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Lyrischer Wettstreit#

Kleine Anregungen #2#

von Martin Krusche

Fokus Freiberg und der Lyrikwettbewerb von 2020. Sie sollten also Lyrik einreichen, nicht bloß ein Gschichterl, das auf eine Textspalte heruntergebrochen wurde. Poesie. Etwas erschaffen. Es klingen lassen. Auf den Reim kann man auch gut verzichten, wenn man sich zutraut, dem Text ohne strengere Form eine ansprechende Melodie zu geben.

Seien Sie nicht taktlos! In der Lyrik zählt der Rhythmus mehr als sonst. (Zeugler Jörg Haberl, Foto: Martin Krusche)
Seien Sie nicht taktlos! In der Lyrik zählt der Rhythmus mehr als sonst. (Zeugler Jörg Haberl, Foto: Martin Krusche)

Experimentieren Sie! Manchmal offenbart sich eine Bruchstelle in der Melodie, wenn man das Gedicht laut liest. Haben Sie keine Scheu, am Text zu feilen. Erstfassungen haben vielleicht hohen persönlichen Erinnerungswert. Das paßt in ein Tagebuch. (Selbst Giganten der Literatur fitzeln an ihren Erstfassungen herum, bis es paßt.)

Aber der Reim ist durchaus interessant, ist Werkzeug und Spielzeug, wie ich schon erwähnt habe. Zum Spielerischen finden Sie Anmerkungen in der vorigen Folge. Nun zum Werkzeug. Wir sind ganz selbstverständlich gewohnt, daß wir lesen und schreiben können, daß wir diese anspruchsvolle Kulturtechnik beherrschen; was übrigens selbst heute noch keinesfalls auf alle unsere Mitmenschen zutrifft.

Doch die Menschheit ist weit älter als die Schrift. Wie hat man daher vor dem Aufkommen der Schriftkulturen Erinnerung festhalten und Wissen weitergeben können? Zum Beispiel durch mündliche Überlieferung. Durch Erzählungen. Durch Epen. Was heute lange Texte sind, die aufgezeichnet werden können, mußte man sich früher merken.

Epen, die in Versen verfaßt sind, merkt man sich leichter. So können auch umfangreiche Geschichten bewältigt und bewahrt, schließlich weitergegeben werden, selbst wenn dazu keine Schrift verfügbar ist.

Vielleicht haben Sie in Ihrer Schulzeit ein prominentes Beispiel dafür kennengelernt. Das Nibelungenlied, als Text im 13. Jahrhundert niedergeschrieben, doch wohl schon während der Völkerwanderung erzählt. Der Reclam-Verlag bietet diesen Text als kostenloses PDF an, und zwar quasi zweisprachig, Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch.

Uns ist in alten mæren wunders vil geseit,
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,
von küener recken strîten muget ir nu wunder hœrensagen.
(Quelle)

Es ist zugleich ein anregender Hinweis, daß sich Sprache ändern darf, laufend ändert. Gerade die Lyrik lädt dazu ein, Regeln der Hochsprache hinter sich zu lassen, mit Worten und Sätzen zu spielen. (Kleine Kinder machen das übrigens mit großem Vergnügen und können sich scheckig lachen, wenn man mit Worten spielt.)

Pop#

Reime sind übrigens in unseren Jugendkulturen vor einer Weile wieder aufgetaucht und finden viel Anklang beim Publikum. Geben Sie „Poetry Slam“ in eine Suchmaschine ein. Sie werden staunen. Falls Sie mit Englisch gut zurechtkommen, finden Sie im Rap interessante Beispiele für ausladende Erzählungen, bei denen heftig gereimt wird.

Aber die Lyrik erlaubt es auch, ganz auf den Klang von Worten zu setzen, wobei dann der Text keine rational erfahrbare Botschaft mehr hat. Man muß nicht am vertrauten Wortsinn festhalten.

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Es gibt ein ganz berühmtes Beispiel aus den frühen Tagen des Rock & Roll, geschrieben von einem Großen dieser Ära, von Little Richard. Ein Teil des Liedes erzählt etwas in Metaphern, also in Gleichnissen, weil das sonst damals kein Rundfunksender ausgestrahlt hätte. Und der Refrain ist rasende Pop-Lyrik, wie sie meine Elterngeneration zur Weißglut gebracht hat. Die meinten, was das soll, was das für ein Blödsinn sei. Wir haben es ihnen nicht erklärt und waren begeistert:

Bop bopa-a-lu a whop bam boo
Tutti frutti, oh Rudy
Tutti frutti, oh Rudy
Tutti frutti, oh Rudy
Tutti frutti, oh Rudy
Tutti frutti, oh Rudy
A whop bop-a-lu a whop bam boo