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vom 06.06.2022, aktuelle Version,

Salzburger Festspiele

Salzburger Festspiele
Allgemeine Informationen
Ort Salzburg, Osterreich Österreich
Veranstalter Salzburger Festspiele
Zeitraum seit 1920
Website www.salzburgerfestspiele.at
Besucherzahlen
2007 253.750
2017 261.500
2018 261.000
Jedermann und der Tod, Salzburger Festspiele 2014

Die Salzburger Festspiele gelten als das weltweit bedeutendste Festival der klassischen Musik und darstellenden Kunst.[1] Sie finden seit 1920 jeden Sommer im Juli und August in Salzburg statt. Markenzeichen der Festspiele sind der Jedermann auf dem Domplatz, exemplarische Mozart- und Strauss-Aufführungen, sowie ein vielfältiges und hochkarätiges Schauspiel-, Opern- und Konzert-Programm. Alljährlich werden in den sechs Festspielwochen mehr als 200 Veranstaltungen von mehr als 250.000 Gästen besucht.

Intendant ist seit 2016 bis 2026 ist Markus Hinterhäuser.

Präsidentin ist ab 1. Jänner 2022 bis Ende 2026 Kristina Hammer.[2]

Gründung der Festspiele

Die Liebe zu Festen und zum Theater hat in Salzburg Tradition. Schon im Mittelalter wurden große Mysterienspiele aufgeführt und es gab Kostümfeste, die mehrere Tage dauerten. Die erste Oper nördlich der Alpen soll in Salzburg aufgeführt worden sein, im Salzburger Dom waren opulente Messen und Oratorien fest im Jahreszyklus verankert. 1613 gab Fürsterzbischof Markus Sittikus die Hellbrunner Wasserspiele in Auftrag, die heute noch das Publikum entzücken. An der Salzburger Universität wurden unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Dramen und Singspiele aufgeführt. Zwar machte Fürsterzbischof Colloredo, der rigide kirchliche und weltliche Machthaber der Mozart-Zeit, manchem Treiben ein Ende, ließ viele Bräuche verbieten und stellte zahlreiche Feiern ein. Doch kam es nach seinem Tod zum Wiederaufleben zahlreicher Lustbarkeiten und es begann die Mozart-Verehrung mit Mozart-Festen und -Umzügen. Die Begründung der Bayreuther Festspiele im Jahr 1876 und das 100-Jahr-Jubiläum des Don Giovanni im Jahr 1887 förderten Wiener und Salzburger Bemühungen um ein Festival, welches dem genius loci gewidmet sein sollte. „Einige der Proponenten waren durchaus deutschnational, viele Anregungen stammten auch aus der Mozart-Gemeinde in Wien. Doch der Krieg kam dazwischen, auf die Monarchie folgte die Republik Österreich.“[3]

Richard Strauss

Max Reinhardt (1873–1943), dessen Karriere als Schauspieler 1893 am Stadttheater Salzburg begonnen und der ab 1901 in Berlin ein veritables Theaterimperium aufgebaut hatte, wurde ab 1904 vom Dramatiker Hermann Bahr (1863–1934) in dessen Planungen für Salzburger Feste einbezogen.[4] Schon damals war der Domplatz als Spielstätte geplant, Anna Mildenburg sollte Opern inszenieren, Reinhardt Theaterstücke. Die Pläne scheiterten, wie schon mehrfach zuvor, an der fehlenden Finanzierung.

Nachdem Reinhardt im Jahr 1918 das Schloss Leopoldskron erworben hatte und sich jeden Sommer in Salzburg aufhielt, konkretisierten sich die Planungen. Gemeinsam mit Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) konzipierte er bereits im September desselben Jahres ein Projekt „des bayrisch-österreichischen Stammes“ als Antipode zum preußischen: „das, was in Bayreuth, gruppiert um ein norddeutsches Individuum, Wagner, geübt wird, hier um ein ungleich komplexeres und höheres Zentrum, die Kunst Österreichs, herumzubauen…“.[3] Damit war der Gegensatz der beiden Festspielideen schon programmatisch festgeschrieben: Bayreuth (a) hoch exklusiv, (b) ein Haus, ein Komponist, alles allein auf dessen Werk zentriert, (c) davon aber auch nur die zehn Greatest Hits (folglich doppelte Exklusivität). Salzburg hingegen (a) inklusiv, (b) mit drei Achsen: Schauspiel, Oper, Konzert, heute in drei Festspielhäusern und auf zahlreichen weiteren Plätzen der Stadt, Konzertsälen, Kirchen und Bühnen, im Freien und in geschlossenen Räumen, (c) offen für Neues, aber stets im Ringen darum, ob das Gezeigte dem hohen Qualitätsanspruch Genüge tut. Zwei Welten also, wiewohl das Grundbestreben beider Festivals das Feiern des Fests zu Ehren eines Komponisten war, die Beförderung des Weihevollen, Eindrucksvollen, Erhabenen. Beide Konzepte funktionieren offenbar exzellent.

Markenzeichen

Das noch heute verwendete Logo mit der griechischen Theatermaske, der rot-weißen Fahne und der Salzburger Festung auf goldenem Grund geht auf ein von Leopoldine Wojtek (1903–1978) für die Festspiele 1928 gestaltetes Plakat zurück. Die Künstlerin Konstanze Sailer beleuchtete ab 2018 die spätere Lebensgeschichte Wojteks und ihre Nähe zur NS-Ideologie. Die Salzburger Festspiele beauftragten in der Folge den Historiker Oliver Rathkolb und die Kulturwissenschaftlerin Anita Kern, die Causa wissenschaftlich zu untersuchen. Die Gutachten wurden veröffentlicht, die Festspielleitung entschied daraufhin, das Emblem weiterhin zu verwenden, da es „zeitlos“ sei und in seiner Formensprache eindeutig nicht der nationalsozialistischen Ideologie entsprach.[5][6]

Schauspiel

In der Gründungsphase der Festspiele spielten Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal eine führende Rolle. Reinhardt erklärte die ganze Stadt zur Bühne und inszenierte am Domplatz das mittelalterliche Mysterienspiel des Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes in einer Neufassung von Hugo von Hofmannsthal. Die Premiere am 22. August 1920 markierte die Geburtsstunde der Festspiele, das Stück steht seit 1926 – ausgenommen die NS-Zeit von 1938 bis 1945 – durchgehend am Spielplan der Festspiele. Reinhardt entdeckte und eröffnete auch die Kollegienkirche,[7] das Schloss Leopoldskron,[8] die Winterreitschule[9] und schließlich die Sommerreitschule[10] als Spielstätten der Festspiele. Winter- und Sommerreitschule wurden mehrfach umgebaut und dienen heute – als Haus für Mozart und Felsenreitschule – überwiegend der Oper und dem Konzert.

Neben dem Iffland-Ring gilt die Hauptrolle im Jedermann als größte Auszeichnung für einen Schauspieler im deutschsprachigen Raum. Sie wird zumeist mit routinierten Theaterschauspielern besetzt, die sich in klassischen Rollen bewährt haben. In der Max-Reinhardt-Inszenierung (1920 bis 1937) wurde der Lebemann von Alexander Moissi, Paul Hartmann und Attila Hörbiger verkörpert. Die Nationalsozialisten verboten weitere Jedermann-Aufführungen wegen jüdischer Vorfahren des Autors. In den Nachkriegsjahren verkörperten Ewald Balser, wiederum Attila Hörbiger, Will Quadflieg, Walther Reyer und Ernst Schröder die Hauptrolle, ehe ab 1973 mit Curd Jürgens, Maximilian Schell und Klaus Maria Brandauer international bekannte Filmschauspieler zum Zuge kamen. Seit den 1990er Jahren wird der Jedermann wiederum überwiegend von Bühnenschauspielern verkörpert – Helmut Lohner, Gert Voss, Ulrich Tukur, Peter Simonischek, Nicholas Ofczarek und seit 2013 Cornelius Obonya. Die Rolle der Buhlschaft – mit sehr wenig Text, aber maximaler Sichtbarkeit – wurde häufig mit populären Fernseh- und Filmstars, wie Nadja Tiller, Christiane Hörbiger, Nicole Heesters, Senta Berger, Marthe Keller, Sophie Rois oder Veronica Ferres besetzt.

Don Juan kommt aus dem Krieg,
2014

Getreu dem Motto der Mitgründer – „von allem das Höchste“ – war das Schauspiel in Salzburg von Anfang an auf bereits approbierte Werke der Bühnenliteratur festgelegt. Hofmannsthal selbst war zwar in Salzburg mit seinem Jedermann (und mit seinen Libretti für Strauss-Opern) erfolgreich, ansonsten aber glücklos. Das eigens für die Festspiele verfasste Salzburger großes Welttheater wurde nach 1925 nicht wieder aufgeführt, selbst die Komödie über die Seelennöte der Bourgeoisie kurz vor dem Untergang der DoppelmonarchieDer Schwierige von 1910 – etablierte sich nicht dauerhaft in den Salzburger Spielplänen. Man spielte dort Goldoni und Moliere, fast alles von Shakespeare, Dramen der Antike, Heinrich von Kleist und Weimarer Klassik, Volksstücke von Nestroy und Raimund, fallweise Ibsen und Schnitzler. Als Festspielstück par excellence – neben dem Jedermann – darf der Sommernachtstraum gelten, vorzugsweise mit Mendelssohns Schauspielmusik.

Während in der Oper in Salzburg Uraufführungen schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gang und gäbe waren, dauerte der Anschluss an die Gegenwart im Schauspiel deutlich länger. In den späten 1950er stellte Oscar Fritz Schuh drei Gegenwartsstücke vor, darunter eine erfolglose Uraufführung Fritz Hochwälders. In den 1960er Jahren versuchte das Europa-Studio zeitgenössische Dramen in Salzburg zu etablieren, in den 1970er und 1980er Jahren kam es immerhin zu fünf Uraufführungen von Thomas-Bernhard-Stücken, propagiert von Josef Kaut, dem weltoffenen Präsidenten der Festspiele. In der Gegenwart angekommen ist Salzburg erst während der Ära Mortier/Stein, die mit der Perner-Insel in Hallein eine weitere Spielstätte eröffnete und zeitnahe Regisseure einlud, sowie in der Folge mit dem Young Directors Project, welches im Jahr 2002 von Jürgen Flimm ins Leben gerufen wurde und bis 2014 bestand. Im Jahr 2014 stand das Schauspielprogramm im Zeichen der 100-jährigen Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges – und zeigte neben den Letzten Tagen der Menschheit auch Forbidden Zone, Ödön von Horváths Don Juan kommt aus dem Krieg und eine Dramatisierung von Gustav Meyrinks Golem.

Oper

Die Opernproduktionen der Salzburger Festspiele waren über weite Strecken des 20. Jahrhunderts und sind heute noch stilbildend. Die Oper stellt in Salzburg – als Gesamtkunstwerk – den primus inter pares in der Trias Schauspiel, Oper und Konzert dar. Nahezu alle weltweit bedeutenden Dirigenten haben in Salzburg gearbeitet, ebenso die meisten der herausragendsten Sänger, Regisseure, Bühnen- und Kostümbildner. Viele der Aufführungen sind als Tondokumente oder Fernsehmitschnitte für die Nachwelt erhalten.

Fierrabras, 2014
Il trovatore, 2014
Carmen, 2012

Der Salzburger Schwerpunkt liegt durchgehend auf Opern von Mozart und Richard Strauss, auf zeitgenössischen Werken, sowie den Festspielopern Orfeo ed Euridice, Fidelio, Don Carlos und Falstaff. Das Mozart-Repertoire beschränkt sich in Salzburg nicht auf die drei da-Ponte-Opern, Die Entführung aus dem Serail und Die Zauberflöte, sondern beinhaltet auch die seltener gespielten Werke. Die erste Opernaufführung der Festspiele war der Don Giovanni unter der musikalischen Leitung von Richard Strauss am 14. August 1922 – ein Gastspiel der Wiener Staatsoper im Salzburger Landestheater. Dank der Wiener Philharmoniker, die in Salzburg alljährlich in erster Besetzung vier bis fünf Opernproduktionen spielen, sind die Interpretationen der Mozart- und Strauss-Opern von exzeptioneller orchestraler Qualität.

Das Salzburger Repertoire wurde – zuerst durch Bruno Walter, Arturo Toscanini und Karl Böhm, schließlich durch Herbert von Karajan – schrittweise erweitert: Walter dirigierte erstmals bei den Salzburger Festspielen Opern von Richard Wagner und Hugo Wolf, Gluck und Donizetti. Toscanini etablierte 1935 Falstaff als genuine Salzburger Festspieloper. Böhm stellte 1951 und 1971 Alban Bergs damals kaum gespielte Oper Wozzeck vor, somit einen Exponenten der Zwölftontechnik. Karajan schließlich popularisierte mit einer breiten Palette weiterer Verdi-Opern, mit Puccinis Tosca und Bizets Carmen das Programm.

Die Frühwerke der Oper und das Barock haben recht früh ihren Platz im Salzburger Spielplan gefunden. Gluck wird in Salzburg seit 1930 und Händel seit 1984 szenisch aufgeführt. In den Jahren 1968 bis 1973 erfreute sich Cavalieris selten gespielte Rappresentazione di anima et di Corpo in einer Modellinszenierung von Graf/Colosanti/Moore höchsten Publikumsinteresses. 1971, 1985 und 1993 wurden alle erhaltenen Monteverdi-Opern in Salzburg vorgestellt.

Im Laufe der Zeit haben die Salzburger Festspiele mit nahezu allen großen Opernhäusern der Welt (Wiener Staatsoper, Scala, La Fenice, Opéra de la Bastille, La Monnaie, Metropolitan Opera, Mariinski-Theater) und einigen wichtigen Festivals (Aix-en-Provence, Maggio Musicale Fiorentino) kooperiert. Zumeist wurden diese Co-Produktionen in Salzburg erarbeitet und waren oft noch viele Jahre später an wichtigen Opernhäusern zu sehen wie zum Beispiel Robert Wilsons exemplarische Pelléas-et-Mélisande-Inszenierung aus dem Jahr 1997, die gemeinsam mit der Operá de Paris produziert und noch im Jahr 2012 in Madrid und Barcelona aufgeführt wurde. 2014 stand neben der Uraufführung der Oper Charlotte Salomon von Marc-André Dalbavie auch La Cenerentola, ein neuer Don Giovanni und ein neuer Rosenkavalier auf dem Programm. Außerdem wurden Il trovatore (mit Anna Netrebko und Plácido Domingo) und – erstmals in Salzburg – Schuberts Fierrabras (in einer Peter-Stein-Inszenierung) gegeben.

Konzert

Konzert in der Felsenreitschule, 2013

Die Konzerte der Salzburger Festspiele stellen seit 1921 eine wichtige Säule des Festivals dar. Initiiert von Bernhard Paumgartner, dem späteren Präsidenten der Festspiele, fanden damals vier Orchesterkonzerte, drei Kammerkonzerte, eine Serenade und ein Konzert geistlicher Musik statt. Seit 1925 werden auch Liederabende, seit 1926 auch Solistenkonzerte veranstaltet. Seit 1927 zählt Mozarts c-Moll-Messe in der Stiftskirche St. Peter zu den Fixpunkten der Festspiele, seit 1949 auch die Mozart-Matineen im Mozarteum, beide wiederum von Bernhard Paumgartner initiiert.

Zentral sind die großen Orchesterkonzerte, oft auch mit Chören, Gesangs- oder Instrumentalsolisten. Die Wiener Philharmoniker bestreiten seit 1922 die Mehrzahl der Orchesterkonzerte und eröffnen auch alljährlich das Konzertprogramm. Wichtiges Charakteristikum der Salzburger Festspiele ist der Qualitätsanspruch bei Dirigenten und Solisten. Seit Ende der 1950er Jahre gastieren auch regelmäßig die besten Orchester aus ganz Europa, Nord- und Südamerika, Israel und Japan in Salzburg, zuerst die Berliner Philharmoniker, das Concertgebouworkest Amsterdam und das New York Philharmonic Orchestra, schließlich sämtliche weiteren namhaften Orchester der Welt. Gegenwärtig sind in einem Sommer zwischen zehn und fünfzehn Orchester in Salzburg zu hören, darunter auch führende Jugendorchester, Kammerorchester und Barockensembles, sowie auf zeitgenössische Musik spezialisierte Orchester und Musikervereinigungen.

Im Jahr 2012 hat der damalige Intendant Alexander Pereira die Ouverture spirituelle begründet, eine Konzertreihe mit geistlicher Musik verschiedener Konfessionen als Vorprogramm der eigentlichen Festspiele. 2013 gastierte das venezolanische Musikprojekt El Sistema mit vier Orchestern, einem Blechbläserensemble, zwei Chören und einem Streichquartett in Salzburg, El Sistema musizierte bei der Eröffnungsfeier, in zehn Konzerten und einer Kinderkonzertprobe. 2013 wurden sämtliche Symphonien Mahlers aufgeführt, 2014 standen alle neun Symphonien Bruckners auf dem Programm.

Geschichte der Festspiele

Jedermann, um 1926
Tischgesellschaft, um 1926

Der verlorene Weltkrieg, die verlorene monarchische und übernationale Realität und die Weiterentwicklungsüberlegungen zur kulturellen Identität, sowie die Notwendigkeit den Tourismus anzukurbeln, trugen wesentlich dazu bei, dem Festspielgedanken Auftrieb zu geben. Hugo von Hofmannsthal bekräftigte bei seinen Gründungsüberlegungen besonders die Schaffung einer kulturelle Basis für die trotzdem andauernde und nun besonders notwendige Mission des „theresianischen Menschen“ als Miterben des Heiligen Römischen Reiches beziehungsweise der Donaumonarchie zur weiteren Vermittlung zwischen den europäischen Ethnizitäten durch die Anwendung ausgleichender ritterlicher paneuropäischer habsburgischer Werte. Die Salzburger Festspiele sollten entsprechend den politischen und staatsrechtlichen Schriften Hofmannsthals (die Rückwirkend im Hinblick auf den damals erst kommenden Nationalsozialismus hellseherisch wirken) als Gegenstück zur Preußisch-Norddeutschen kompromisslosen bzw. alternativlosen Weltsicht[11] die völkerverbindenden und ausgleichenden habsburgischen Grundsätze des „Leben und Leben lassen!“ betonen. Es sollte die Kompromissfindung, die katholische Weltsicht zwischen irdischen Freuden und Gewissheit der Vergänglichkeit und der Stolz auf regionale Besonderheiten (z. B. Handwerk, Traditionen etc.) gezeigt und auch gefördert und erhalten werden.[12] Hofmannsthal war damit in einer Linie mit vielen Schriftstellern und Künstlern seiner Zeit wie Stefan Zweig, Joseph Roth aber auch James Joyce, welcher in der weltoffenen Hafenstadt Triest mit dem Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn in Kontakt getreten war und das untergegangene Staatswesen rückblickend mit „They called the Austrian Empire a ramshackle empire, I wish to God there were more such empires“ klassifizierte.[13]

Im Jahr 1920 kam es schließlich nach jahrzehntelangen Diskussionen, Konzeptionen und Planungen zu den ersten Salzburger Festspielen. Reinhardt wählte Hofmannsthals Jedermann, ein Stück, das er selbst im Dezember 1911 im Berliner Circus Schumann zur Uraufführung gebracht hatte, den Domplatz als Spielort und Alexander Moissi als Hauptdarsteller. In der Retrospektive erscheint die Wahl des Stückes ideal, des Spielorts kongenial und des Hauptdarstellers exzellent. Was im preußisch-protestantischen Berlin der Vorkriegszeit noch antiquiert und deplatziert wirkte, kam vor der Kulisse des barocken Salzburger Doms in der erzkatholischen Stadt Salzburg bestens zur Geltung. Das Stück wurde zum Dauerbrenner und zum Markenzeichen der Festspiele. Heute verzeichnen die alljährlich vierzehn Aufführungen rund 35.000 Zuseher, der Jedermann ist meistens ausverkauft. Reinhardt sollte auch – mit seiner sicheren Hand in der Auswahl malerischer Spielstätten – die kommenden Jahre der Festspiele prägen, bis in den frühen 1930er Jahren die Oper die erste Geige übernahm. Reinhardt gelang 1933 mit dem Faust in Clemens Holzmeisters Fauststadt in der Felsenreitschule noch einmal ein nachhaltiger Erfolg, aber im Grunde war seine Zeit schon damals abgelaufen.

Als der Leiter des Salzburger Mozarteums, Bernhard Paumgartner (1887–1971), sich erlaubte im Jahr 1921 zusätzlich zum Jedermann einige Konzerte mit lokalen Kräften anzusetzen, war Richard Strauss erbost. Er, der die Festspielidee maßgeblich unterstützt hatte, fürchtete die Einkehr der Provinzialität, griff zu Telefon und Taktstock, engagierte die Wiener Philharmoniker und die Wiener Staatsoper, dirigierte selbst 1922 – als erste Opernaufführung der Festspiele – Mozarts Don Giovanni und danach auch dessen Così fan tutte. Dem Dirigenten Franz Schalk wurden Le nozze di Figaro und Die Entführung aus dem Serail überantwortet. Bühnenbilder aller vier Mozart-Opern dieses Jahres war Alfred Roller (1864–1935), der die Ästhetik der Salzburger Opern- und Schauspielproduktionen der ersten fünfzehn Jahre prägen sollte. Von 1922 bis 1924 fungierte Strauss auch als Präsident der Festspiele, er blieb den Festspielen bis zu seinem Lebensende verbunden. Die Uraufführung seiner letzten Oper (Die Liebe der Danae) fand posthum 1954 in Salzburg statt. Auch Paumgartner blieb – ausgenommen die NS-Zeit – weiter im Spiel, institutionalisierte 1949 die Mozart-Matineen und 1950 die c-Moll-Messe in der Stiftskirche St. Peter, beide mit dem lokalen Mozarteumorchester, das heute zu den Säulen der Festivals zählt. Paumgartners treuen Dienste über viele Jahrzehnte wurden 1960 mit der Präsidentschaft belohnt, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1971 innehielt.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden die Salzburger Festspiele des Jahres 2020 verkürzt und modifiziert.[14]

Spielstätten

Das Haus für Mozart aus Sicht der Sänger

Nachdem die Pläne für ein Festspielhaus auf dem Mönchsberg (1890) und in Hellbrunn (1919) gescheitert waren, nahmen die Salzburger Festspiele der Gründerjahren die bestehenden Plätze, Paläste, Kirchen, Theater- und Konzertgebäude in Besitz: Am Domplatz wird alljährlich Hofmannsthals Jedermann aufgeführt, im Mozarteum und im Residenzhof werden Konzerte veranstaltet, im Landestheater Opern und Sprechstücke aufgeführt. Auch drei Salzburger Barockkirchen wurden als Spielstätten für die Festspiele geöffnet: Dom, Kollegienkirche und Stiftskirche Sankt Peter.

Als schließlich der Wunsch nach eigenen Spielstätten immer dringlicher wurde, konnten schrittweise drei Festspielhäuser auf dem Gelände der ehemaligen fürsterzbischöfliche Hofstallungen und Reitschulen errichtet werden:

  • ein provisorisches Festspielhaus (1925), zuerst für das Schauspiel, dann auch für Oper und Konzert eingerichtet, das erst nach zahlreichen Umbauten im Jahr 2006 mit dem neuen Namen Haus für Mozart seine endgültige Form fand – mit 1.495 Sitzplätzen und 85 Stehplätzen,
  • die Felsenreitschule (1926), erstmals von Max Reinhardt bespielt und ebenfalls bis 2011 mehrfach adaptiert – mit 1.412 Sitz- und 25 Stehplätzen, sowie
  • das Große Festspielhaus (1960), eine von Clemens Holzmeister erbaute Panoramabühne mit einer Portalbreite von 32 Metern und 2.179 Sitzplätzen.

Die Ausweitung der Festspiele ab den 1990er Jahren führte dazu, dass weitere Spielstätten für das Schauspiel gefunden werden mussten: 1992 die Alte Saline auf der Perner-Insel in Hallein, schließlich auch das Szene Salzburg (das ehemalige Stadtkino/Republic), das Schauspielhaus Salzburg und fallweise die Eisarena Salzburg.

Präsidenten

Künstlerische Leitung der Festspiele

Bis 1991 lag die künstlerische Verantwortung in den Händen des Kuratoriums der Salzburger Festspiele. Klare Verantwortlichkeiten bestehen erst seit dem Antritt von Gerard Mortier, der die Leitung der Festspiele im Jahr 1991 übernahm und erstmals 1992 das Programm verantwortete. Der Intendant trägt die künstlerische Gesamtverantwortung, programmiert und besetzt selbst das Opernprogramm und hat das Vorschlagsrecht für die Leiter von Schauspiel und Konzert.

Jahr Intendanz Schauspiel Konzert
1992 Gerard Mortier Peter Stein Hans Landesmann
1992
1994
1995
1996
1997
1998 Ivan Nagel
1999 Frank Baumbauer
2000
2001
2002 Peter Ruzicka Jürgen Flimm Peter Ruzicka
2003
2004
2005 Martin Kušej
2006
2007 Jürgen Flimm Thomas Oberender Markus Hinterhäuser
2008
2009
2010
2011 Markus Hinterhäuser
2012 Alexander Pereira Sven-Eric Bechtolf Alexander Pereira, Florian Wiegand
2013
2014
2015 Sven-Eric Bechtolf Florian Wiegand
2016
2017 Markus Hinterhäuser Bettina Hering
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026

Ökonomische Aspekte

Laut einer 2017 veröffentlichten Publikation der Wirtschaftskammer Salzburg[15] würden die Salzburger Festspiele jährlich eine direkt und indirekte Wertschöpfung in Salzburg von 183 Mio. Euro und in Österreich von 215 Mio. Euro ergeben. Die Festspiele sollen damit in Salzburg eine Beschäftigung (inklusive der Jahresbeschäftigten und Saisonkräfte der Festspiele) von 2800 Vollzeitäquivalenten (Österreich 3400) sowie direkt und indirekt für die öffentliche Hand etwa 77 Mio. Euro an Steuern und Abgaben erwirtschaften.

2019 wurde in einem Rechnungshofbericht veröffentlicht, dass die Präsidentin der Festspiele, Helga Rabl-Stadler[16], etwa 220 000 Euro Jahressalär erhalten habe.

Weitere Festspiele in Salzburg

Zusätzlich zu den Sommer-Festspielen bestehen in der Stadt Salzburg:

  • Die 1956 gegründete Mozartwoche, die von der Stiftung Mozarteum alljährlich in der Zeit um Mozarts Geburtstag, dem 27. Jänner, veranstaltet wird.
  • Die 1967 gegründeten Osterfestspiele Salzburg, die finanziell und organisatorisch eigenständig sind.
  • Die 1973 gegründeten Pfingstkonzerte Salzburg, aus denen die Salzburger Pfingstfestspiele hervorgegangen sind; sie sind seit 1998 finanziell und organisatorisch Teil der Sommer-Festspiele.
  • Die 1977 gegründeten Aspekte Salzburg, ein alle zwei Jahre im April/Mai stattfindendes Festival für Musik unserer Zeit.
  • Das 2006 gegründete Festival Dialoge, das alljährlich im Dezember Klassik und Moderne miteinander konfrontiert.
  • Die 2009 gegründete Salzburg Biennale, ein Festival für Neue Musik, das 2016 beendet wurde.

Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

Festspielzentrum ist die Hof ­stall ­gasse. Rechts der für die Gasse namens ­gebende ehemalige fürst ­erz ­bischöf ­liche Hof­marstall, die in meh ­re ­ren Bau ­phasen zu drei Fest ­spiel ­häusern um ­gebaut wurde: Großes Festspielhaus (vorne), Felsenreitschule (in der Mitte zurück ­versetzt) und das Haus für Mozart. Teile der Bühnen ­technik sind in den Berg hinein ­gebaut. Im Hinter ­grund die Stifts­kirche St. Peter, in der all ­jährlich Mozarts c-Moll-Messe auf ­ge ­führt wird.
  • Salzburger Festspiele: Das große Welttheater – 90 Jahre Salzburger Festspiele. Eigenverlag, Salzburg 2010, OCLC 845844257.
  • Robert Kriechbaumer (Hrsg.): Die Salzburger Festspiele 1945–1960. Jung+Jung, Salzburg 2007, ISBN 978-3-902497-30-7.
  • Robert Kriechbaumer (Hrsg.): Die Salzburger Festspiele 1960–1989 – Die Ära Karajan. Jung+Jung, Salzburg 2009, ISBN 978-3-902497-32-1.
  • Robert Kriechbaumer (Hrsg.): Die Salzburger Festspiele 1990–2001 – Die Ära Mortier/Landesmann. Jung+Jung, Salzburg 2011, ISBN 978-3-902497-33-8.
  • Robert Kriechbaumer: Zwischen Österreich und Grossdeutschland. Eine politische Geschichte der Salzburger Festspiele 1933–1944. Böhlau, Wien/ Köln/ Weimar 2013, ISBN 978-3-205-78941-3.
  • Marina Auer: Die Salzburger Festspiele im Schatten der Politik (1933–1945). LMU-Publikationen, München 2003. (Volltext).
  • Edda Fuhrich, Gisela Prossnitz (Hrsg.): Die Salzburger Festspiele. Ihre Geschichte in Daten, Zeitzeugnissen und Bildern. Band 1. 1920–1945. Residenz, Salzburg 1990, ISBN 3-7017-0630-1.
  • Stephen Gallup: Die Geschichte der Salzburger Festspiele. Orac, Wien 1989, ISBN 3-7015-0164-5.
  • Josef Kaut: Die Salzburger Festspiele. Bilder eines Welttheaters. Residenz, Salzburg 1973, ISBN 3-7017-0047-8.
  • Andreas Novak: Salzburg hört Hitler atmen. Die Salzburger Festspiele 1933–1945. DVA, München 2005, ISBN 3-421-05883-0.
  • Andress Müry (Hrsg.): Kleine Salzburger Festspielgeschichte. Pustet, Salzburg 2002, ISBN 3-7025-0447-8.
  • Michael P. Steinberg: Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele 1890–1938. Pustet, Salzburg/ München 2000, ISBN 3-7025-0410-9.
  • Harald Waitzbauer: Festlicher Sommer. Das gesellschaftliche Ambiente der Salzburger Festspiele von 1920 bis zur Gegenwart. Schriftenreihe des Salzburger Landespressebüros, Salzburg 1997.
  • Wilfried Posch: Clemens Holzmeister. Architekt zwischen Kunst und Politik. Mit einem Werkverzeichnis von Monika Knofler. Salzburg 2010, ISBN 978-3-99014-020-8.
  • Robert Hoffmann (Hg.): Festspiele in Salzburg. Quellen und Materialien zur Gründungsgeschichte. Band 1: 1913-1920, Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar 2020, ISBN 978-3-205-21031-3

Filme

Commons: Salzburger Festspiele  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. ORF: Opera Award für Salzburger Festspiele. 23. April 2013, Abruf am 26. Juli 2013.
  2. Gerald Lehner, salzburg.ORF.at/Agenturen: Kristina Hammer neue Festspielpräsidentin. 24. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  3. 1 2 Norbert Mayer: Salzburger Festspiele: Nach der Niederlage ein Triumph der Kultur, Die Presse, 25. Juli 2014
  4. Hermann Bahr und die Salzburger Festspiele, Universität Wien, abgerufen am 1. August 2014
  5. Memory Gaps, Kunstinitiative des Gedenkens von Konstanze Sailer: Intervention II: Poldi Wojtek war nicht harmlos, abgerufen am 9. April 2021
  6. Salzburger Festspiele (Hg.): Das Logo der Salzburger Festspiele und seine Gestalterin Poldi Wojtek, abgerufen am 9. April 2021
  7. Uraufführung von Hofmannsthals Das Salzburger große Welttheater, 1922.
  8. Molieres Der eingebildete Kranke, 1923.
  9. Wiederum Hofmannsthals Salzburger großes Welttheater und Vollmoellers Das Mirakel, 1925.
  10. Goldonis Der Diener zweier Herren, 1926.
  11. Heribert Prantl: Ein Hoch auf den Kompromiss. In: Süddeutsche Zeitung vom 3. April 2016.
  12. William M. Johnston: Zur Kulturgeschichte Österreichs und Ungarns 1890–1938. Böhlau, Köln/Wien 2015, ISBN 978-3-205-79378-6, S. 49.
  13. Franz Karl Stanzel: James Joyce in Kakanien (1904–1915). Königshausen & Neumann, Würzburg 2019, ISBN 978-3-8260-6615-3, S. 29.
  14. Modifizierte Salzburger Festspiele 2020. Abgerufen am 17. Juli 2020.
  15. Daten & Fakten 2020 Modifiziert • Salzburger Festspiele • Wirtschaftsfaktor. Abgerufen am 13. Mai 2021 (deutsch).
  16. 15 13 Uhr, 13 Dezember 2019: Das verdienen Kulturmanager: Kratzen am Bundeskanzlergehalt. 13. Dezember 2019, abgerufen am 13. Mai 2021.
  17. Österreichischer Musiktheaterpreis: Trophäenregen für Salzburger Festspiele. In: ORF.at. 2. August 2021, abgerufen am 2. August 2021.
  18. "Courage und Ermutigung in der Pandemie": Salzburger Festspiele räumten bei Musiktheaterpreis ab. In: Kleine Zeitung. 2. August 2021, abgerufen am 2. August 2021.