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Paul F. Röttig: Gnade und Kompetenz#

Bild 'Röttig'

Paul F. Röttig: Gnade und Kompetenz. Spannungsfeld kirchlicher MitarbeiterInnen zwischen Leitung und Leistung. Plattform Verlag, Wien 2014. 130 S., € 16,90

Es wird selten vorkommen, dass ein studierter Philosoph, Psychologe und Theologe, der über langjährige internationale Management-Erfahrung verfügt, als verheirateter Diakon in der Kirche wirkt. Für Paul F. Röttig trifft das zu, so verknüpft er nun Wissen und Beobachtungen im Hinblick auf die Herausforderungen, denen sich die katholische Kirche 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanum gegenüber sieht. Dabei beobachtete der Autor, dass sich "zwischen dem Leistungsbegriff der kommerziellen Welt und kirchlichen Arbeitsbereichen bisweilen ein tiefer Graben auftut. Nur zu freizügig überlassen manche Mitarbeiter der Kirche den Erfolg ihrer Arbeit der göttlichen Vorsehung ohne selbst engagiert zuzugreifen."

In seinem Buch geht es ihm "darum, was die Kirche von der Welt der Wirtschaft und des Managements für ihren Sendungsauftrag in den Bereichen von beauftragter Leitung und angestrebter Leistung lernen kann." Leitung und Leistung ist das erste Gegensatzpaar, dem es sich widmet. Als Vorbild für glaubwürdige Leitung in der Kirche kann das biblische Bild vom Guten Hirten dienen - wobei die Gläubigen nicht als dumme Schafe zu interpretieren sind. Dem Theologen Hermann Stenger zufolge, beherrscht der Gute Hirte mehrere "Künste", nämlich für das Leben zu sorgen, Beziehungen zu gestalten und Macht auf rechte Weise auszuüben. Paul F. Röttig meint, dass diese Fähigkeiten zwar lehrbar, aber nicht von allen Menschen erlernbar seien: "Die Auffassung, dass mit der Diakonen- Priester- oder Bischofsweihe automatisch die hirtliche Kompetenz sozusagen 'mitgeliefert' wird, ist zwar weit verbreitet, wird jedoch vielfach … in der Praxis widerlegt." Während das Leitungsamt immerhin diskutiert wird, gilt in der Kirche "Leistung als Tabu". Hingegen sind profit-orientierte Unternehmen per definitionem leistungsorientiert - was den MitarbeiterInnen nicht nur gut tut.

Der veränderten Arbeitswelt - auch in der Kirche - ist das nächste Kapitel gewidmet. Hier wie dort sollte das Prinzip "Glaubwürdigkeit durch Professionalität" herrschen. Die 2012 beschlossenen Wiener "Leitlinien für den diözesanen Entwicklungsprozess" geben Hoffnung, auf dem richtigen Weg zu sein. Allerdings liegt ein langer Weg der kleinen Schritte vor den kirchlichen Verantwortungsträgern und Mitarbeitern, von denen viele unter dem "Reformstau" leiden.

Schon vor einem Jahrzehnt erarbeiteten Mitglieder des Pastoralrats und der Diözese Eisenstadt, im Auftrag von Bischof Paul Iby, eine "Charta Humana" für das vertiefte Verständnis des Menschen- und Führungsbildes der Kirche im Burgenland. Das ganzheitliche System für den Mitarbeitereinsatz in der Diözese entstand unter der Leitung des Autors, mithilfe eines von renommierten Wirtschaftsexperten entwickelten Instrumentariums. Fünf Aspekte spielten dabei eine Rolle: Spiritualität, Pastoral, Finanzen, interne Prozesse und Wachstum. Doch das Konzept verstaubt in den Schubladen der Diözese, seine Umsetzung "blieb bis heute ein unerfüllter Traum".

Trotz allem hat Paul F. Röttig noch nicht resigniert. Unter dem viel zitierten Slogan "Der Mensch im Mittelpunkt" fasst er zusammen, worauf es bei weltlichen wie kirchlichen Unternehmen ankommen sollte: Mitarbeiterbedürfnisse kennen, Charismen zur Entfaltung bringen, fachliche, persönliche, soziale und Führungskompetenzen fördern. Spiritualität, durch die sich die Kirche von anderen Organisationen unterscheidet sollte mit "Leadership" zusammentreffen. Er plädiert für Lehrgänge in "Pastoral Leadership", wie sie manche katholische Fakultäten anbieten. "Handauflegung und Weihegebet sind keine Garantie für pastorale Effizienz kirchlichen Tuns. Sie verpflichten vielmehr zur engagierten Vertiefung professioneller Kompetenzen."