Hamilton Books, London 1964
- Midway in my Song. Autobiography. Greenwood Press, Westport, Conn. 1970
Literatur
- Christian Fastl: Lehmann, Lotte. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
- Beaumont Glass: Lotte Lehmann. A Life in Opera and Song. Capra Press, Santa Barbara, Calif. 1988, ISBN 0-88496-277-6.
- Alan Jefferson: Lotte Lehmann. Eine Biografie. Schweizer Verlagshaus, Zürich 1991, ISBN 3-7263-6632-6.
- Michael H. Kater: Never Sang for Hitler. The Life and Times of Lotte Lehmann, 1888–1976. Cambridge University Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-87392-5.
- Kathy H. Brown, "Lotte Lehmann in America: Her Legacy as Artist Teacher" (Missoula, Montana: The College Music Society, 2012)
- Gary Hickling, „Lotte Lehmann & Her Legacy: Volume I - IX“ (Apple iBook, 2015–2021)
Weblinks
- Werke von und über Lotte Lehmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lotte Lehmann in der Internet Movie Database (englisch)
- The Lotte Lehmann League (englisch)
- Diskografie bei discogs.com
- Lehmann, Lotte cantabile-subito, reich bebilderte Biografie (englisch)
- Lotte Lehmann im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Filmporträt, ZDF/ORF 1995 bei YouTube (45:29 Min.)
Einzelnachweise
Personendaten | |
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NAME | Lehmann, Lotte |
ALTERNATIVNAMEN | Lehmann, Charlotte |
KURZBESCHREIBUNG | deutschamerikanische Opernsängerin (Sopran) |
GEBURTSDATUM | 27. Februar 1888 |
GEBURTSORT | Perleberg, Kreis Westprignitz, Provinz Brandenburg |
STERBEDATUM | 26. August 1976 |
STERBEORT | Santa Barbara, Kalifornien |
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Grab von Lotte Lehmann auf dem Wiener Zentralfriedhof, Gruppe 32 C Nr. 49 (Dez. 2014) | Eigenes Werk | Susanne Wosnitzka | Datei:Grab von Lotte Lehmann auf dem Wiener Zentralfriedhof, Gruppe 32 C Nr. 49 (Dez. 2014).jpg | |
Undine (Lortzing) , Schallplatte von Lotte Lehmann | Eigenes Werk | Autor/-in unbekannt Unknown author | Datei:Lehmann, Lotte.jpg | |
Photo of Lotte Lehmann as Micäela in Bizet’s "Carmen", 1915 | Photograph of a photo | Autor/-in unbekannt Unknown author | Datei:Lehmann-Micaela-1915.jpg | |
Lotte Lehmann (1888–1976), amerikanische Opernsängerin deutscher Herkunft (Sopran). (Aus dem Bildnisalbum zur Beethoven-Zentenar Feier.) | ÖNB, Bildarchiv Austria , Inventarnummer Pb 580.555-F 566 ( https://www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_iBildID=10452898 ) | Georg Fayer | Datei:Lotte Lehmann (1888–1976) 1927 © Georg Fayer (1892–1950) OeNB 10452898.jpg | |
Stolperstein für Lotte Lehmann | Christian Michelides | Christian Michelides | Datei:Stolperstein für Lotte Lehmann (Salzburg-Altstadt).jpg |