Martin Mostböck: AID - Architecture Interiors Design#
Martin Mostböck: AID - Architecture Interiors Design. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2015. 124 S., ill. € 35
Als Kind wollte Martin Mostböck Astronaut werden. Der Dreijährige war fasziniert von der Mondlandung, die er mit seinem Vater im Fernsehen verfolgte. Mostböck senior war Architekt, später arbeitete der Junior in seinem Büro mit. Vor 20 Jahren schloss Martin Mostböck sein Studium an der Technischen Universität Wien ab. Nach dem Erhalt des Diploms wirkte er bei Coop Himmelb(l)au in den Bereichen Architektur, Design, Konstruktion und Städtebau. Seit 2001 im eigenen Studio tätig, wurden seine Arbeiten und Entwürfe international ausgezeichnet und in renommierten Museen ausgestellt.
Das Buch AID hat er selbst redigiert. Auf den ersten Blick fällt das außergewöhnliche Design auf. Schon die Art des Einbands und die Bindung sind kreativ und überraschend, einfach gut. Die Frage, was gute Architektur ausmache, beantwortet Martin Mostböck: "Gute Architektur ist auf den ersten Blick erkennbar und bedarf keiner Erklärung." Er ist überzeugt, dass eine gute Architektur-Umgebung Menschen positiv beeinflusst, weil sie ihre Gedanken und Möglichkeiten besser entfalten können. Der Architekt bedauert, dass hierzulande Architektur und Design in der Schulbildung zu wenig Platz eingeräumt wird. "In der Schweiz werden bereits Schulkindern Gestaltungsfragen näher gebracht."
Von Architektur handelt das erste Kapitel des Buches, von Interieurs und Design die weiteren. Den Einstieg bildet jeweils ein Interview bzw. Essay. Alle Texte sind deutsch und englisch verfasst. Von den vier vorgestellten Häusern befinden sich drei im Burgenland: In Draßburg Bildhaueratelier und -wohnung, in Horitschon ein Winzerhaus, in Oberpullendorf ein - für den Selbstbau konzipiertes - Einfamilienhaus. Mit Nutzflächen von 150 bis 257 m² wirken sie trotz aller Raffinesse überschaubar. Hingegen erlaubt das Gebäude mit Eigentumswohnungen beim Wiener Hauptbahnhof "eine räumliche Intervention mit neuen Qualitäten für Bewohner und Umgebung". Dies geschieht u. a. durch den "Canyon", einen grünen "(B)Innenraum".
Zum Thema Interieur sagt Martin Mostböck: "Wenn ich an einen Raum denke, denke ich nie an einen leeren Raum." Von den vier vorgestellten Beispielen haben drei mit Wasser zu tun. Zwei sind Badezimmer - gestaltet mit Granit und Edelstahl - eines ein Wellnessbereich, bei dem die Wand aus goldbraunem Solnhofer Kalkstein den Kontrast zum blauen Pool bildet. Ganz in Weißtönen präsentiert sich ein Eisenstädter Modehaus, um Komfort und kultiviertes Einkaufserlebnis zu vermitteln. Der Entwurf wurde beim Adolf Loos-Preis und beim Staatspreis Design nominiert.
Das umfangreichste Kapitel ist dem Design gewidmet. Mostböcks "Best Friends Chair" aus dem Jahr 1993 hat Eingang in das Wiener MAK und das Museum of Arts und Design in New York gefunden. "Seine Sitzfläche aus Holz wird von drei Axtgriffen gestützt. Einer davon ist sogar eine komplette Axt, deren nackte Klinge als Rückenlehne dient.", charakterisiert der Designjournalist Norman Kietzmann das Objekt. Für den Künstler stand hinter der Entstehung "die Erkenntnis, dass eine Freundschaft ein schreckliches Ende nehmen kann … Das Objekt ist auch ein personifizierter Gedanke." Andere Entwürfe sind freundlich-friedlich, aber immer unkonventionell: Sitzmöbel, Tische, Teppich, Beleuchtungskörper … Der runde Teppich "Dark Side of the Moon" zeigt ebenso wie "Eklipse", eine Lampe aus Messingrohr, und das Projekt im öffentlichen Raum "Supagarcia" kreisförmige Perforationen. Beim Sessel "Flaxx" besteht die Sitzfläche aus Naturfasern. Das Fußgestell erinnert an den Rahmen eines Rennmotorrades. Die Technologie kommt aus dem Automobilbau. "Der Flaxx Chair ist als Hybrid zwischen Vierbeiner und Freischwinger konzipiert … und die Kombination der Vorzüge beider Konzepte sind eine zeitgemäße Interpretation in Funktion und Form." Auch "Flaxx" erhielt Auszeichnungen und steht in Museen. Die 124-seitige Werkschau gipfelt im Erfolgsmodell "Twista" (2005). Die Pflanzgefäß-Serie wurde zum meistverkauften "Eternit"-Produkt - auf dem Foto mit dichter Tulpen-Bestückung perfekt inszeniert. Die Flächen des Würfels sind um 5 Grad geneigt, in einer versetzten Reihe aufgestellt, entsteht ein dynamischer Eindruck. "Ich bin der Meinung, dass man als Designer dem Benutzer ein wenig Kreativität überlassen muss, um eine spielerische Handhabung zu erlauben", kommentiert Mostböck im Interview mit Norman Kietzmann, der zusammenfasst: "Alles sollte klar und authentisch sein - egal ob es um ein industriell gefertigtes Produkt oder ein künstlerisches Einzelstück geht."