Protokoll #21: Intelligenz und das Künstliche#
(Archipel Gleisdorf)#
von Martin KruscheEin Werkzeug kann nur so gut sein, wie der Mensch, der es benutzt, damit adäquat umzugehen gelernt hat. So fasse ich ein Gespräch zusammen, das ich eben mit jemandem geführt hab, der beruflich mit IT zu tun hat. Freilich wußten wir genau das schon vor 20 Jahren, als wir dazu einige gemeinsame Schritte getan hatten. Aber der Reihe nach!
Momentan wird mir das Stichwort KI (Künstliche Intelligenz) von vielen Seiten in die Ohren getrötet. Ich werde mit Werbebotschaften beworfen, die mir KI-Applikationen andienen wollen. Dauernd geht irgendwo die Rede davon, aber es herrscht wenig Klarheit, wovon da eigentlich die Rede ist.
Ich habe das kürzlich im Protokoll #18 thematisiert: „Maschinenintelligenz“. Und zwar bezogen auf eine kuriose Situation in der Grazer „Edition Keiper“, an die bezüglich erster Erfahrungsschritte mit einer KI ziemlich unqualifizierte Vorhaltungen adressiert worden sind.
Wir müssen reden!#
Wir könnten, wie schon einst die Ludditen oder die schlesischen Weber, damit beginnen, neue Maschinentypen zu zerschlagen. Aber genau diese europäischen Erfahrungen mit den sozialen Folgen technischer Innovationen und den Weberaufständen machen ja klar, daß darin kein nützlicher Weg zu finden ist.Es scheint naheliegender, sich also aufzumachen, um zuerst einmal zu klären: Was ist denn derzeit zu all dem eine gute Frage? Dazu gibt es ein konkretes Datum in der Anbahnung solcher Klärungsschritte. Am späten Vormittag des 27. März 2024 erreichte mich ein Anruf, den ich per SMS zu beantworten hatte: „bin b. zahnarzt. meld mich später.“
Das betraf den Unternehmer und IT-Experten Jürgen Kapeller, mit dem ich vor über zwanzig Jahren einen soliden Schritt in die Netzkultur absolviert hatte. (Wir waren zu dritt: Kapeller, Graphic Novelist Jörg Vogeltanz und ich.)
Vom Bulletin Bord System, über das Auftauchen des WWW, bis hin zur heutigen Situation mit all den Social Media sind wir kontinuierlich mit diesen Dingen befaßt. Nun hatte es von Ende März bis Anfang Juli gedauert, um mit Kapeller an einem gemeinsamen Tisch zu sitzen. (Das letzte Mal der realen Begegnung lag weit mehr als ein Jahrzehnt zurück.)
Kapeller ist jemand, mit dem ich mich auch über Quantenphysik unterhalten kann, für den „Ereignishorizont“ kein unklarer Begriff ist, der mit mir außerdem übereinstimmt: Falls Maschinen überhaupt je ein Bewußtein entwickeln sollten, also sich selbst erkennen, weshalb sollten sie sich mit uns Menschen überhaupt befassen?
Das steht diesen populären „Terminator-Phantasien“ gegenüber, insgesamt alten Science Fiction-Plots, worin Maschinen die Herrschaft über die Menschen und die Welt an sich reißen könnten. Kapeller sagt ungerührt, dieses Szenario bilde bloß menschliches Verhalten und Machtstreben ab.
Was nun den grundlegenden Unterschied zwischen Mensch und KI angeht, sage ich gerne, die KI sein ein smartes Tool, aber eben ein Werkzeug, genauer: ein Assistenzsystem. Geist und Intelligenz sind andere Kategorien.
Kapeller ist da genauer, stimmt mir freilich zu: eine KI könne mit Semantik nichts anfangen. „Weil sie nur statistisch vorgeht“, sagt er, also mit einem enormen Tempo große Datenbestände abarbeitet und auswertet. Das ist dann etwas essenziell anderes als menschliches Denken und Kreieren. (Das wiederum betrifft mein aktuelles Thema „Poiesis und Praxis“.) Das müssen wir uns noch genauer ansehen.
Diese Nordkorea-Sache#
Wir waren dann auch noch kurz bei einem Thema, das meiner Selbstironie entspringt. Ich behaupte manchmal gerne, ich sei in Wahrheit ein Andoid, der in einer nordkoreanischen Werkstatt zusammengetackert und illegal in den Westen gebracht worden sei. So antworte ich vorzugsweise auf den Umstand, daß allerhand Menschen seit wenigstens einem Jahrzehnt beharrlich geltend machen, ich sei in meinen Denkweisen und Verhaltensvarianten eigentlich eine Art von Anomalie.Kapeller reagierte markant auf das Stichwort Nordkorea, erwähnte auch noch kurz einen „Mister Hu“, um darauf aber energisch das Thema zu wechseln. Für mich ist Südostasien ein Komplex, dessen Vielschichtigkeit mich immer noch eher überfordert, was zur Folge hat, daß auch einer wie ich gerne zu Klischees Zuflucht nimmt.
Ich denke, dieses Thema wird uns noch etwas Arbeit machen. China und Indien sind enorm in Bewegung. Das betrifft Korea stark. (Putin sehe ich potentiell als Pudel der chinesischen Führung). Diese Kräftespiele werden Europa verändern. Sind wir darauf eingestellt?
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