Notiz 082: Rosenbergers Journale#
(Menschliches Wissen geht sehr schnell verloren)#
Von Martin Krusche#
Je mehr mich die tradierten Wegmarken beschäftigen, von deren aktueller Bedeutung ich immer wieder überrascht bin, desto aufmerksamer werde ich für andere Zeichensysteme, die mir Mitteilungen anbieten, sobald ich das Haus verlasse. Man kann über uns Menschen festhalten, daß wir gewissermaßen sinnsüchtige Wesen sind. Bedeutung erscheint mir so wichtig zu sein wie das Essen und Trinken. Was immer wir tun, was immer uns umgibt, wenn wir darin keine Sinnhaftigkeit entdecken können, macht das die meisten Menschen unruhig, kann einen sogar ins Unglück stürzen.
Bedeutungslose Lebensbedingungen, Sinnlosigkeit, das sind zerstörerische Kräfte. Das läßt sich auch von der anderen Seite her betrachten. Oft haben wir vergessen, was Dinge bedeuten, auch wenn sie uns teilweise vertraut erscheinen. Menschliches Wissen geht sehr schnell verloren.
Ich denke, es wird heute eher unterschätzt, was die Arbeit an Chroniken bedeutet. Wenn ich in meinem Leben Konsumation und Partizipation unterscheiden möchte, spielt Sinnhaftigkeit eine wesentliche Rolle. Genau da setzt unter anderem das Engagement eines Historikers an. Er baut uns zum Beispiel Brücken zu Bedeutung und Sinn von Dingen, die uns umgeben. In Gleisdorf findet sich aktuell ein spezielles Beispiel.
Siegbert Rosenberger hat schon im Vorjahr für das Gleisdorfer Stadtjournal (anläßlich „100 Jahre Stadt Gleisdorf“: 1920 bis 2020) eine Serie von Themenbeilagen erarbeitet. Die Beiträge des Zeitraums Jänner bis Dezember 2020 kann man online durchsehen, aber auch als einzelne Folgen in Form von PDF-Dokumenten kostenlos downloaden.
Dazu kommt inzwischen eine zweite Leiste (ebenfalls mit downloadbaren PDF-Dokumenten hinterlegt). Sie trägt den Titel Ich finde es wichtig, daß solche Stoffe aufgearbeitet und online angeboten werden, so daß sie leicht verfügbar sind. Lassen Sie sich nicht davon irritieren, daß derzeit gerne behauptet wird, die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen reiche gerade noch für die kurzen Tiktok-Videos oder für knappe Tweets.Es mag ja sein, daß dieser Modus im Gemeinwesen dominiert. Deshalb muß die Dokumentationsarbeit trotzdem gemacht werden, weil es immer wieder zu Situationen kommt, in denen Menschen Orientierung suchen und dafür solche Informationen brauchen. Das Wesen der Wissens- und Kulturarbeit handelt ja von größeren Zusammenhängen als bloß von aktuellen Entertainment-Trends.
Apropos! Gleisdorf besteht auf einem Boden, welcher schon in der Antike kontrastreich belebt war. Damit befassen sich Historiker Siegbert Rosenberger und Archäologin Sarah Wolfmayr immer wieder. Hier zwei Notizen dazu:
- Splitter und Scherben (Wozu die Befassung mit Resten unserer Geschichte?)
- Rosa, Rosae, Rosae... (Wozu über die Antike nachdenken?)
Das steht bei uns schließlich auch noch in einem größeren Zusammenhang, der von Querverbindungen zwischen den Genres Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst handelt. Siehe dazu:
- Dorfgeschichten (Bedingungen in der Provinz)
- Wegmarken (Ein kulturelles Zeichensystem, 2. Abschnitt, Übersicht)
- Dorf 4.0: Die Notizen-Übersicht