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Betrifft: Kunstdebatten#

(Archiv externer Beiträge, Blatt #51)#

von Martin Krusche

Es gibt zum Thema Kunst einige Aspekte, die will ich heute nicht mehr diskutieren müssen. Es sollte klar sein, was Privatmythologien von öffentlichen Debatten unterscheidet. Wer völlig ahnungslos und bloß mit den eigenen Gefühlen aufgeladen in das Thema hinein flaniert, wird eben nur Aussagen über die eigenen Gefühle machen können. Die interessieren mich aber nicht, außer ich hab es mit einem bemerkenswerten Menschen zu tun.

Ich kenne allerhand Varianten, wie auf so ein Statement hin Augenbrauen hochgezogen werden. Was, bitte, wollen Sie denn von mir? Wir sind nicht verwandt, auch nicht beste Freunde. Ferner werde ich für das Zuhören nicht bezahlt.

Daß jemand etwas fühlt, irgendetwas, berechtigt keinesfalls dazu, meine Aufmerksamkeit zu binden. Es braucht gute Gründe, um das anzustreben. Wie oft erlebe ich, daß mich Menschen entsetzlich langweilen, indem sie mir vorlegen, was aus ihnen gelegentlich so herauskullert.

Sehr häufig sind das Leute, deren Biografien nichts aufweisen, was mich stutzig machen würde. Oft sind das Leute, die erstens einen etwas faden Beruf haben und dieser Tätigkeit selber nichts abgewinnen können, während sie zweitens ihre Freizeit mit Fernsehkonsum und anderen Vergnügungen totschlagen, weil weder ihre Emotionalität sie antreibt, noch ihre Verstand sonderlich belastbar ist.

Dabei ist so ein Zustand nicht naturgegeben, schicksalhaft, einem aufgezwungen. Wir kommen fast ausnahmslos mit wachem Geist auf die Welt, wissens- und erfahrungshungrig, tatendurstig, verspielt, voller kauziger Ideen, was man alles versuchen, was man ausprobieren könnte. (Das Spielen ist eine bedeutende Tätigkeit!)

Irgendwann entscheidet man gewöhnlich selbst, womit man frei verfügbare Zeit verbringen will; außer jene Menschen, die ungewöhnlichen Zwängen unterworfen sind. Wenn jemand das Gespräch mit mir sucht oder findet, merke ich sehr schnell, in welchen Räumen sich dieser Geist zu bewegen gewohnt ist.

Wer mit ATV, der Kronenzeitung, Tiktok etc. sein Auslangen findet, kann sicher auch ein erfülltes Leben haben. Daran zweifle ich nicht. Es hat bloß mit meinem Leben kaum Berührungspunkte.

Wer sich vor allem in Gspassettln und Spirenzchen übt, um in den Social Media Followers zu generieren, verstößt keinesfalls gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Aber eben diese Charta verpflichtet mich auch nicht, solchen Gauklern meine Aufmerksamkeit zu schenken. Da halte ich es mit serbischen Leuten, die ich manchmal sagen gehört habe: „Svaka vama čast, al' što dalje od naš!“ Das heißt ungefähr: „Alles Gute für Euch, aber weit weg von uns!“

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Jenen, die ihre Zeit gerne totschlagen, weil ihnen etwa Wissenserwerb und die Übung von Esprit zu blöd ist, zu anstrengend, zu was auch immer, tendieren mir gegenüber manchmal dazu, von arroganten Leuten, „abgehobenen Eliten“ und ähnlich anfechtbaren Konsorten zu reden, die ihnen mißfallen und denen sie nichts zu sagen haben.

Wie komme ich eigentlich dazu, daß ich mich von einem denkfaulen Geschöpf messen lassen müßte? Es kann doch jeder sein Leben nach eigener Facon leben. Aber wie ich zum Beispiel Sportler mit einem bergauf niemals Schritt halten könnte, sind meine bevorzugten „Berge“ auch nicht für alle anderen Leute ein Spaziergang.

Es steht jedem Menschen völlig frei, bloß von Eindrücken und Gefühlen zu reden, die einem bestimmte Kunstwerke verursacht haben. Aber ein Kunstdiskurs, also eine Diskussion darüber was Kunst sei oder die Kunst betreffe, das ist etwas anderes.

Wer dafür nicht gerüstet ist, hat sich dafür eben nicht interessiert. Das ist ganz okay. Doch mit solchem Desinteresse sollte man mir nicht in die Quere kommen, wenn eine Debatte über Kunst ansteht. Wichtigtuer, die mir meine Zeit stehlen, kann ich meist mit zwei, drei Fragen einigermaßen verläßlich identifizieren.

Es gibt für mich zu all dem zwei vorrangig nützliche Fragen. Die eine habe ich von Kriminalpsychologin Heidi Kastner behalten: „Wollen sie diskutieren oder Recht haben?“ Die andere ist fast schon Folklore: „Haben sie gute Absichten?“
Erstmals 2024 publiziert auf van.at