Sprichwort#
Das Wörterbuch der deutschen Volkskunde unterscheidet zwischen Sprichwort und Spruch: Das Sprichwort (um 1200) bezeichnet die mündliche Überlieferung, alltägliche Erfahrungen, während der Spruch (lehrhafte, oft nur zweizeilige Dichtung) etwas Feierliches an sich hat. Im alten Orient waren Sprichwörter sehr verbreitet und nehmen auch in der Bibel eine bedeutende Stelle ein. Im alten Israel schreibt man viele dem wegen seiner Weisheit berühmten König Salomo zu. Viele "haben ihre Wurzel im Volksmund. Deshalb sind sie manchmal etwas derb, stellen drastische Vergleiche an und bieten alltägliche und allgemein menschliche Lebenserfahrungen. Gelegentlich formulieren sie, um einprägsame Kürze zu erreichen, einseitig," heißt es in der Einleitung zum biblischen Buch der Sprichwörter. Einige sind in den deutschen Sprachschatz eingegangen, wie "Unrecht Gut gedeiht nicht" (10,1), "Hochmut kommt vor dem Fall" (16,18), "Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" (26,27).Viele Sprichwörter, die aus der Antike stammen, wurden durch Predigten verbreitet: "Liebe macht blind" (Platon, 428-348 v. Chr.), "Arbeit schändet nicht" (Hesiod, um 700 v. Chr.), "Das Hemd ist näher als der Rock" (Plautus, 254-184 v. Chr.) Aus der Rechtssammlung Sachsenspiegel (um 1220) stammt: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".
Sprichwortsammlungen bestanden seit der Antike. Bekannt ist jene, die der deutsche Chronist Sebastian Franck (1499 - 1542) im Jahr 1541 herausgab. Etwas später, 1559, setzte Pieter Breughel d.Ä. (1525-1569) hundert niederländische Sprichwörter ins Bild. Auch Sebastian Brants "Narrenschiff" (1494) illustriert damals bekannte Redensarten. Eine aktuelle Quelle für alte und neue Texte und deren Herkunft ist "Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten", das der deutsche Volkskundler und Erzählforscher Lutz Röhrich (1922-2006) 1992 in drei Bänden herausgegeben hat. Sprichwörtliche Redensarten kommen auch regional und im Dialekt vor, im Weinviertel hat sie Michael Staribacher gesammelt.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 763 f.
Die Bibel. Einheitsübersetzung. Stuttgart 1980. S. 692 ff.