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Ton, guter#

Ton_guter
Das Stichwort "Ton, guter" findet sich - anders als "Anstand" oder "Benehmen" - im Wörterbuch der Deutschen Volkskunde. Man erfährt, dass die Bezeichnung - wie das Wort Takt - um 1800 aus der Sprache der Musik entlehnt wurde, und zwar als Übersetzung des französischen "bon ton". Das wiederum erinnert an eine Definition von Schönheit in der Kunst: Schönheit hat mit Ordnung und Regelmäßigkeit zu tun. Die Sonate, deren Komposition gewissen Regeln unterliegt, wird als schön empfunden, die chaotische Katzenmusik der Rügebräuche nicht.

  Beim "guten Ton" geht um von Anstandsregeln bestimmte, "eher oberschichtliche Umgangsformen". Diesem höflichen (höfischen) Benehmen steht der Brauch - meist assoziiert mit "ländlichem Brauchtum" - geradezu diametral gegenüber. Einerseits sind dabei Spielregeln einzuhalten, andererseits charakterisiert gerade die "kontrollierte Entgrenzung" brauchmäßiges Tun. Dieses hat mit Anstand und gutem Ton im Sinne der adeligen Autoren Adolf Freiherr von Knigge ("Über den Umgang mit Menschen“, 1788) und des Offiziers Willy Elmayer von Vestenbrugg („Gutes Benehmen wieder gefragt", 1957), oder dem aktuell erschienen Werk Der Große Elmayer wenig zu tun. 

"Das Brauchtum des festlichen Jahres hat seit jeher unter der Kontrolle der Obrigkeit gestanden. Diese schritt besonders dann ein, wenn überschäumende Lebenslust Gesundheit und Habe bedrohte. So sind Ordnungen und Verbote geradezu Hauptquellen für Sitte und Brauch vergangener Tage" , schrieb der Hamburger Volkskundler Herbert Freudenthal vor einem halben Jahrhundert. Interessant und aktuell erscheinen seine Überlegungen, Manifestationen des Benehmens in die Brauchforschung einzubeziehen: "Nach den Jahren der bloßen Lebensbehauptung, wo sich jeder erst einmal mit beiden Ellenbogen eines harten Daseins zu erwehren suchte, regt sich heute überall das Bestreben, […] dem Leben wieder äußere Form zu geben, so wie ‚die gute alte Sitte’ es getan hat. […] Wir verzeichnen aus den Zeitungsgesprächen, dass uns eine Geschichte und Geographie des gesellschaftlichen Zeremoniells und der guten Manieren noch immer fehlt und stimmen dem Urteil bei, dass man daraus mehr über den wirklichen Menschen erfahren könnte, als aus manchen anderen historischen Spezialwerken."


Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S.819
Herbert Freudenthal: Volkskundliche Streiflichter. In: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde, Heft 2/3, Hamburg 1958. S. 140 f.
Helga Maria Wolf: Benehmen und Brauch. Beispiele aus der Stadt. In: Kulturen des Benehmens (Hg. Karl R. Wernhart, Helmut Wagner) Wien 2008. S. 240-250

Bild:
Vor einem Jahrhundert mussten die Anstandsregeln streng befolgt werden. Postkarte um 1900. Gemeinfrei


Siehe auch:
--> Essay Brauch und Benehmen