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vom 18.06.2022, aktuelle Version,

Mittenwaldbahn

Innsbruck Westbf–Garmisch-Partenkirchen
Strecke der Mittenwaldbahn
Streckennummer (DB): 5504
Streckennummer (ÖBB): 351 01
Kursbuchstrecke (DB): 960
Kursbuchstrecke (ÖBB): 410
Streckenlänge: 56,116 km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse: D4
Stromsystem: 15 kV / 16,7 Hz ~
Maximale Neigung: 38 
Minimaler Radius: 200 m
Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h
Zugbeeinflussung: PZB
Arlbergbahn von Innsbruck Hbf
0,000 Innsbruck Westbf
Arlbergbahn nach Bludenz
0,800 Inn-Viadukt; 230,5 m Stahl/Stein
1,200 Innbrücke; 108,4 m Stahl
1,782 Innsbruck Hötting
2,200 Tiroler Straße; 38 m Stahl
3,739 Allerheiligenhöfe 631 m ü. A.
5,025 Kerschbuchtunnel (214,23 m)
5,618 Kranebitterklammtunnel (34,65 m)
5,718 Kranebitten 697 m ü. A.
5,800 Klammbach-Brücke; 34 m Beton
7,004 Lawinenschutzgalerie (66 m)
7,206 Martinswand
7,370 Hechenbergtunnel (26,02 m)
Steinschlaggalerie (15 m[1])
7,900 Meilbrunnen-Brücke; 15 m Beton
8,500 Finstertal-Viadukt; 54 m Beton
8,922 An der Wand I Tunnel (109 m)
9,048 An der Wand II Tunnel (202 m)
9,250 Galerie Martinswand (228 m)
9,477 Martinswandtunnel (1.810,23 m)
11,477 Ehnbachtunnel (347,22 m)
11,898 Brunntaltunnel (99,30 m)
12,713 Hochzirl 922 m ü. A.
13,139 Vorberg I Tunnel (147,77 m)
13,303 Vorberg II Tunnel (97,65 m)
13,564 Vorberg III Tunnel (46,82 m)
13,700 Vorberg-Viadukt; 117 m Beton
14,005 Vorberg IV Tunnel (43,62 m)
14,207 Schloßbachtunnel (721,52 m)
14,900 Schlossbachgrabenbrücke; 66 m Stahl
15,069 Pflegertaltunnel (31,77 m)
15,100 Pflegertal-Brücke; 18,5 m Beton
15,137 Fragensteintunnel (394,62 m)
15,600 Lehnen-Viadukt; 28 m Beton
15,800 Kaiserstand-Viadukt; 46,8 m Beton
16,783 Leithen
17,817 Leithener Tunnel (84,29 m)
18,200 Gurgelbach-Viadukt; 75,4 m Beton
18,835 Reith 1120 m ü. A.
20,500 Hermelebach-Viadukt; 20 m Beton
21,001 Anschlussbahn (Awanst Unterwerk Seefeld)
22,427 Seefeld in Tirol 1182 m ü. A.
24,943 Seefeld Play Castle
29,226 Gießenbach in Tirol 1019 m ü. A.
29,400 21,3 m Stahl
32,100 26,6 m Stahl
32,491 Scharnitz 964 m ü. A.
33,160
123,527
Staatsgrenze Österreich / Deutschland
118,540 Mittenwald 914 m ü. NN
112,249 Klais 933 m ü. NN
107,334 Kaltenbrunn (Oberbay)
(PV bis 2. Juni 1984)
855 m ü. NN
102,500 Kainzenbad
(bei Veranstaltungen, bis 1984 planmäßig)
Außerfernbahn von Kempten
Zugspitzbahn von der Zugspitze
Garmisch (Zugspitzbahnhof)
100,551 Garmisch-Partenkirchen 708 m ü. NN
nach München

Die Mittenwaldbahn, auch Karwendelbahn genannt,[2][3] ist eine durchgehend eingleisige und elektrifizierte Eisenbahnstrecke in den österreichischen und deutschen Alpen. Sie verbindet Innsbruck über Seefeld (beide in Tirol, Österreich) mit Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen (beide in Bayern, Deutschland).

Die Mittenwaldbahn wurde in den Jahren 1910 bis 1912 als elektrische Lokalbahn von den Ingenieuren und Bauunternehmern Josef Riehl und Wilhelm Carl von Doderer auf Kosten der von ihnen gegründeten Mittenwaldbahn AG erbaut und umfasste unter dieser Bezeichnung sowohl die Verbindung zwischen Reutte und Garmisch-Partenkirchen (Streckenteil Außerfernbahn) als auch die zwischen Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck (Streckenteil Karwendelbahn). Die Strecke wurde am 26. Oktober 1912 feierlich eröffnet;[4] am 28. Oktober 1912 wurde der Publikumsverkehr aufgenommen[5] und gemeinsam von den Staatsbahnen Österreichs und Bayerns betrieben.

Sie war eine der ersten mit hochgespanntem einphasigem Wechselstrom betriebenen Bahnen. Dadurch hatte sie großen Einfluss auf die Normen des elektrischen Bahnbetriebes in Mitteleuropa. Als Mittenwaldbahn wird heutzutage nur noch der Streckenteil zwischen Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck bezeichnet, der zusammen mit der Außerfernbahn das jenseits des Fernpasses gelegene Außerfern an Tirol anbindet.

Geografie

Übersicht der Streckenführung und des Höhenprofils von 1913

Die Karwendelbahn führt überwiegend in Süd-Nord-Richtung zwischen mehreren Teilgebirgen der Nördlichen Kalkalpen hindurch. Im Süden verläuft sie aus dem Inntal von Innsbruck kommend unter anderen über Hochzirl und vorbei am Zirler Berg über den Seefelder Sattel nach Seefeld, das zwischen Mieminger Gebirge und Wettersteingebirge im Westen und der Erlspitzgruppe des Karwendelgebirges im Osten liegt.

Von dort führt sie zwischen der Nördlichen Karwendelkette im Osten und Arnspitzgruppe im Westen durch die Talenge von Scharnitz und die Grenze Österreich–Deutschland nach Mittenwald; ab Scharnitz führt sie ein Stück entlang des Oberlaufs der Isar. Danach knickt sie nach Westen ab, wobei sie zwischen Wettersteingebirge im Süden und Estergebirge im Norden nach Garmisch-Partenkirchen führt.

Bemerkenswert an der Trassenführung der Karwendelbahn ist die lange tunnelreiche Hanglehnenstrecke bis zur Martinswand, zwischen den Haltestellen Kranebitten und Hochzirl, wobei durch die Felswand der Martinswandtunnel (1810,23 m) als längster Tunnel der Strecke führt. Etwas nordwestlich von Hochzirl ist die Strecke in der Südflanke des Rauenkopfs und Südwestflanke des Brunstkopfs, den Schlossbach kreuzend, als langgestreckte Kehre mit Brücken und Tunneln angelegt. Unweit südwestlich dieser Kehre passiert sie den Zirler Berg.

Geschichte

Anleihe zur Finanzierung des österreichischen Teils der Mittenwaldbahn, Innsbruck, 1912
Karwendelbahn auf dem Abschnitt Seefeld–Innsbruck

Ideen, Planungen und Errichtung

Der Ingenieur und Bauunternehmer Josef Riehl hatte bereits Ende der 1880er Jahre dem k.k. Ministerium für Handel und Volkswirthschaft[Anm. 1] ein Projekt vorgelegt, welches eine Trassierung von Innsbruck zuerst nach Hall und dann nach einer Kehre vorwiegend in Tunneln bis nach Seefeld vorsah. Um den Auftrag für dieses Vorhaben zu erhalten, nahm er jahrelange Auseinandersetzungen um die Finanzierung des Projekts in Kauf und riskierte hunderttausende Kronen für Vorauslagen, ohne Garantie diese je wieder zurückzuerhalten. Im Staatsvertrag von Österreich-Ungarn mit Bayern vom 22. November 1904 wurde auch die Mittenwaldbahn berücksichtigt. Die Pläne für das Teilstück Innsbruck–Reith waren 1907 fertig.[6] Streitigkeiten gab es mit den Befürwortern einer Fernbahn längs des Fernpasses zwischen Reutte im Außerfern und Imst im Inntal, die den Umweg über Garmisch-Partenkirchen erspart hätte.[6] Als Riehl endlich die Zustimmung der Behörden für den Bau der Mittenwaldbahn auf der österreichisch-ungarischen Seite der Grenze erhalten hatte[7], bildete er für die Bauausführung eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Ingenieur und Bauunternehmer Wilhelm Carl von Doderer. Die Bauleitung oblag von Seiten Riehls Ing. Karl Innerebner und auf Seiten von Doderers Ing. August Mayer. Der Auftrag umfasste alle für den Betrieb der Bahn notwendigen Einrichtungen. Neben dem Trassenbau, also auch der Grunderwerb, der Fuhrpark, die elektrischen Einrichtungen und das Kraftwerk am Ruetzbach. Als nicht zu überschreitenden Pauschalpreis erhielten die Bauunternehmer Riehl und von Doderer 24.401.700 Kronen. Sie trugen somit alleine das Risiko möglicher Kostenüberschreitungen.

Gemessen an ihrer Länge gehörte die Mittenwaldbahn wegen der vielen Tunnelbauten zu den seinerzeit teuersten Bahnprojekten. Sie wurde von Anfang an für den elektrischen Betrieb geplant. Für die Energieversorgung wurde in der Nähe der Stephansbrücke im Stubaital das Ruetzkraftwerk gebaut, welches zweimal 4000 Pferdestärken lieferte. Erst in der weiteren Folge sollte der bayerische Streckenteil durch das Kraftwerk Walchensee versorgt werden, welches allerdings erst 1924 fertiggestellt wurde. Die Bauarbeiten im österreichischen Teil begannen am 10. März 1910 mit dem Anschlag des Martinswandtunnels. Trotz aller Herausforderungen, konnte die Mittenwaldbahn auf dem Gebiet Österreich-Ungarns in der bemerkenswert kurzen Zeit von etwa zwei Jahren errichtet werden.

Der bayerische Teil zwischen Garmisch und Mittenwald geht zurück auf einen 1896 vom Magistrat Mittenwald an die Lokalbahn Aktien-Gesellschaft in München ergangenen Auftrag zur Ausarbeitung eines Bahnprojekts, betreffend die Weiterführung der Localbahn Murnau–Garmisch–Partenkirchen nach Mittenwald.[8]

Inbetriebnahme und Betrieb bis zum Zweiten Weltkrieg

Diese Strecke wurde am 1. Juli 1912 in Betrieb genommen, allerdings entgegen dem Plan vorerst mit Dampflokomotiven, da weder das Kraftwerk noch die Elektrolokomotiven fertig geworden waren. Auf österreichischer Seite wurde ab 28. Oktober 1912 sofort mit elektrischem Antrieb gefahren. In Bayern konnte erst am 25. April 1913 auf Elektrotraktion umgestellt werden. Bis 1923 wurde die Strecke noch mit einer Frequenz von 15 Hz betrieben.

Die Verbindung bis zum Innsbrucker Hauptbahnhof erfolgte ebenfalls erst im Jahr 1913.[9]

Die Betriebsführung erfolgte grenzüberschreitend durch die jeweiligen Staatsbahnen, die österreichische Bahn war für die Strecke Innsbruck–Garmisch, die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen beziehungsweise ihre Nachfolger für die Strecke von Garmisch nach Reutte zuständig. 1935 wurde die Strecke auch Eigentum der jeweiligen Staatsbahn.

Anfang der 1930er Jahre erhoffte man sich, den Fremdenverkehr auf der Mittenwaldbahn durch den Einsatz von Aussichtswagen zu beleben. Für diese offenen Sommerwagen, die wegen des Oberleitungsbetriebs mit einem Schutzgitter ausgestattet waren, wurden die Untergestelle zweier ehemaliger Wiener Stadtbahnwagen herangezogen. Sie wurden 1932 in der Hauptwerkstätte St. Pölten umgebaut.[10]

In der ersten österreichischen Republik gehörte die Strecke in den Zuständigkeitsbereich der Bundesbahndirektion Innsbruck. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 firmierte diese kurzfristig als Reichsbahndirektion Innsbruck, bevor sie bereits zum 15. Juli 1938 aufgelöst wurde. Die Strecke wurde der Reichsbahndirektion München unterstellt.[11] Nach 1945 wurde die ÖBB wieder gegründet, die Direktionsstruktur aus der Zeit vor 1938 wieder eingerichtet, auch die Bundesbahndirektion Innsbruck.

Im Zweiten Weltkrieg verhinderten die starken Gefälle und die kurzen Bahnhöfe eine starke Einbindung in die Nachschubtransporte. 1945 wurde die Mittenwaldbahn von den Alliierten als strategisch wichtig eingeschätzt, und insgesamt sechs Luftangriffe gegen das Gurglbachtalviadukt geflogen. Auch die Innbrücke in Innsbruck war mehrmals Ziel von Luftangriffen.

Erneuerung

1950 kam es im Winter zu einem Lawinenabgang in der Ausweiche Martinswand, bei der eine Lokomotive komplett verschüttet wurde. Mit tatkräftiger Hilfe französischer Besatzungssoldaten konnte die Bahn wieder freigeschaufelt werden. 1968 wurde die Stelle durch die Errichtung eines Lawinenschutzdaches wieder sicher gemacht.

Für die Olympischen Winterspiele 1964 wurde in Seefeld ein neuer Bahnhof erbaut und 105 Sonderzüge transportierten während der Spiele 53.000 Reisende.[12] Mit der Abhaltung der Olympischen Winterspiele 1976 in Innsbruck und Seefeld war auf der Mittenwaldbahn erneut mit starkem Fahrgastaufkommen zu rechnen, und alle Bahnhöfe wurden mit elektrischen Lichtsignalen ausgestattet. Auch der Oberbau wurde verändert, sodass nun sowohl Lokomotiven der DB als auch der ÖBB die Strecke befahren konnten. Aufgrund der seinerzeit reichlich bemessenen Brückenstatik konnten sie es sogar in Doppeltraktion tun. So wurden die Olympischen Winterspiele problemlos bewältigt, ebenso die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld 1985.

In den 1980er Jahren, als in Innsbruck viele Straßen verbreitert wurden, wurde es nötig, die Strecke, welche Innsbruck in Hochbauweise durchquert, teilweise neu zu bauen, besonders die Brücken.

Trotz des Lawinenschutzdaches in der Ausweiche Martinswand werden dort am 18. Juni 2011 die ersten beiden Wagen des ICE-Triebzugs 1171, der als ICE 1207 verkehrte, von einer Mure erfasst und entgleisten. Keiner der 25 Fahrgäste wurde ernsthaft verletzt.[13][14]

Im August 2013 wurden die Gleisanlagen generalsaniert: das bestehende Gleis wurde abgetragen, die Untergrund-Tragschicht erneuert sowie das Schotterbett gereinigt und neu aufgebracht. Danach wurden die Gleise maschinell neu verlegt. Streckenweise wurde eine neue Fahrleitung mit Fahrleitungsmasten errichtet, auch die Tunnel wurden gereinigt und erhielten innen eine neue Spritzbetonschale. Zusätzlich wurde die Sicherungsanlage modernisiert und digitaler Zugfunk installiert.[15][3][16]

Im Vorfeld der Nordischen Skiweltmeisterschaften 2019 wurde der Bahnhof Seefeld in Tirol vollständig barrierefrei umgebaut. Unter Erhalt des denkmalgeschützten Empfangsgebäudes wurden die vormalig drei Bahnsteigkanten auf zwei jeweils 245 m sowie 275 m lange Außenbahnsteige reduziert, wobei eine Mittelweiche das gleichzeitige Wenden und Kreuzen weiterhin ermöglicht. Die Eröffnung des sanierten Bahnhofs erfolgte am 10. Dezember 2018.[17][18][19][20]

Am 18. April 2022 beginnen Bautätigkeiten, um einen Teil der Bögen des Inn-Viadukts in Innsbruck durch einen Nachbau zu ersetzen.[21]

Zukunft

In Garmisch-Partenkirchen ist geplant, den Haltepunkt Kainzenbad, der seit 1984 nur noch für das Neujahrsspringen genutzt wird, dauerhaft zu reaktivieren. Der neue Bahnsteig soll allerdings südöstlich des alten Haltepunktes auf der anderen Seite der Gleise errichtet werden, um das Skistadion und das Klinikum Garmisch-Partenkirchen besser zu erschließen. Die Kosten der Reaktivierung würde die Deutsche Bahn übernehmen, falls eine noch zu erstellende Studie zum Schluss kommt, dass pro Tag 100 Zustiege erreicht werden.[22]

Streckenführung

Bahnanlagen im Raum Innsbruck
Schlossbachgrabenbrücke

Innsbruck – Scharnitz

Die Karwendelbahn besticht durch kühne Streckenführung, geplant vom Ingenieur Josef Riehl. Viele Brückenbauwerke ähneln in ihren Abmessungen der Schweizer Albulabahn. Während dort jedoch auf Naturstein zurückgegriffen werden konnte, musste in Tirol Beton verwendet werden. Auch die Tunnelwölbungen mussten betoniert werden, weil das Gestein zersprang. Der kleinste Kurvenradius der Mittenwaldbahn beträgt 200 m, die Maximalsteigung liegt mit 38 Promille noch deutlich höher als die 31 Promille der Arlbergbahn oder die 26 Promille der Brennerbahn.

Die Strecke verlässt am Westbahnhof nordwärts die Arlbergbahn, überquert den Inn in Hötting auf einer Stahlbrücke und wird über den Talboden im Stadtgebiet als angedämmte Hochbahn geführt. Noch in Hötting – auf der Distanz von 19,2 km muss nun der Höhenunterschied von hier auf 580 m ü. A. bis zum Seefelder Sattel auf 1185 m bewältigt werden – nach Überbrückung der Kranebitter Allee wendet sie sich wieder am Bergfuß der Nordkette westwärts und nimmt nun sofort den Charakter einer steil ansteigenden Hanglehnenstrecke mit zahlreichen Kunstbauten, darunter dem Finstertal-Viadukt, an.

Im März 1910 wurde der erste Spatenstich in der sagenumwobenen Martinswand am Hechenberg getan, die mittels des Martinswandtunnels in den Ehnbachgraben hinein hinterfahren wird. (Der Bau des Tunnels in der Martinswand war besonders aufwändig, weil allein für den Betrieb der Baumaschinen eine 17 km lange Hochspannungsleitung aus Innsbruck verlegt werden musste. Benzinlokomotiven brachten das Gestein zu den Halden. Eindringendes Wasser unterbrach die Bauarbeiten an der Westseite des Tunnels, eine elektrische Pumpanlage musste aufgestellt werden. Die Wohnbaracken an der Ostseite mussten aufgrund von Platzmangel weit unterhalb am steilen Rand angelegt werden. Eine Standseilbahn musste gebaut werden, die Arbeiter und Material aus dem Inntal zur Baustelle beförderte.) Nach Querung des Ehnbachs geht es an der westlichen, steilen Grabenseite mittels einiger Kunstbauten weiter bergan bis zum Bahnhof Hochzirl.

Die Trasse umfährt nun weiter die Abhänge des Brunstkopfs nördlich in den Schlossbachgraben hinein, der dann mittels Kunstbauten (samt der berühmten eisernen Bogenfachwerkbrücke Schlossbachgrabenbrücke[23] mit einer Höhe von rund 60 m und einer Länge von 66 m) im Gefüge einer Kehrschleife gequert wird. Die vorhin erwähnte schroff ins Inntal abfallende Martinswand und der zerklüftete Schlossbachgraben stellten die größten baulichen Herausforderungen dar. Weiter geht es im Schlossbachgraben an den Abhängen des westlich anschließenden Durschkopfs mit Hangviadukten und der Kaiserstandviadukt unterhalb der Ruine Fragenstein und – nach der Schleife – nordwestwärts Richtung Haltestelle Leithen. Dabei rückt die B177 immer näher vom Zirler Berg her an die Bahnlinie heran. Der Gurglbach wird mit dem gleichnamigen Viadukt in Reith passiert und nach Reith wird die Streckenführung über dem Graben des Niederbachs etwas ruhiger, da man das vergleichsweise flache Sattelterrain von Seefeld mit dem Kulminationspunkt der Strecke auf 1185 m ü. A. erreicht. Im Anschluss fällt die Strecke mit bis zu 30 Promille weiter nach Bayern hinein.

Über dem Seebach und dem Drahnbachgraben geht es dann an den westlichen Abhängen des Seefelder Jochs bzw. des Schlagkopfs wieder parallel zur B177 bergab bis bei Gießenbach der Talboden des Gießenbachs an seinem östlichen Hangfuss erreicht ist. Das kleine Becken von Scharnitz wird durchfahren und dabei die aus dem Karwendel kommende junge Isar überbrückt. Mit der Scharnitzer Klause, einer Talenge, ist auch die Staatsgrenze nach Deutschland erreicht.

Scharnitz – Garmisch

Am Talboden geht es nunmehr im Isartal bis Mittenwald, wo der Fluss auf die westlichen Talseite in den Ort hinein gequert wird. An der westlichen Hanglehne geht es weiter etwas bergauf, um nicht im Isartal bis Krün wie die Bundesstraße 2 zu gelangen, sondern eine Abkürzung über die Isarhochterrasse und das eiszeitlich geprägte Areal um den Schmalensee bis Klais zu nehmen. In Klais wird die Wasserscheide zwischen Kranzbach und Köchelgraben entlang der Deutschen Alpenstrasse überfahren und nun geht es steil auf einer nördlichen Hochterrasse des Kankerbachs abwärts bis auf den sich weitenden Tal- und Beckenboden der Partnach im Ortsteil Garmisch von Garmisch-Partenkirchen. Zu guter Letzt wendet sich die Trasse noch nordwärts in den Bahnhof Garmisch-Partenkirchen hinein, wo Anschluss an die Strecke über Murnau und Weilheim nach München sowie an die Außerfernbahn über Reutte nach Kempten (Allgäu) besteht.

Scharnitz um 1912 mit neuer elektrischer Karwendelbahn

Betrieb

Die Mittenwaldbahn ist vor allem im Regional- und Tourismusverkehr von Bedeutung. Die Linie S6 der S-Bahn Tirol verkehrt im Stundentakt von Innsbruck bis Seefeld, etwa jeder zweite Zug weiter bis Scharnitz. Auf deutscher Seite fahren stündlich Regionalzüge von München über Garmisch nach Mittenwald, alle zwei Stunden weiter nach Innsbruck. Ab dem 8. April 2013 war bei diesen Zügen ein Umsteigen in Mittenwald nötig, da den bisher eingesetzten Zügen der Deutschen Bahn die in Österreich vorgeschriebene Notbremsüberbrückung fehlte. Dieser Zustand dauerte bis zum Einsatz der neuen Züge des Typs Talent 2 im Dezember 2013 an.[24]

Der internationale Fernverkehr München–Innsbruck nutzt meist die längere, aber schnellere Strecke via Rosenheim–Kufstein und die Unterinntalbahn, die Karwendelbahn wird jedoch seit jeher von Fernzügen befahren, die die an ihr liegenden Fremdenverkehrsorte bedienen. Seit dem Fahrplan 2007 fährt am Wochenende ein ICE-Zugpaar Karwendel von Berlin über München nach Innsbruck mit den Zwischenstationen Mittenwald und Seefeld über die Mittenwaldbahn.

Sonderwagen für den Karwendel-Express

A4y-29b (ehemals B4ü Bay 29) 25001 im Bayerischen Eisenbahnmuseum in Nördlingen

1928 ließ die Gruppenverwaltung Bayern der Deutschen Reichsbahn bei MAN in Nürnberg mehrere Wagen speziell für die Karwendelbahn in Leichtbauweise bauen und setzte sie ab 1930 in dem neuen Schnellzug Karwendel-Express von München nach Mittenwald und saisonal bis Innsbruck ein. Der Zug war speziell für die Bedürfnisse des Fremdenverkehrs konzipiert. Die Wagen hatten einen Mittelgang und große Fenster, um eine gute Aussicht zu gewährleisten.[25][26] Sie besaßen einen dunkelblauen Wagenkasten, der Fensterbereich war hellblau. Es handelt sich um folgende 13 Fahrzeuge:

  • fünf B4ü Bay 29 (später DB Aye 602)
  • sieben C4ü Bay 29 (später DB Bye 654)
  • ein Pw4ü-28

1932 baute die DRG in Erwartung der Olympischen Spiele folgende Wagen nach:

  • acht ABC4ü-32 (später DB AByse 619)
  • 21 C4ü 32 (später DB Bye 658)

Siehe auch

Literatur

  • Joseph Riehl: Allgemeines über die Innsbruck-Mittenwalderbahn (Scharnitzerbahn). Vortrag im technischen Club Innsbruck am 3. Februar 1902. Buchdruckerei Edlinger, Innsbruck 1902, OBV.
  • Joseph Riehl: Vischgauer und Fernbahn in Beziehung zur Scharnitzer-Linie. Vortrag. Wagner, Innsbruck 1903, ÖNB.
  • Die Mittenwalder Bahn. In: Der Naturfreund, Jahrgang 1910, (XIV. Jahrgang), S. 102 f. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dna.
  • Josef Ernst Langhans: Karwendelbahn. München – Starnberg – Murnau – Garmisch-Partenkirchen – Mittenwald – Innsbruck, Murnau – Oberammergau. Hendschels Luginsland, Band 30, ZDB-ID 53393-2. Hendschel, Frankfurt am Main 1912.
  • Narciss Lechner: Die Karwendelbahn. (Lindau – Ulm – Kempten) Reutte – Lermoos – Ehrwald – Garmisch-Partenkirchen, (Augsburg – München) Garmisch-Partenkirchen – Mittenwald – Scharnitz – Seefeld – Innsbruck. Wagner, Innsbruck 1912, OBV, OBV, DNB 574580166.
  • Montanus: Mittenwaldbahn. Alte und neue Menschendinge aus Bayern-Österreich. In: Der Naturfreund, Jahrgang 1913, (XVII. Jahrgang), S. 145–153. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dna [Anm. 2]
  • Karl Innerebner, Heinrich von Ficker: Die Mittenwaldbahn. Innsbruck – Garmisch-Partenkirchen – Reutte. Schilderungen der Bahn und des Bahngebietes. Schwick, Innsbruck 1913, OBV, ÖNB.
  • Ludwig Th. Jakopp: Die Mittenwaldbahn und ihr Verkehrsgebiet. Praktisches Reisehandbuch für das Verkehrsgebiet der Bahnlinien. 3. Auflage. Deutsche Buchdruckerei, Innsbruck 1913, ÖNB, DNB 574081453.
  • Wolfgang Krutiak: Mittenwaldbahn. Innsbruck – Garmisch-Partenkirchen. Geschichte, Technik und Landeskunde der Mittenwald- und Außerfernbahn Innsbruck – Garmisch-Partenkirchen – Reutte. 1 Übersichtskarte. Slezak, Wien 1976, ISBN 3-900134-30-8.
  • Johann Stockklausner: Innsbruck–Garmisch-Partenkirchen–Reutte. Eine Gebirgsbahn wird 75 Jahre alt. Eisenbahn-Journal-Sonderausgabe, Band 1986,4, ZDB-ID 56734-6. Merker, Fürstenfeldbruck 1987.
  • Siegfried Bufe: Karwendelbahn München – Garmisch-Partenkirchen – Innsbruck. 2. Auflage. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1992, ISBN 3-922138-45-4.
  • Markus Hehl: Die Karwendel-Bahn. Eisenbahn-Kurier Special, Band 60, ISSN 1434-3045. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2001.
  • Günter Denoth (Red.): … Über den Fern. Die Mittenwaldbahn Innsbruck – Garmisch – Reutte … anlässlich „90 Jahre Ausserfernbahn“ 14. September 2003. Eisenbahntechnische Sonderpublikationen, Band 1. Eigenverlag, Neugötzens/Innsbruck 2003, OBV.
  • Werner Duschek, Walter Pramstaller u. a.: Local- und Straßenbahnen im alten Tirol. Eigenverlag Tiroler Museumsbahnen, Innsbruck 2008.
  • Stefan Wölk (Hrsg.): Die Mittenwaldbahn. Bahnfotografie, Band 3, ZDB-ID 2494061-6. LOK-Report-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-935909-24-2.
  • Stefan Wölk (Hrsg.): Die Nebenstrecken der Mittenwaldbahn. Bahnfotografie, Band 4, ZDB-ID 2494061-6. LOK-Report-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-935909-27-3.
  • Ralf Roman Rossberg: Gebirgsbahn mit drei Goldmedaillen. In: eisenbahn magazin. Nr. 1/2012. Alba Publikation, Januar 2012, ISSN 0342-1902, S. 34–37.
  • Günter Denoth, Albert Ditterich, Helmut Petrovitsch, Claus-Jürgen Schulze: Zwischen Martinswand und Wetterstein – Die Mittenwaldbahn. Verein Railway-media-group, Wien 2012, ISBN 978-3-902894-02-1. – Inhaltsverzeichnis (PDF; 70 kB).
  • Franz Gemeinböck, Markus Inderst: Mittenwaldbahn. Innsbruck – Garmisch-Partenkirchen – Reutte in Tirol. Kiruba classic, Band 2012,2, ZDB-ID 2541726-5. Kiruba-Verlag, Mittelstetten 2012, ISBN 978-3-9812977-5-1.
  • Helmut Petrovitsch: 100 Jahre elektrischer Betrieb der Mittenwaldbahn. In: Eisenbahn-Revue International. ISSN 1421-2811. Heft 4/2013, S. 198–207, sowie Heft 5/2013, S. 249–253.

Film

Commons: Mittenwaldbahn  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 4k Führerstandsmitfahrt Mittenwaldbahn / Karwendelbahn Innsbruck - Mittenwald - Garmisch (ab 0:13:40) auf YouTube, 30. April 2016, abgerufen am 27. März 2022.
  2. ÖBB: Signalisierter Zugleitbetrieb auf der Karwendelbahn. Presseaussendung der ÖBB, 13. Oktober 2002, abgerufen am 27. März 2022.
  3. 1 2 Sperre der Außerfern- und Karwendelbahn, orf.at vom 17. Juli 2013, abgerufen am 6. Mai 2014.
  4. Eröffnung der Mittenwald-Bahn. In: Wiener Zeitung, Nr. 248/1912, 27. Oktober 1912, S. 9, unten rechts. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz.
  5. Die Eröffnung der Mittenwalderbahn. In: Innsbrucker Nachrichten, Nr. 248/1912, 28. Oktober 1912, S. 8 f. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn.
  6. 1 2 Ralf Roman Rossberg: Gebirgsbahn mit drei Goldmedaillen. In: eisenbahn-magazin 1/2012, S. 34–37.
  7. RGBl 1910/127. In: Reichsgesetzblatt für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder, Jahrgang 1910, S. 301–306. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/rgb.
  8. Aus den Alpen. (…) Bahnproject Garmisch-Mittenwald. In: Der Alpenfreund. Illustrierte Touristen-Zeitschrift für das Alpengebiet, Jahrgang 1896, Nr. 6/1896 (VI. Jahrgang), S. 61. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/daf.
  9. Von der Karwendelbahn. In: Innsbrucker Nachrichten, 5. November 1912, S. 3 Mitte (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  10. Alfred Horn: 75 Jahre Wiener Stadtbahn. „Zwischen 30er Bock und Silberpfeil“. Bohmann-Verlag, Wien 1974, ISBN 3-7002-0415-9, S. 92.
  11. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hrsg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 6. August 1938, Nr. 36. Bekanntmachung Nr. 488, S. 213.
  12. Stenographisches Protokoll. X. Gesetzgebungsperiode, 53. Sitzung des Nationalsrats der Republik Österreich, 15. Juli 1964, S. 2825 (parlament.gv.at [PDF; 2,6 MB; abgerufen am 27. März 2022]).
  13. Mittenwaldbahn wieder in Betrieb. ORF.at, abgerufen am 5. November 2012.
  14. Nach Murenabgang auf Bahngleise: Ab Montag wieder freie Fahrt. Tiroler Tageszeitung Online, archiviert vom Original am 4. Februar 2013; abgerufen am 27. März 2022.
  15. Sanierung und komplette Sperre der Karwendelbahn. In: Bezirksblätter Wildermieming. 15. Juli 2013, abgerufen am 24. Juli 2013.
  16. ÖBB: Die Sanierung der Karwendel- und Außerfernbahn (PDF@1@2Vorlage:Toter Link/www.oebb.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) , 2,8 MB)
  17. Erneuerter Bahnhof Seefeld eröffnet. 10. Dezember 2018, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  18. Umbau Bahnhof Seefeld in Tirol bis zur Skiweltmeisterschaft 2019. 4. Oktober 2017, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  19. Der Umbau ist abgeschlossen: Bahnhof Seefeld wurde „WM-fit“ gemacht. Abgerufen am 15. Oktober 2020.
  20. Schramm Monika: Bahnhof Seefeld ist fit für die Nordische Ski-WM. 10. Dezember 2018, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  21. Bahnviadukt in Innsbruck wird neu gebaut. In: orf.at. 8. April 2022, abgerufen am 8. April 2022.
  22. Merkur.de: Wiederbelebung eines Bahnhalts, abgerufen am 29. April 2016.
  23. Schlossbachgrabenbrücke (Reith bei Seefeld, 1912). Abgerufen am 16. Mai 2021.
  24. Vorübergehend Umsteigen in Mittenwald. Deutsche Bahn, 4. April 2013, archiviert vom Original; abgerufen am 27. März 2022.
  25. Beschreibung des C4ü-bay 29 in: Horst J. Obermayer, Taschenbuch Deutsche Reisezugwagen, Franckh Verlag Stuttgart 1978, ISBN 3-440-04589-7, S. 127.
  26. Lutz Uebel und Wolfgang-D. Richter (Hrsg.): 150 Jahre Schienenfahrzeuge aus Nürnberg. EK-Verlag Freiburg 1994, ISBN 3-88255-562-9, S. 130 ff. und 139
  27. Die Karwendelbahn – von Innsbruck nach München. Sendung vom 11. März 2007, 16.15 Uhr, SWR Fernsehen. In: swr.de, 14. Juli 2008, abgerufen am 13. Juli 2013.

Anmerkungen

  1. Ein k.k. Eisenbahnministerium bestand erst ab Januar 1896. – Joseph Dullinger: Die Ministerien des Kaiserthums Österreich respective der österreichisch-ungarischen Monarchie vom Beginne des Jahres 1848 bis in die Gegenwart – eine Chronologie. Braumüller, Wien u. a. 1901, OBV, S. 43.
  2. Berichtigung zur Aufnahme auf S. 152: Mittenwaldbahn. In: Der Naturfreund, Jahrgang 1913, (XVII. Jahrgang), S. 199, Mitte links. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dna.