Mythos Puch: Stückwerk II#
(Zweite Startphase)#
von Martin KruscheNun rundet sich das Arbeitsjahr 2024 und auf dem Weg zu unserer Archipel-Premiere im großen Stadtsaal Gleisdorfs war schon klar, daß „Mythos Puch IX“ sich heuer nicht in einer Veranstaltung einlösen wird, sondern von inhaltlicher Arbeit und Netzwerkerei handelt.
Das Potential, um solche Vorhaben umzusetzen, hat schlicht seine Limits. Ein größeres Thema runterzuhudeln wäre töricht. Es ist auch nicht nötig. Die 50 Jahre Puch G mit dem Lauf erster Prototypen anno 1974 steht ja als Thema gut vor uns. Ein Konzept rollt als Automobil durch drei industrielle Revolutionen. Dabei sehen wir uns nun nicht an das Kalenderjahr gebunden.
Klar ist, daß ich dieser Tage noch werde fixieren können, wann wir eine erste Puch-Session im Zentrum Gleisdorfs umsetzen können. Das wird in der ersten Jahreshälfte 2025 sehr wesentlich von Flachwaren und kleinen Exponaten handeln, die wir an einem attraktiven Ort zeigen können.
In der zweiten Jahreshälfte 2025 könnte es eine größere Session mit interessanten Fahrzeugen werden. Eine ganz andere Konzeption. Eine andere Art der Geselligkeit. Momentan ist es mir daher wichtig, die Erzählung zu präzisieren und jenen Menschen einladend zu begegnen, die als Sachpromotoren wichtige Beiträge leisten. Hier ein Beispiel
Ich habe in der vorigen Notiz auf Max Zottler („Dieselmax“) verwiesen, der in Graz seinen Puch Alpenwagen gezeigt hat, den ich mir schon vor rund einem Jahrzehnt bei ihm hab anschauen dürfen. Micky Tieber („Alltagsklassiker“) hat mir ein Foto von dieser Grazer Session geschickt. Beide, Zottler und Tieber, sind Schlüsselpersonen einer jeweils sachkundigen Community.
Oder Ferdinand M. Lanner, ein entspannter Experte von unverzichtbarer Sachkenntnis. Er schrieb mir zu den jüngsten Notizen und meinem Verweis auf den konzeptionellen Paradigmenwechsel zwischen Puch-Schammerl und Mini: „Ich werde nicht müde, Issigonis zu entzaubern. Lies Dante Giacosa nochmal!“ Giacosa war bei Fiat der maßgebliche Ingenieur, in dessen Verantwortung (gemeinsam mit Design-Boss Giuseppe Alberti) der Fiat Nuova 500 entstand, dessen Bleche die Basis des Pucherls wurden.
Lanner weiter: „Wenn es nach ihm (als Frontantriebs-Fan) gegangen wäre, hätte Fiat viel früher Frontantrieb gebaut und sicher auch früher den Quermotor eingeführt. Das durfte Giacosa erst 1964 in der Dependance Autobianchi realisieren. Die Idee war genau so da, wie bei Issigonis. Beide waren perfekte Klein-Auto Designer,nur Giacosa auch produktionskostenbewußt, Issigonis nicht, was mit ein Sargnagel für Austin/Morris-BMC wurde. Dafür hatte Issigonis bei den Chefs (Lord und Harriman) Narrenfreiheit und keiner kontrollierte ihn, was er auch nie zuließ. Seine Wutausbrüche bei negativer Kritik sind legendär.“
Das erinnert mich an Schilderungen, wie Ferdinand Porsche seinerzeit bei Steyr auf Kritik und auf Einengungen durch die „Erbsenzähler“ reagiert haben soll. In der Art von den Hut auf den Boden schmeißn und tobend drauf herumzutrampeln.
Lanner: „Also wurde der Quermotor im Mini auch ziemlich unerprobt auf Kunden losgelassen. Heute ist er dafür ein Held. Als ab zirka 1963 BMC ein Drittel der Produktion als Ersatzteilfertigung leisten mußte, war er es weniger. Aber er hatte Rückendeckung. Seine 1100/1300 waren Verkaufserfolge, auch wenn die Garantieleistungen hier ebenfalls exorbitant waren. Man feierte seinen 'Landcrab' (BMC ADO17) künstlich, denn niemand wollte so ein Auto wirklich. Der schon angeschlagene Glaube an dieses Konzept (quer & front & breit & kurz) führte dann mit dem ebenfalls ziemlich unerprobt auf den Markt gebrachten Austin Maxi (BMC ADO14) zum endgültigen Ende letzter Kritiklosigkeit.“
Was hier anklingt, sind Details einer fundamentalen Entwicklung, die Automobile hervorbrachte, dank deren zunehmender Leistbarkeit eine Volksmotorisierung Europas in Gang kam, die auf dem massenhaften Privatbesitz von Autos beruhte. Das war bis zum Zweiten Weltkrieg nicht möglich, weil zu teuer gewesen.
Wenn ich mir heute all das Gezänk anhöre, wo Menschen allenfalls die individuelle Mobilität per Automobil zurücknehmen oder teilweise sogar aufgeben sollen, staune ich. Wenn ich die teils völlig unqualifizierten Diskussionen verfolge, die sich an Technologiesprüngen entzünden, fällt mir auf, daß wir schnell vergessen haben, wie jung das alles ist, was wir hierzulande in der Mehrheit für selbstverständlich halten. Diesen Privatbesitz eines Autos und ausreichen freie Fahrt sowie freie Parkplätze.
Meine Kurzfassung lautet, daß die massenhaft leistbaren Automobile ab den 1950ern auf den Markt kamen. In den 1970ern war Österreichs Volksmotorisierung ein breites Faktum. Zum Beginn der 2000er Jahre hin wurde zunehmend deutlich, eigentlich unübersehbar, daß diese Ära mit ihren Eigenheiten eine historische Episode ist. Das drückt sich auch über Technologiesprünge aus, die uns in eine Vierte Industrielle Revolution geführt haben. Gute Gründe, sich diese Geschichte etwas genauer anzusehen.
- Vorlauf: Mythos Puch: Stückwerk I
- Die Projektübersicht: Mythos Puch (Eine laufende Erzählung)