Bruderschaft#
Bruderschaft, Konfraternität oder Zeche nannte man die seit dem Mittelalter bestehenden Zusammenschlüsse, meist von Männern, die ein gemeinsames religiöses oder weltliches Ziel verfolgten. In Wien waren es Vereine mit Rechtspersönlichkeit und gewählten Funktionären.
Der Vereinszweck religiöser Bruderschaften bestand in der Unterstützung von Mitgliedern und deren Hinterbliebenen, Sorge um Begräbnis und Seelenheil, Errichtung und Erhaltung von Kirchen und Altären. In Wien ist die "Schubertkirche" in Lichtental, Wien 9, den 14 Nothelfern geweiht. In der 1723 gegründeten Pfarre bestand eine 14-Nothelfer-Bruderschaft, die sich für den Kirchenbau engagierte. Mitglieder aus ganz Wien leisteten eine wöchentliche Abgabe. Sie trugen auch die Kosten (8642 fl. für den 1777 konsekrierten Hochaltar. Der Entwurf stammte vom Hofarchitekten Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg, das Bild mit den Kirchenpatronen von Franz Zoller.
Ab dem 17. Jahrhundert förderte die katholische Kirche im Sinn der Gegenreformation religiöse Bruderschaften. Auch die Habsburger setzten Initiativen zur Gründung solcher Vereine wie die Totenbruderschaft (1638, zur Bestattung und zum Betrieb des Armensünder-Gottesackers bei der Karlskirche für Hingerichtete) oder Annen-Bruderschaft (1694 an der Annakirche, Wien 1). 1783 bestanden 116 Konfraternitäten mit einem Gesamtvermögen von fast 800.000 Gulden. Sie wurden von Kaiser Josef II. (1741-1790) zu einer Armenbruderschaft zusammengelegt und das Kapital dem Religionsfonds einverleibt.
Handwerkerbruderschaften waren nur Angehörigen des jeweiligen Gewerbes zugänglich. Sie fungierten als Interessensvertretung und kontrollierten die Mitglieder nach den behördlichen Vorschriften, z.B. Qualität und Ausbildung. Goldschmiede, Fleischhauer und Bäcker waren die bedeutendsten Zechen im mittelalterlichen Wien. Gab es wenige Meister eines Gewerbes, so schlossen sich ähnliche zu Gilden zusammen, wie die Lukasgilde für künstlerische Berufe. Ab dem 16. Jahrhundert entzogen die staatlichen Behörden den Bruderschaften viele Kompetenzen, doch blieben die sozialen und religiösen Aufgaben vorerst erhalten.
Auch Angehörige verschiedener Stände, die gesellschaftlich weniger angesehen waren, wie Lehrlinge, Gesellen, Pfründner oder Spitalsinsassen organisierten sich. 1725 gründeten 17 Sackträger bei der Servitenkirche in der Rossau, Wien 9, eine Bruderschaft. Sie verpflichteten sich bei sonstiger Geldstrafe viermal jährlich zum gemeinsamen Gottesdienstbesuch, versprachen, einander bei Krankheit zu unterstützen, für die Bestattung eines Mitglieds und Zahlung eines Betrags an die Witwe aufzukommen. Tarife für die Arbeit wurden vereinbart, Streit und Raufhändel unter den Berufsgenossen bestraft.
Ländliche Burschenschaften waren Zusammenschlüsse der ledigen Männer, die gemeinsam verschiedene Bräuche durchführten. In Niederösterreich war es üblich, dass die Burschen des Rekrutenjahrgangs den Kirtag organisierten. Mit Rügebräuchen übten die Unverheirateten soziale Kontrolle aus (z.B. Schandmai, Katzenmusik). Die Aufnahme in die Gemeinschaft war mit Initiationsbräuchen geregelt, bei denen auch Alkoholgenuss eine Rolle spielte. Die Mitgliedschaft endete mit der Heirat.
Quellen:
Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Wien 1992-1997. Bd. 1/S. 478
Werner Galler: Kirtag in Niederösterreich. St. Pölten 1984. S. 8
Alfred Wolf: Alsergrund-Chronik. Wien 1981. S. 105 f.
Bild:
Beitrittserklärung zu einer Herz-Jesu-Bruderschaft. Wien 1844
Siehe auch:
Bruderschaften in Mariazell in: Mariazell und das ZellertalImma WaidEigenverlagSt.Pölten1982