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Mächtige Mischung#

Gedanken zu Brevillier-Urban & Sachs GmbH & Co KG#

Spinnmaschinen, mechanische Webstühle, Holz- und Metallschrauben, Bleistifte, Büroartikel, um nur einige Produkte zu nennen… Diese Firma hat eine Historie quer durch jede Phase der Industriellen Revolution. Das handelt vor allem auch von einer Produktgeschichte, die unser aller Alltag durchdrungen hat. Ich greife einige Aspekte davon heraus.

Wir sagten als Kinder einfach: Buntstifte. Sie waren natürlich von Jolly und verströmten einen magischen Geruch, wenn man die Dose öffnete. Ein Duft, der vermutlich vom Holz kam. (Foto: Liberaler Humanist, Creative Commons)
Wir sagten als Kinder einfach: Buntstifte. Sie waren natürlich von Jolly und verströmten einen magischen Geruch, wenn man die Dose öffnete. Ein Duft, der vermutlich vom Holz kam. (Foto: Liberaler Humanist, Creative Commons)

Der Architekt und Industrielle Joseph Hardtmuth gilt als Erfinder des Graphit-Bleistiftes (1790). Das heißt, er produzierte künstliche Minen für preiswerte Bleistifte in einer Mischung aus Tonmineralen und Graphitpulver. Eine erfolgreiche Neuheit, die wir bis heute gerne nutzen. Davor hatte man solche Minen aus ganzen Graphitstücken schneiden müssen; teure Importware aus England.

Bleistifte sind freilich nur eine Sparte von Brevillier-Urban & Sachs. Die gesamte Industriegeschichte ist von wechselhaften Betriebsanordnungen geprägt. Innovation fordert ständigen Einsatz, hohe Investitionen, die Marktlage ist stets in Bewegung. Es ist hier also von kontrastreichen Mischkonzernen die Rede.

Einer der Namensstifter, Carl Brevillier, ist der Industriegeschichte ganz fundamental verbunden. Sein Vermögen stammte aus der industriellen Produktion von Schrauben für Eisenbahnen. Sein Betrieb war im 19. Jahrhundert einer der größten Schraubenhersteller der Welt. Brevilliers Leidenschaft galt freilich der Kunst. Er gründete 1863 in Wien die Zeus-Bleistift-Fabrik.

Die Mechanik des SAX Frog 400 bewährt sich seit mehr als einem halben Jahrhundert. Heute wird er bloß in bunten Farben angeboten. (Foto: Martin Krusche)
Die Mechanik des SAX Frog 400 bewährt sich seit mehr als einem halben Jahrhundert. Heute wird er bloß in bunten Farben angeboten. (Foto: Martin Krusche)

Ein Beispiel, wie die Industrielle Revolution Güter hervorbrachte, welche hier etwa als preiswerte Produkte für jene Menschen attraktiv waren, die sich vorher keine Kunstmaterialien leisten konnten. Dieser Effekt ist exemplarisch für das ganze 19. und frühe 20. Jahrhundert. Das schimmert immer noch durch unsere Biographien.

Aktuell läßt sich fragen: Wie viele Generationen haben in ihrer Schulzeit eine Jolly Füllfeder benutzt? Wenn Sie heute Ihrem Kind einen Jolly Malkasten kaufen, wenn Sie im Büro oder zuhause Locher und Hefter von Sax verwenden, dann sind Sie ein wenig mit dieser vielschichtigen Firmenhistorie verknüpft.

Der Markenname Sax geht übrigens auf den Heinrich Sachs zurück, dem die Erfindung der Reißnägel zugeschrieben wird. Sein Sohn, der Chemiker Ludwig Sachs, sorgte ab 1931 für die serienmäßige Fertigung von Lochern und Heftern, wie sie heute noch zu haben sind. Aber kurz Zurück in die tiefere Betriebs-Vergangenheit.

Deckfarben in den Knöpfen, Deckweiß extra in der Tube. (Foto: Schmeissnerro, Creative Commons)
Deckfarben in den Knöpfen, Deckweiß extra in der Tube. (Foto: Schmeissnerro, Creative Commons)

Carl Brevillier und sein jüngerer Bruder Ludwig waren natürlich auch in anderen Metiers tätig. Dabei kommen beispielsweise ein innovatives Tiegelgussverfahren oder mechanische Webstühle vor. Das ist überhaupt ein bedeutendes Thema, speziell in der Steiermark. Stahlproduktion und Textilindustrie gehörten zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen der frühen Industrialisierung, durch welche sich die einstmals so rückständige Grüne Mark vollkommen veränderte.

So sehen die Locher freilich längst nicht mehr aus, aber ihre Funktionstüchtigkeit ist davon unberührt. (Foto: Martin Krusche)
So sehen die Locher freilich längst nicht mehr aus, aber ihre Funktionstüchtigkeit ist davon unberührt. (Foto: Martin Krusche)

Brevillier und Comp. war übrigens einer der größten und modernsten Konzerne Österreich-Ungarns. 1855 übernahm Heinrich Trenk von Tonder, ein Neffe des Ludwig Brevillier, die Leitung des Betriebs. Er widmete sich dem Eisenbahnbau und der Bleistiftproduktion. Seine Frau Isabella Trenk von Tonder war die Tochter des Orientalisten und Diplomaten Joseph von Hammer-Purgstall, der im Schloß Hainfeld (nahe Feldbach) sein Zuhause hatte. Das sind bedeutende kulturelle Querverbindungen.

Man könnte sich glatt verlieren, wenn man die Vielfalt der Verstrickungen dieses Betriebs betrachtet, seines Mitwirkens in dieses Heraufkommen jener modernen Welt, mit dem breite Bevölkerungsschichten mobiler werden konnten und leistbare Gebrauchsgüter erhielten, die davor den meisten Menschen unerschwinglich waren.

Bei all den für Industriebetriebe typischen Umbrüchen, Veränderungen, ist da doch eine durchgängige Geschichte vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Heimische Betriebe haben es vielfach zu Weltrang gebracht und zeigen im Gegenzug, wie Weltgeschichte gelegentlich Regionalgeschichte berührt. (m.k.)

Ein bemerkenswertes Unternehmen#