Christian Hlavac: Wiener Gärten und Parks#
Christian Hlavac: Wiener Gärten und Parks. Reihe Archivbilder Wien. Sutton Verlag Erfurt 2011. 96 S., 160 Bilder. € 19,95
Seit mehr als einem Jahrzehnt und in über 170 Bänden widmet sich der international tätige Sutton Verlag der österreichischen Regionalgeschichte. Eines der jüngsten Bücher seiner Erfolgsserie "Archivbilder" beschäftigt sich mit Wiener Gärten und Parks. Sie zählen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, doch bringt das Buch bewusst keine bunten Postkartenfotos, sondern Schwarz-Weiß-Abbildungen, deren Vorlagen aus privaten Beständen stammen. Der Landschaftsplaner Christian Hlavac hat sich auf die Suche nach Bildern begeben, um das sich verändernde Aussehen der Freizeiträume zu dokumentieren. Bei der Recherche hörte er nicht nur einmal: "Fotos von Wiener Gärten und Parks haben wir nie gemacht". Dennoch sind ihm viele interessante Funde geglückt. Er gliedert sie in vier Kapitel: Adelige Gärten, Bürgerlich-private Gärten, Öffentliche Parkanlagen und Wiener Internationale Gartenschauen.
"Adelige Gärten" beginnt erwartungsgemäß mit Schloss Schönbrunn, einem der kulturhistorisch wertvollsten Gesamtkunstwerke Europas. Nicht die klassischen Ansichten sind hier zu sehen, sondern der Intention der Serie entsprechend, der Alltag in den imperialen Anlagen. Im Schlosspark bedeutet das: Gärtner auf haushohen Fahrgestellen beim Heckenschnitt oder mit der "Verpflanzmaschine". Diese Techniken haben sich seit der Barockzeit kaum geändert.
Damals entstanden in der näheren und weiteren Umgebung Wiens aristokratische Landsitze. Hier lernt man zunächst das einst Schwarzenbergsche Schloss Neuwaldegg kennen. Viele haben es noch als katholisches Bildungshaus in Erinnerung, seit 2002 ist es im Besitz einer amerikanischen Privatstiftung. Vom Ehrenhof des J. B. Fischer von Erlach zugeschriebenen Gartenpalais führt eine Allee zum Quellgebiet des Alserbaches. Zwei Obelisken markieren den Weg.
Auch das Stadtpalais der Fürsten Schwarzenberg in Wien 3 ist mit einigen Bildern vertreten. Vom anschließenden Belvedere des Prinzen Eugen gibt es Erfreuliches zu sehen: die Gegenüberstellung des Oberen Parterres mit den Sphingen vor und nach der Restaurierung. Es ist eine jener Parkanlagen, die seit der Gesetzesnovelle von 2000 unter Denkmalschutz stehen. Inzwischen zeigt das Parkpflegewerk Wirkung.
Der zweite Teil ist bürgerlich-privaten Gärten gewidmet, vor allem den Rothschildgärten, die zu den schönsten Wiens zählten. Um 1880 ließ Nathaniel Mayer Anselm Frh. v. Rothschild diese auf der Hohen Warte, Wien 19, anlegen. Sie sollten für die Familiengüter zu jeder Jahreszeit Blumen - wie Orchideen - und Obst - u.a. Bananen - liefern. Der Gründer war ein Enkel des legendären Salomon Rothschild, der eines der größten Vermögen Europas hinterlassen hatte. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Anlage zeitweise für das Publikum geöffnet, der Erlös kam der Wiener Rettungsgesellschaft zu Gute. Geheimnisvoll ist das Schicksal des japanischen Gartens, dessen Ansichtskarte im Buch abgedruckt ist. Nach einem Führer von 1912 konnte man "Klein-Japan" in einem der Glashäuser bewundern. Christian Hlavac schreibt, dass sich zwischen 1905 und 1927 auch im Freigelände ein Japangarten befunden habe. Außerdem fand der Autor etliche Fotos, die die einstige Pracht ahnen lassen, und sogar eine edle Visitenkarte von Karl Kunz, "Baron Alfons von Rothschild'scher Garten-Inspektor". Im Zweiten Weltkrieg wurden viele der 70 Glashäuser zerstört, 27 ließ das Stadtgartenamt wieder aufbauen und betrieb auf der Hohen Warte seinen Reservegarten. Nach der Übersiedlung des Betriebs nach Hirschstetten, Wien 22, und dem Bau eines Schwimmbads, kam der Rest der Rothschildgärten 1977 zum angrenzenden Heiligenstädterpark. Unweit davon besteht der Wertheimsteinpark als Grünoase, das repräsentative Biedermeier-Glashaus blieb jedoch nicht erhalten.
Das Kapitel "Öffentliche Parkanlagen" beginnt mit dem - heuer 150-jährigen - Stadtpark, dem ersten großen öffentlichen Park der Gemeinde Wien. 1888 eröffnete Kaiser Franz Joseph I. den Türkenschanzpark im damaligen Vorort Währing. Beim Abschluss der Erweiterung, 1910, waren die Vororte bereits zu Wien eingemeindet. Einer Postkarte des "Wasserfalls" um 1911 ist der Rekonstruktion dieser Partie ein Jahrhundert später gegenübergestellt. Heute kann sich Wien rühmen, über 850 Park- und Grünanlagen sowie weitläufige Wiesen- und Waldgebiete zu verfügen. Dass Grünräume mehr als die Hälfte der Fläche Wiens ausmachen, ist einzigartig für eine Millionenstadt.
Fast in die Gegenwart führt das letzte Kapitel: Wiener Internationale Gartenschauen. Sie fanden 1964 mit dem Wahrzeichen des Donauturms und 1974 in Oberlaa statt. Vor der Sanierung als "WIG 64" war das 100 ha umfassende Donaupark-Gelände im 22. Bezirk städtebaulich und ökologisch belastet. Es befanden sich dort ein illegales "Bretteldorf", eine Mülldeponie und ein Militärschießplatz. Etwa gleich groß ist das Areal der "WIG 74". Am Fuß des Laaer Bergs, Wien 10, verwandelte man Ziegeleigründe in einen Kurpark Die Einbauten der WIG 64 und 74, wie Ausstellungshallen, futuristisch anmutende Spielgeräte, Sessellift und Monorail sind längst abgebaut. Aber die großzügigen Erholungsflächen wissen die Wienerinnen und Wiener bis heute zu schätzen. Ein wenig Nostalgie, wie sie das vorliegende Buch charmant vermittelt, kann dabei nicht schaden.