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Notiz 040: Kulturpolitik im Sommer 2020#

(Zur Konferenz in Permanenz)#

von Martin Krusche

Die Vernissage von Chris Scheuer auf Schloß Freiberg war Anlaß für lebhafte Debatten über den Zustand der Welt in unserer radikalen Erfahrung einer Pandemie. Die Begegnung mit Kunstwerken erinnert uns daran, daß wir nicht bloß mit Alltagsbewältigung befaßt sind. Immer geht es auch um tiefere Schichten, um Nuancen dessen, was uns als Menschen ausmacht.

Chris Scheuer: „Blind Faith“, Öl auf Leinwand, April 2020
Chris Scheuer: „Blind Faith“, Öl auf Leinwand, April 2020

Das ist unausweichlich eine politische Dimension. Also reden wir über Kulturpolitik. Wissens- und Kulturarbeit in der Provinz ist nicht Kulturmanagement, sondern bei uns vor allem einmal inhaltliche Arbeit, erweitert um verschiedene Formen der Kunstpraxis.

Wer meint, Kulturpolitik bestünde aus dem Verteilen von Budgets und Eröffnen von Veranstaltungen, hat keine zeitgemäße Auffassung von Politik. Politik ist seit der Antike eigentlich das Wechselspiel zwischen Funktionärswesen („Politiké“) und Gemeinwesen/Zivilgesellschaft („Polis“).

In zeitgemäßer Form bedeutet das, es interagieren drei Sektoren: Staat (Politik und Verwaltung), Markt (Wirtschaft) und Zivilgesellschaft (natürliche Personen und Rechtspersonen). Als Künstler bin ich nicht bloß Profi in diesem Genre, ich bin auch ein anwesender Staatsbürger, den das gesellschaftliche Befinden in meinem Lebensraum interessiert.

Ich bin ein politisches Wesen, kümmere mich um fundierte Ansichten (Meinungsbildung) und bringe mich in öffentliche Diskurse ein. Demokratie hat noch nie bedeutet: die Mehrheit bestimmt über die Minderheit. Demokratie sorgt für Interessensausgleich und läßt fragen, was mit jenen geschieht, die nicht gehört wurden.

Die Provinz#

Ein Dorf hat gewöhnlich kein Kulturreferat (Politik) und keine Kulturabteilung (Verwaltung), hat bestenfalls einen „Kulturbeauftragten“ im Rahmen des Gemeinderates. In den Städten der Oststeiermark sieht das anders aus.

Unabhängig davon haben wir längst Zeiten, da talentierte Leute und Profis nicht mehr in die Zentren abwandern müssen, sondern ein Leben in der Provinz vorziehen, also abseits des Landeszentrums verbleiben, und dennoch an einem weitreichenderen Kulturgeschehen teilnehmen können. Wir sind sehr mobil geworden und haben eine neue Mediensituation, die das unterstützt. Am 18. Juli 2020 war zu erheben, wie denn nun die Kulturpolitik nach dem Lockdown aussieht.

Seither sehen wir, die offizielle Kulturpolitik der Region ist dem aktuellen Umbruch nicht gewachsen. Sie hat zum Stand der Dinge nichts zu sagen und konzentriert sich auf Veranstaltungstätigkeiten. Damit ist der Fokus stark von möglicher Partizipation zur Konsumation verschoben. Nun liegt der Wahlsonntag 2020 hinter uns. Also reden wir über Kulturpolitik!

Kontext#