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Joseph Mohr. Ein Priester dichtete Stille Nacht#

Von Ernst Zentner

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Detail vom Franz-X.-Gruber- und Josef-Mohr-Hochrelief auf dem Kirchplatz von Oberndorf, Joseph Mühlbacher, 1912 - Foto: Eweht, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
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Joseph Mohr. Glasfenster in der Stille-Nacht-Kapelle, Tiroler Glasmalereianstalt, 1935 - Foto: Werner100359, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
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Franz Xaver Gruber. Glasfenster in der Stille-Nacht-Kapelle, Tiroler Glasmalereianstalt, 1935 - Foto: Werner100359, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Salzburg, Residenzplatz
Salzburg, Residenzplatz, dahinter der Salzburger Dom, in dem Joseph Mohr getauft wurde. August Franz Heinrich von Naumann, um 1791; Salzburg Museum - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Am 11. Dezember 1792 kam unterhalb der Hohensalzburg Joseph Mohr als uneheliches Kind in ärmlichen Verhältnissen zur Welt. Noch am gleichen Tag wurde er im Salzburger Dom getauft. Im gleichen Taufbuch ist auch W. A. Mozart eingetragen. Der Vater war ein desertierter Soldat. Dadurch galt Mohr als "Soldatenkind". Er lebte bei seiner Mutter - eine Strickerin - und Großmutter. Er war ein intelligentes und aufgewecktes Kind, wodurch ihn der Salzburger Domchorvikar Hiernle ihm eine Ausbildung zum Theologen ermöglichte. Daneben wirkte der Jüngling als Sänger und erhielt im oberösterreichischen Stift Kremsmünster - neben einem Philosophiestudium - auch Kenntnisse in der Tonkunst. Am 21. August 1815 - Jahr des "Wiener Kongresses" - erhielt Mohr im Salzburger Dom die Priesterweihe. Anschließend versah er als "Coadjutor" im mehreren Salzburgern Pfarreien Dienst. Darunter auch kurzzeitig in Oberndorf, wo er den in Arnsdorf tätigen Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber (1787-1863) kennenlernte. Ihre Begegnung erbrachte das Weihnachtslied aller Zeiten. Das in der Christnacht 1818 erstmals vorgetragene "Stille Nacht! Heilige Nacht!"
Der in Klerikerkreisen als "Dichternarr" kritisierte Junggeistliche wurde von seinem indignierten Vorgesetzten so beschrieben: "... gleich anderen Schiffbuben im Nachen ... Sein Wesen ist noch jugendlich, unbesonnen, hingebend – Purschenmäßig geht er mit der langen Tabakpfeife, den Beutl an der Seite über die Gassen, er spielt und trinkt nächtlicherweise ... und scherzt auch mit Personen des anderen Geschlechts." Mohr war ein lebenslustiger Mann, fuhr mit den Schifferbuben auf der Salzach, er rauchte Pfeife, war geistigen Getränken nicht abgeneigt, spielte mit seiner Gitarre Scherzlieder im Wirtshaus und hatte mit Frauen keine Probleme.
Joseph Mohr-Schule
Wagrain, Joseph Mohr-Schule - Foto: Luckyprof, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Aber was noch wichtiger war, er stand im Dienst der Gesellschaft um verarmten Zeitgenossen beizustehen. Außerdem regte er in Wagrain den Bau einer Schule an, die heute noch in Verwendung steht.
Alte St. Nikolauskirche von Oberndorf, vor 1906
Alte St. Nikolauskirche von Oberndorf, vor 1906 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Offenbar dürfte die Orgel in der früheren barocken St. Nikolauskirche von Oberndorf unspielbar gewesen sein, sonst hätte Mohr nicht Gruber ersucht ein sechsstrophiges Gedicht, betitelt "Weynachts=Lied"zu vertonen. "Stille Nacht" hatte Mohr bereits in Mariapfarr 1816 geschrieben. Sein Inhalt spielt die Weihnachtsgeschichte im Neuen Testament an. Der Priester war in Theologie und religiöser Vermittlung sehr bewandert gewesen. Dazu werden ihn auch die Mariapfarrer Sakralkunstwerke inspiriert haben.
Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariapfarr, Lungau, Salzburg
Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariapfarr, Lungau, Salzburg - Foto: Lorehanne, Wikipedia Commons - Gemeinfrei
Aus gesundheitlichen Ursachen konnte er keine umfangreicheren Pfarreien übernehmen. Schließlich starb er am 4. Dezember 1848 56-jährig, im Jahr der Biedermeier- und Vormärzrevolution, und wurde in einem Armengrab am Wagrainer Friedhof beigesetzt. Später wurde seine letzte Ruhestätte hergerichtet und sein Schädel in der Stille-Nacht-Kapelle in Oberndorf bestattet. Der akademische Bildhauer Joseph Mühlbacher rekonstruierte noch seine Gesichtszüge, die dann in einem Mohr-Gruber-Denkmal aus Bronze verewigt wurden.
Joseph Mohr
Joseph Mohr, Detail des Hochrelief von Joseph Mühlbacher, Photographie aus der Photosammlung des Tagblattarchivs; Wienbibliothek, Dokumentation, TF 007134 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Stille-Nacht-Kapelle
Stille-Nacht-Gedächtniskapelle in Oberndorf bei Salzburg, errichtet 1924-36 - Foto: Gakuro, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Joseph Mohr und ehemalige St. Nikolauskirche in Oberndorf
Joseph Mohr und ehemalige St. Nikolauskirche in Oberndorf - Foto: Renardo la vulpo (24.12.2017), Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Ein Tiroler Orgelbauer entdeckte das Lied und gab es an die Sänger Rainer, und die wiederum an die Sängerfamilie Strasser weiter. Bei Weltreisen hatten sie "Stille Nacht" dargeboten. Bald galt es in einer Liedersammlung fälschlich als Tiroler Volkslied. Sogar Michael Haydn wurde als Urheber angesehen. Gruber stellte in seiner "Authentischen Veranlassung" vom 30. Dezember 1854 klar, dass Joseph Mohr den Text gedichtet hatte und der Komponist die Vertonung geschaffen hatte. Er berichtete aus der Erinnerung darüber: "Es war am 24ten Dezember des Jahres 1818, als der damalige Hülfspriester Herr Joseph Mohr bei der neu errichteten Pfarr St. Nicola in Oberndorf dem Organistensdienst vertretenden Franz Gruber (damals zugleich auch Schullehrer in Armsdorf) ein Gedicht überreichte, mit dem Ansuchen eine hierauf passende Melodie für 2 Solostimmen sammt Chor und für eine Guitarre-Begleitung schreiben zu wollen. Letztgenannter überbrachte am nämlichen Abend noch diesem Musikkundigen Geistlichen, gemäß Verlangen, so wie selbe in Abschrift dem Original ganz gleich beiliegt, seine einfache Composition, welche sogleich in der Heiligen Nacht mit allen Beifall produzirt wurde." Zum Schreiben legte er noch eine Abschrift des Liedes. Musikkenner entdeckten in der Tonfolge Elemente aus einem Mozart-Werk (1770) und Anspielungen auf ein aus Italien überkommenes Neujahrslied. Erhalten haben sich fünf Autographen (1820/1825, 1995 entdeckt; 12.12.1836, 1845, 1854 und 1860). Drei weitere gelten als verschollen (24.12.1818, 1830 und 30.12.1854).
Stille Nacht, Autograph, 1820/25
"Weynachts=Lied" Stille Nacht, Autograph 1820/25 - links untere Ecke "Text von Coadjutor Joseph Mohr 1816" - rechte obere Ecke "Melodie von Fr. Xav. Gruber"; Salzburg - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Franz Xaver Gruber
Franz Xaver Gruber. Porträt von Sebastian Stief, 1846 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Papst Paul VI. nannte Stille Nacht ein Kleinod unter den Weihnachtsliedern (1968). Ein halbes Jahrhundert später: Im Dezember 2018 bezeichnete Papst Franziskus "Stille Nacht" als sein Lieblingslied.

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Quellen
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