Die Technische Universität Graz - ein Jubiläum#
Erzherzog Johann - Visionär und Wegbereiter#
Originalwerkzeuge vom ersten Spatenstich kehren an die TU Graz zurück
von
Ines Hopfer
"Möge der Bau (...) in die Höhe wachsen, fest gegründet für alle Zeiten! Möge er stets eine Stätte sein echt wissenschaftlichen Geistes, eine Stätte fruchtbringenden Wirkens, von dem reicher Nutzen erwächst zum Wohle der Menschheit, zur Ehre des Vaterlandes."[1]
Auf den Tag genau, 73 Jahre nach der Gründung des Joanneums, am 26. November 1884, erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der neuen k.k. Technischen Hochschule auf den Mandell’schen Gründen in der Grazer Rechbauerstraße. Alles, was Rang und Namen hatte, war geladen, um diesen ersten Spatenstich gebührend zu zelebrieren: der Statthalter Freiherr von Kübeck, der Fürstbischof von Seckau Dr. Johannes Zwerger mit Vertretern des Klerus, der Graf von Meran, Landeshauptmann Graf Wurmbrand mit Mitgliedern des Landesausschusses sowie der Grazer Bürgermeister Dr. Kienzl mit Gemeinde- und Stadträten ließen es sich nicht nehmen, bei diesem Ereignis dabei zu sein.
Doch bis zu diesem ersten Spatenstich hatte es eine lange Vorbereitungsphase benötigt. Selbst der ehrwürdige Kaiser Franz Joseph I. hatte bei seinem letzten Grazbesuch bemängelt, "wie ungenügend die technische Hochschule untergebracht sei und dass dies anders werden müsse, und zwar bald!" Bereits im Winter 1858 hatte das Professorenkollegium der damaligen Technischen Lehranstalt vehement auf die ungünstigen Raumverhältnisse im Lesliehof in der Rauberggasse 10 hingewiesen – seit 1811 wurde der Studienbetrieb an diesem Ort durchgeführt. Spätestens mit der Umwandlung in die k.k. Technische Hochschule 1874 wurde die Errichtung eines entsprechenden Neubaues immer dringlicher. Zwei Jahre später erfolgte durch das Ministerium für Kultus und Unterricht der lang ersehnte Ankauf des ehemals Baron Mandell'schen Grundes in der Rechbauerstraße als Bauplatz für den Neubau.
Ihm folgten der Reihe nach die anwesenden Ehrengäste mit einem für diesen Zweck eigens hergestellten Spaten. Gefertigt wurde das mit Ziselierungen verzierte Werkzeug vom Grazer Kunstschlosser Johann Kerl [2], das kunstvolle Mittelschild mit vegetabilem Rankenwerk trägt die Gravur "26. November 1884" und erinnert so an die feierliche Baueröffnung. Auch die speziell für diesen Ehrentag geschaffene Mörteltruhe macht mit ihrer Verzierung aufmerksam: so sind auf der bemalten Holztruhe doch die klassischen Symbole der Freimaurerei [3] sichtbar.
Die beiden Werkstücke Spaten und Mörteltruhe kamen in den Besitz von Bauleiter Johann Wist. 1917 schenkte die Gattin des TU-Professors Wist die beiden reich ornamentierten Werkzeuge dem Landesmuseum Joanneum.
Nun nach 92 Jahren fanden die beiden Museumsstücke wieder den Weg an die TU Graz zurück und können vor der Aula der Alten Technik in einer Vitrine begutachtet werden. Zu verdanken ist dies insbesondere Wolfgang Muchitsch, Direktor des Landesmuseums Joanneum, der in seiner Funktion die beiden Museumsobjekte an die TU Graz verliehen hat: 2Es ist eine Gestik der gemeinsamen Historie dieser beiden Institutionen: Landesmuseum und TU Graz waren die großen Säulen des Joanneums, bis sie sich organisatorisch getrennt haben. Diese Leihgabe dokumentiert heute noch die gute Zusammenarbeit zwischen diesen Institutionen und den handelnden Personen2, so der Direktor des Landesmuseums. Vier Jahre nach dem ersten Spatenstich konnte das neue Gebäude, die heutige Alte Technik, am 12. Dezember 1888 unter den Auspizien des Kaisers Franz Joseph I. feierlich eröffnet werden. 125 Jahre nach dem Spatenstich hat sich an der Mission unserer Universität nicht sehr viel geändert.
Die Worte, die Rektor Gustav Wilhelm während seiner Festrede am 26. November 1884 sprach, haben auch heute ihre Gültigkeit: "Möge der Bau (...) in die Höhe wachsen, fest gegründet für alle Zeiten! Möge er stets eine Stätte sein echt wissenschaftlichen Geistes, eine Stätte fruchtbringenden Wirkens, von dem reicher Nutzen erwächst zum Wohle der Menschheit, zur Ehre des Vaterlandes."
[1] Prof. Dr. Gustav Wilhelm, Rektor der Technischen Hochschule, während seiner Festrede zu Ehren des ersten Spatenstiches am 26.11.1884. Zit. nach: Der erste Spatenstich zum Baue der Technischen Hochschule. In: Tagespost vom
27.11.1884, Nr. 321, Jg. 29.
[2] Johann Kerl (1825 -1897) war seit 1848 in Graz als Schlosser tätig, 1857 eröffnete er seine eigene Schlosserei. Kerl fertigte für zahlreiche größere Bauten kunstvolle Portalgitter, Stiegengeländer, Einfriedungen und Ähnliches an. Für die Arbeiten an der Technischen Hochschule erhielt Kerl am 31. Mai 1891 von Kaiser Franz Joseph I. das goldene Verdienstkreuz verliehen. Kerls Söhne setzten die kunsthandwerkliche Tradition des Vaters fort, 1953 kam es zur Auflösung der Schlosserei.
[3] Spaten und Kelle sowie Winkelwaage an den Schmalseiten und Winkelmaß sowie Zirkel an den Breitseiten.
- Zeitgenössische Zeitungen vom 27.11.1884 bzw. vom 28.11.1884 – namentlich: Wiener Zeitung, Neue Freie Presse, Grazer Morgenpost, Grazer Volksblatt sowie Tagespost
- Zur Feier der Eröffnung des Neubaus der k.k. Technischen Hochschule in Graz (Graz, 1888)
- Wohinz Josef W. (Hg.): Die Technik in Graz – Vom Joanneum zur Erzherzog Johann-Universität (Graz-Wien-Köln, 2002).
- Pferschy Gerhard: Die Kunstschlosserei Kerl in Graz (1857-1953). Zur Geschichte einer Handwerkerfamilie. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz, Bd. 23/24 (Graz, 1993), S. 309-325
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