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Barbara Czwik, Maria Czwik, Barbara Sauer, Florian Schwetz: Die Gemeindebauten am Wiener Alsergrund#

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Barbara Czwik, Maria Czwik, Barbara Sauer, Florian Schwetz: Die Gemeindebauten Am Wiener Alsergrund - Eine Bezirksbesichtigung. Promedia Verlag Wien 2014. 192 Seiten, ill. mit Bezirksplan. € 19,90.

In Wien bestehen 1.750 kommunale Wohnbauten. Auf dem Alsergrund sind es rund 50, zumeist kleinere, womit er im Durchschnitt der Bezirke innerhalb des Gürtels liegt. Die Datenbank von Wiener Wohnen verzeichnet die Wiener Gemeindebauten detailliert. Das Autor/innenteam war bei der Inventarisierung mit tätig. Alle sind also ausgewiesene Expert/innen: Barbara Czwik studierte Kunstgeschichte. Maria Czwik ist Historikerin. Barbara Sauer forschte zu Museums- und Sammlungsgeschichte, Architektur und Wohnbaupolitik in Wien. Florian Schwetz studierte in Wien und Berlin Geschichte, Kunstgeschichte und Publizistik. Dass sie gerade den Alsergrund als Thema ihres Buches wählten, begründen sie so: "Nicht zuletzt waren es verschiedene persönliche Hintergründe und die Vertrautheit mit den Gegebenheiten im 9. Bezirk, welche die Wahl auf den Alsergrund fallen ließen."

Der 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund entzieht sich Etikettierungen wie Arbeiterbezirk oder Nobelviertel. Er entstand 1850 aus sieben Vorstädten, die noch lange ihre Unterschiede bewahrten, wie die Alservorstadt als Ärzte- und Spitalsviertel Wiens oder die eher bescheidene Barockvorstadt Lichtental, in der die "kleinen Leute" lebten. Als erster kommunaler Bau der Gegend entstand 1925 der Thuryhof. Lichtental hat nicht überlebt, wie der vergleichbare Spittelberg, sondern wurde zum typischen Assanierugsgebiet der Nachkriegszeit. Zwar hätte es Alternativen gegeben, aber sie blieben ungehört. Eingehend schildern die Autor/innen die verschiedene Projekte wie jenes des Geographen Walter Strzygowski (1908-1970) aus dem Jahr 1948, der sich für die Erhaltung der alten Vorstädte aussprach. An Stelle des Franz-Josefs-Bahnhofs schlug er Parkanlagen und Kleingärten vor. Für Lichtental hoffte er, dass "dieses reizvolle Beispiel einer Kleinstadt aus dem Vormärz erhalten bleiben" könne. "Kann Lichtental nicht erhalten bleiben, dann muss wenigstens seine Kirche in die umgebenden Gärten eingeschlossen werden, die dann eine lange Grünzunge von Döbling bis zum Park des Palais Liechtenstein bilden würden."

Einleitend stellt das Autor/innenteam Allgemeines zu den Wiener Gemeindebauten und die Wohnbautätigkeit des Roten Wien vor. Ihrem Thema Alsergrund nähern sich die Verfasser/innen von unterschiedlichen Blickpunkten. Dabei ließen sich Überschneidungen und Redundanzen nicht vermeiden. Barbara Sauer referiert über die Wohnbautätigkeit des "Roten Wien" im 9. Bezirk. Maria Czwik beschreibt Wohnungen und Gemeinschaftseinrichtungen der Alsergrunder Gemeindebauten zwischen 1923 und 1934. Barbara Czwik untersucht die Strategie des kommunalen Wohnbaus im Wien der 1920er Jahre zwischen Sachlichkeit ud Ornament. Barbara Sauer begibt sich auf die Spur der Bewoher/innen der Gemeindebauten am Alsergrund. Florian Schwetz beschäftigt sich mit der Gemeindebauarchitektur der 1950er und 1960er Jahre auf dem Alsergrund und mit den Auswirkungen der Stadtplanung und Stadterneuerung nach 1945 auf diese. Maria Czwik schreibt über das letzte Kapitel des kommunalen Wohnbaus, in den 1970er bis 1990er Jahren. Schließlich macht sich Barbara Sauer Gedanken über Namensgebung und Identitätsstiftung.

Ein umfangreiches Verzeichnis bringt die Biographien der Architekt/innen von Josef Jaroslav Bayer, der den Leon-Askin-Hof in der Sechsschimmelgasse plante, bis Martin Ziegler, der u. a. am Hernalser Gürtel 26 aktiv war.

Ein wesentlicher Teil des Buches ist das Verzeichnis der Wohnhäuser. Es umfasst auch jene Bauten, die noch in der Monarchie entstanden und später in den Besitz der Gemeinde Wien gelangt sind. Zu diesen zählt das unter Denkmalschutz stehende Palais Odescalchi, Berggasse 3 aus der Zeit um 1825. Ein Ensemble aus vier Gründerzeithäusern am Beginn der Lazarettgasse wurde in den 1980er Jahren vorbildlich revitalisiert. Die Stadt Wien investierte 83 Millionen Schilling. Es wurden Durchgänge zwischen den Häusern geschaffen, die Höfe zu einem Park verbunden, der sich bis zum AKH erstreckt, Aufzüge und Tiefgaragagen eingebaut und ein Kindergarten eingerichtet.

Der erste "richtige" Gemeindebau steht seit 1923 in der Rögergasse 6. Mit seinem Ehrenhof erinnert er ein wenig an ein Barockpalais. "Das Gebäude oszilliert in einer für die 1920er Jahre typischen Weise zwischen Sachlichkeit und Ornament", heisst es darüber. Der letzte Gemeidebau Wiens entstand 2004 im 23. Bezirk, auf dem Alsergrund ging die klassische Ära schon ein Jahrzehnt früher - in der Lazarettgasse 17 - zu Ende: "Der Gemeindebau zeichnet sich durch sein Stiegenhaus aus." Über dieses erreichen die Mieter auch den Dachgarten mit seiner Pergola.

Das informative Buch enthält viele Fotos (vom Architekturfotografen Alex Kubik) und Pläne. Außerdem ist ihm ein Alsergrund-Plan beigegeben, auf dem die beschriebenen Häuser eingezeichnet sind. Er kann zum hilfreichen Begleiter bei der "Bezirksbesichtigung" werden, auf der sich eine Menge entdecken lässt