ALBRECHT DÜRER#
Zeichner, Maler, Kunstwissenschaftler ...#
Von Ernst LanzAlbrecht Dürer verband die spätgotische Tradition und deutsches Empfinden mit italienischer Sehweise. Dank seiner wundersamen Gabe, deren Perfektion nur noch von Rudolf von Alt erreicht oder übertroffen wird, schuf Dürer in seinem Leben eine Unzahl an graphischen Meisterwerken. Ich möchte hier nur ganz kurz auf sein Lebenswerk eingehen, und beschränke mich daher auf Kurzbeschreibungen seiner einzelnen wichtigsten Arbeiten.
Albrecht Dürer wurde vor über 500 Jahren - 1471 - geboren und starb ohne Nachkommen am 6. April des Jahres 1528.
Ein deutlicher Hinweis für sein Können stellt das Selbstbildnis Albrecht Dürers als Dreizehnjähriger dar. Auf dieser Zeichnung von 1484 ist der junge Albrecht mit langem und wallendem Haar und mützenartiger Kopfbedeckung, sowie mit ausgestrecktem Zeigefinger abgebildet. Dieses Bild ist eine Silberstiftarbeit.
Ein Jahr zuvor schuf Albrecht Dürer eine farbige Miniaturtemperazeichnung betitelt "Der Jesusknabe als Erlöser". Ein Bild, das Dürer mit lebendiger Plastizität und Exaktheit gestaltete. Ja, peinliche Genauigkeit war seine Devise, das beweisen heute zwei Aquarelle, die Innsbruck als Generalthema haben: das eine zeigt den "Hof der Innsbrucker Burg", das zweite "Innsbruck von Norden". Diese Bilder, das erste entstand 1494, das zweite 1494-1495, sind absolute Beweisstücke seines höchsten Grad an Perfektionskönnen. Meister Dürer hatte mit erstaunlicher Genauigkeit sämtliche Gebäudeteile, die heute noch architektur-historische wertvolle Hinweise aus jener Zeit sind, deutlich und klar sowie realistisch auf Papier gebracht.
Ab 1500 beschäftigte sich Dürer mit Kunsttheorie.
Wenn es Dürer verstand Menschen zu zeichnen, so konnte er erst recht Tiere und Natur festhalten. Ein großartiges und weit in alle Welt bekanntes und beliebtes Bild ist der 1502 entstandene "Junge Feldhase" auch "Dürerhase" (ein von Künstlern zu jeder Zeit gern imitiertes und kopiertes Objekt).
Dürer war 31 Jahre, als er das Aquarell "Der Feldhase" schuf.
Um diese Zeit war er mit der Vollendung des Paumgartner-Altares (1498-1504) (München, Alte Pinakothek) beschäftigt. Danach unternahm er seine zweite Italienreise (1505 bis 1507) - Florenz, Rom und wieder Venedig - um sich von zeitgenössischen Künstlern wie dem von ihn bewunderten Giovanni Bellini und vielleicht von Giorgione Anregung zuteilwerden zu lassen. Die Zeit in der das Aquarell "Der Feldhase" entstanden war, wird von den Historikern und Kulturhistorikern als Anfang der Neuzeit gedeutet. Eingebettet zwischen der Entdeckung Amerikas und den kirchenpolitischen Strömungen der von Luther angeregten Reformation. Es war die Epoche der Renaissance. Wiedergeburt aller geistigen Strömungen seit der Antike. Und es war die Zeit eines Leonardo da Vincis und Michelangelos ...
Zu den Tier- und Naturstudien von Dürer gehört eine 1512 vollendete Miniaturmalerei, die die Flügelhälfte einer Blauracke zeigt. Das Aquarell „Das große Rasenstück“, 1503 gemalt, bestätigt seinen geschärften und geübten Blick für ganz kleine Details. Das wirkt so echt, sodass der echte Rasen verblassen würde.
Für seine Arbeiten übernahm Dürer sehr oft Themenkreise aus dem Alten und Neuen Testament. Ein weiblicher Akt stellt "Eva mit Apfel" dar, von 1506, mittels Feder in Bister erzeugt. Ein anderes Bild "Maria mit den vielen Tieren", eine 1503 aquarellierte Federzeichnung zeigt eine Landschaft mit Maria und den mit einem Blatt spielenden Jesusknaben auf ihrem Schoss. Natürlich agierende unzählige Tiere, vom Käuzchen bis zur langsamen Schnecke. Im Hintergrund schwebt ein Engel um die Frohe Kunde zu verbreiten. In der Mitte oben ein Stern. Ein weiteres interessantes Bild von 1511 hat die "Heilige Sippe" zum Inhalt, es dürfte, da es nicht durch und durch fertig wurde, eher ein Entwurf sein. Schon wieder etwas deutlicher und anmutiger "Maria, das Kind säugend", eine Kohlegraphik aus den Jahr 1512. Die 1514 entstandene Zeichnung "Anbetung des Kindes", und allein die perspektivisch-proportionale Aufteilung des Bildes ist zu dieser Zeit allein schon beachtenswert. Die Krippe mit den Holzgebälkstall, sowie Ochs und Esel und die Heilige Familie sind ein Kunstgenuss für jeden Graphikliebhaber. Weiteres gibt es noch die 1504 entstandene Arbeit "Anbetung der Könige" (Uffizien, Florenz).
Auch Themen vorösterlicher Natur gehörten zu seinem Schaffen, wie zum Beispiel "Die Gefangennahme". In diesem Werk wird der Judaskuss, sowie die eigentliche Gefangennahme durch Soldaten gebracht. Eventuell auch ein angedeuteter leichter Kampf zwischen den Jüngern und den Soldaten sind in diesem bemerkenswerten Bild von Dürer 1503 gestalterisch gut getroffen worden. Auch theologisch-philosophisch Themenkreise bearbeitete Dürer: "Die vier apokalyptischen Reiter". Mehr ist da nichts zu sagen.
Wie vorhin erwähnt, seine Perfektion und seine bis ins letzte gehende "Superarbeit" lassen ihn praktisch konkurrenzlos erscheinen. Später gab es nur wenige Künstler, die ihm gleichwertig erschienen. Nur als Beispiel: Rudolf von Alt (1803-1905).
Ein, neben dem "Hasenbild" noch bekanntes Bild sind die "Betenden Hände". Dieses Kunstwerk schuf Dürer 1508.
Viele dieser erwähnten Bilde befinden sich heute in der Albertina in Wien, welche von Herzog Albert von Sachsen-Teschen im 18. Jahrhundert gegründet wurde.
Sein druckgraphisches Werk gilt als unübertroffen. Er schuf vollkommene Holzschnitte und Kupferstiche. Man denke an die "Große Passion" und "Ritter, Tod und Teufel", "Melancolia" und "Die apokalyptischen Reiter".
Zum Abschluss möchte ich nur noch anfügen, dass Albrecht Dürer noch zu Lebzeiten und auch danach (in der Zeit der ausklingenden Spätgotik beziehungsweise der beginnenden Renaissance) zum Lehrmeister einer ganzen Künstlergeneration wurde. Seine Werke setzten Maßstäbe, wie sie eher erfolglos als erfolgreich zu übertreffen zu allen Zeiten versucht wurde. Ich glaube, dass Albrecht Dürer auch in Zukunft Vorbild und Maßstab zeichnerischen Gestaltens bleiben wird.
Anmerkung
[1] lt. TV-Doku Albrecht Dürer in Niederösterreich – Faszinosum Schloss Pöggstall. (Aus dem Rahmen [Museumsmagazin / Erbe Österreich]), ORFIII 18.04.2017, 20:15-21:05 Uhr
Quellen (Auswahl)
- Albrecht Dürer: 1471-1971. Ausstellung des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Hrsg. Leonie von Wilckens. München 1971
- Albrecht Dürer sein Kreis und seine Zeit. 17. Ausstellung des Graphischen Kabinetts des Stiftes Göttweig / Niederösterreich. Leitung und Gestaltung: P. Emmeram Ritter. 1971
- Franz Winzinger: Albrecht Dürer: mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. 14. Auflage 2001 (1971)
- Albrecht Dürer. Aquarelle und Zeichnungen mit einem Essay von John Berger. Köln 1993
- Walter Koschatzky: Dürer Zeichnungen. Die Geschichte der Dürersammlungen der Albertina. Salzburg - Wien 1985
- Thomas Schauerte: Albrecht Dürer. München 2020 (mit aktuellster Literatur)
Weiterführendes