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Ernst Bieber: Rundumadum: Im Weinland der Superlative#

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Ernst Bieber: Rundumadum: Im Weinland der Superlative. Hoch hinauf und tief hinab in der österreichischen Weinszene. Kral Verlag Berndorf. 352 S., ill., € 24,90

Die Rundumadum-Buchreihe ist das neue Erfolgsformat des Kral-Verlags. Sechs Taschenbücher mit kompakten Texten und ansprechenden Bildern sind in den letzten Monaten erschienen. Wie der Name verrät, führen sie in interessanten Gegenden rundherum um Sehenswürdigkeiten. Dabei ist die Auslegung flexibel. Beim ersten Band "Am Rand vom Land" ist der Titel wörtlich gemeint. Brigitte Huber führt entlang der Grenzen Österreichs. Im 2. Band, "Wasserfälle in Niederösterreich", begleitet Markus Dürnberger zu mehr oder weniger bekannten Kaskaden. In Band 3 "Am Donaulimes" laden Peter und Ruth Schubert zur Spurensuche am Donaulimes ein. In Band 6 lüften Maria Mustapic und Günter Fuhrmann Geheimnisse der Inneren Stadt. Der Sonderband von Robert Bouchal und Wolfgang Mastny ist "Schloss Laxenburg" und seinem faszinierenden Park gewidmet.

In Band 4 beschäftigt sich Ernst Bieber mit dem Weinland der Superlative. Die Neuerscheinung unterscheidet sich in Inhalt und Gestaltung von den bisherigen Titeln. Ernst Bieber ist ein anerkannter Fachmann. Er war Chronikchef, Chefreporter und Weinberichterstatter bei "Volksblatt" und "Kurier" und erhielt etliche Publizistikpreise. Sein Standardwerk "Weinschätze Österreichs" nannte der "Falstaff"-Kritiker Das beste Österreich-Weinbuch, das seit Jahren erschienen ist. Der Autor betreibt selbst Weinbau in Wien und in der Steiermark, wobei er auch dafür ausgezeichnet wurde, unter anderem mit einer Goldmedaille für seinen Riesling.

Das erste Kapitel Ganz hoch stellt die höchst liegenden Weingüter vor (mehr als 289 m). Sie liegen in der Steiermark, in Kärnten, Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich und Salzburg. Im Pinzgau, befindet sich das höchst liegende Weingut Österreichs, die "Alpininwinzerei" auf 1212 m Seehöhe. Doch wirken diese Superlative bescheiden gegen Tibet, wo bei der Hauptstadt Lhasa auf 3563 m elf Sorten gedeihen. Auch in Argentinien gibt es Weingärten über 3000 m Seehöhe.

Kapitel 2 ist Ganz gläsern übertitelt. Zur Kultur des Weingenusses gehören geeignete Trinkgefäße. Der älteste noch erhaltene Glaskelch aus Ägypten stammt aus 1450 v. Chr. und ist in München zu bestaunen. Die Glasbläser-Kunst hat nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in Tirol Weltklasse-Niveau erreicht. 1534 wurde in Hall die erste österreichische Glasmanufaktur gegründet. In Kufstein, ist seit 1956 die Firma Riedel tätig, die mit ihren langstieligen, dünnwandigen, mundgeblasenen Gläsern für eine Revolution der Weingenuss-Kultur sorgte.

Kapitel 3, Ganz groß, ist den hölzernen Weinbehältnissen gewidmet. In Österreich arbeiten zwölf Fassbinder-Betriebe, drei bis vier bilden Lehrlinge aus. Das vermutlich größte Holzfass bestellte Kaiser Leopold I. für den Hofkeller. Es hatte ein Volumen von 585.000 Liter und war reich verziert. Das berühmteste ist das 3,84 m hohe und 4,80 m lange Tausendeimerfass des Stiftes Klosterneuburg. Es kann 56.590 Liter aufnehmen - ein Wiener Eimer waren 56 Liter. Wahrscheinlich enthielt es den Weinzehent. Die Bauern kletterten über eine Holztreppe zum Spund hinauf, schütteten die Abgabe in das Fass und verließen dieses über eine Rutsche. Daran erinnert der alljährlich am Leopolditag gepflegte Brauch des Fasselrutschens, der Glück bringen soll.

In Kapitel 4, Ganz außergewöhnlich, befasst sich der Autor mit kuriosen Kellerungen. Da ist die Rede von in Seen versenkten Stahlfässern, dem "Eiswein", der in 2700 m auf dem Dachstein reifte, von Basalttrögen, 600 Liter fassenden Tonamphoren und riesigen eiförmigen Betongefäßen. Kaiser Franz Joseph ließ 1878 im Hofkeller einen 73.100 Liter fassenden Betontank installieren, der innen mit Glas- und außen mit Keramikfliesen verkleidet ist. In Floridsdorf wächst der "erste Wiener Dachwein" und in Falkenstein (Niederösterreich) führt ein Bankfachmann sein Weingut als AG. 5500 Aktionäre beteiligten sich mit 6 Mio. € an dem Unternehmen, dessen Ausbau nun nichts mehr im Wege steht.

Im 5. Kapitel, Ganz gut, begibt sich der Journalist und Winzer auf die Suche nach den besten und teuersten Weiß- und Rotweinen. An Weinbewertungen nehmen meist sechs bis acht Personen teil. International üblich sind das 20- und 100-Punkte-System, wobei Aussehen, Duft, Geschmack, das Sortentypische, Sauberkeit und Harmonie bewertet werden. Die Summe der Wertungen, geteilt durch die Zahl der Tester, ergibt die Punktezahl. Prämiierter Wein kann als Wertanlage dienen. Eine Flasche Mouton 1945, einer der teuersten Weine der Welt, ist bis zu 30.000 € wert.

Kapitel 6, Ganz alt stellt einige der vermutlich ältesten Rebenanlagen Österreichs vor. Immer mehr kommen Weinmacher zur Überzeugung, dass alte Weinstöcke die beste Traubenqualität liefern. Die meisten stammen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. In Hohenwarth bei Eisenstadt wurde vor einigen Jahren eine Urrebe des Grünen Veltliners entdeckt. Der "Methusalem" gilt als 500 Jahre alt und wird vom Verein zur Kultivierung der St. Georgener Rebe nachgezüchtet. In Marburg (Slowenien) soll die als Sehenswürdigkeit gehegte "alte Rebe" 450 Jahre alt sein. Der Rhodter Rosengarten an der südlichen Weinstraße von Rheinland-Pfalz nennt sich "ältester Weingarten der Welt". Er soll vor dem Dreißigjährigen Krieg, Anfang des 17. Jahrhunderts, angelegt worden sein. Am Fuß des Schlern in Südtirol wächst "die älteste Rebe der Welt", angeblich 600 Jahre alt, vielleicht aber auch "nur" 350.

Das 7. Kapitel, Ganz tief führt in bemerkenswerte Keller in Niederösterreich, im Burgenland, in der Steiermark und in Wien. Niederösterreich ist mit einer Rebfläche von rund 28.200 Hektar das weitaus größte Weinland Österreichs. Logischerweise ist auch die Dichte der Weinkeller am größten. … Der Himmelkeller in Kronberg bei Wolkersdorf könnte vom Alter her teilweise zu den ältesten Weinkatakomben Österreichs zählen. Sein Besitzer, der Künstler Hermann Bauch, erzählte dem Autor von Funden aus der Bronzezeit. Das Burgenland weist eine Rebfläche von rund 13.100 Hektar auf und kann ebenfalls auf eine historische Weinbau-Tradition zurückblicken. Zu den wohl ältesten Weinkellern im Land zählt das Gewölbe im Weingut Tinhof in St. Georgen bei Eisenstadt. Schätzungen zufolge entstand es im 13. Jahrhundert. Mit rund 5.000 Hektar Rieden ist die Steiermark das drittgrößte Weinland Österreichs. Die zweigeschossigen Wein-Katakomben von Schloss Herberstein in der Südoststeiermark reichen sieben Jahrhunderte zurück. Kaum eine andere europäische Metropole hat so einen Bezug zum Wein wie Wien. … (Es gibt) im Stadtgebiet rund 660 Hektar Weingärten und knapp 140 Weinbau-Betriebe. Manche ihrer Keller verweisen auf die Römerzeit, wie beim "Bach-Hengl" in Grinzing oder beim Weingut Sirbu in Nussdorf. Der aus Steinen und Ziegeln gemauerte Gewölbekeller im ehemaligen Kremsmünsterer Hof war als "Römerkeller" populär. Außerdem betreiben Hans und Werner Sirbu auf dem Kahlenberg einen der höchst gelegenen Heurigen der Stadt. Von 350 m Seehöhe bietet er einen überwältigenden Blick auf Wien.

Im letzten Kapitel, Ganz spannend, ist ein Weinkeller-Kurz-Krimi zu lesen, für den Ernst Bieber einen Vinum-et-litterae- Preis erhalten hat. Nicht der Gärtner ist der Mörder, auch nicht der Winzer, denn es geht hier um keinen Mord. Friedlich endet das Buch mit einem "Verslein": Hoch hinaus und tief hinab / Das hält Weinfreunde auf Trab. / Und sie finden obendrein / manchen exzellenten Wein.

hmw