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Des Kaisers neue Straßen#

Kaiser Karl VI. ordnete 1724 den Bau von fünf „Kaiserstraßen“ an, die sternförmig von Wien aus die habsburgischen Länder erschließen sollten. Der kühnste Straßenbau ging über den Semmering bis Triest.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Porträt des jungen Kaisers Karl VI.
Porträt des jungen Kaisers Karl VI.

Unter Kaiser Karl VI., dem Vater Maria Theresias, kam es endlich zur Verbesserung des Straßenwesens in den habsburgischen Ländern. Sein Hofdekret vom 6. April 1724 ermöglichte den Bau von fünf Post- und Kommerzialstraßen, die als „Kaiserstraßen“ bezeichnet wurden und sternförmig von der Residenzstadt Wien in alle Himmelsrichtungen gingen. Sie sollten das gesamte Herrschaftsgebiet der Habsburger erschließen, das unter Karl VI. seine größte Ausdehnung erreicht hatte. Anstelle der alten morastigen Karrenwege wurden befestigte Trassen angelegt, die oft schnurgerade durch die Landschaft führten. Für die Planung war der kaiserliche Hofmathematiker Giovanni Jacopo Marinoni verantwortlich, der nicht nur Geometer und Lehrer an der neuen k.k. Ingenieur-Akademie in Wien war, sondern auch die Kaisertochter Maria Theresia unterrichtete. Der aus Udine stammende Marinoni führte die neue „Brünnerstraße“ auf den Spuren der alten Bernsteinstraße von Wien über Dasenhofen nach Brünn. Über diese Straße rumpelten nun die Fuhrwerke mit Weinviertler Weinen bis St. Petersburg in Russland. Die nächsten 150 Jahre gelten als Blütezeit der Kaiserstraßen, denn es gab auf ihnen eine entscheidende Neuerung - in regelmäßigen Abständen wurden Einkehrgasthöfe errichtet. In den größeren Ortschaften entlang der Straße entstanden Herbergen, wenn es jedoch keinen Ort gab, wurden Gasthöfe auch allein auf weiter Flur gebaut. Das 18. Jahrhundert war aber auch die Epoche der „Grand Tour“, die zur Ausbildung aller jungen Adeligen gehörte, die durch ganz Europa reisten, um Land und Leute kennenzulernen. So kam es, dass die Herbergen an den neuen Straßen nicht nur von Händlern und reisenden Handwerkern bevölkert waren, sondern auch von jungen Aristokraten, ihren Lehrern, von Künstlern, Lebemännern, Gaunern und leichten Damen.

Giovanni Marinoni plante den Straßenbau der Kaiserstraßen
Giovanni Marinoni plante den Straßenbau der Kaiserstraßen

Sein Meisterstück vollbrachte Marinoni aber auf der Kaiserstraße in den Süden. Denn Karl VI. wollte den gesamten Levante-Handel, der bis zu diesem Zeitpunkt über den Brenner nach Venedig ging, über den Semmering zu den habsburgischen Häfen Triest und Fiume (heute Rijeka) umleiten, die dafür bereits 1719 zu Freihäfen erklärt wurden. Doch über den Semmering führte damals nur ein schlechter und steiler Saumweg. Also musste sich der Projektleiter eine besondere Straßenführung zur Milderung der Steigung einfallen lassen - auch wenn es weiterhin Steigungen bis zu 18 Prozent gab. Im Frühjahr 1728 begannen die Arbeiten in höchster Eile, denn am 17. Juni desselben Jahres wollte der Kaiser bereits auf der neuen Straße nach Triest und Fiume fahren. Der gesamte Straßenbau wurde von Taglöhnern ausgeführt. Sie mussten eiligst die Löcher im alten Weg ausfüllen, mit einer Schotterdecke überziehen sowie Wassergräben und Durchlässe für Bergflüsse, Regen- und Schmelzwasser anlegen. Und es klappte wirklich. Pünktlich fuhren Kaiser Karl VI. mit seiner Gemahlin Elisabeth Christine und ihrer elfjährigen Tochter Maria Theresia im kaiserlichen Hofwagen über die neue Chaussee den wilden Semmering hinauf. Die Majestäten waren von der Fahrt auf der schönen Straße angenehm überrascht und sehr zufrieden. Heute noch erinnert auf dem Parkplatz vor dem Hirschenkogel das Carolus-Denkmal von 1728 an diesen kaiserlichen Straßenbau.

Altösterreichische Postkutsche im 18. Jahrhundert vor Wien
Altösterreichische Postkutsche im 18. Jahrhundert vor Wien

Die „Reichs-, Commercial-, Haupt- und Poststraße“, wie die Kaiserstraße offiziell hieß, führte weiter durch das Mürztal in das Murtal und nach Süden bis Graz, wo sie über die Wienerstraße, den Lendplatz, die Mariahilferstraße, den Murplatz (heute Südtirolerplatz), die Griesgasse in die Karlauerstraße und Triesterstraße führte. Hier wurden aber nicht nur Frachten transportiert und marschierten die kaiserlichen Truppen, sondern hier fuhr auch zweimal täglich eine Postkutsche nach Wien, dreimal die Woche nach Laibach und Triest und zweimal nach Klagenfurt. Bedingt durch die direkte Lage an der Kommerzialstraße wurde die Murvorstadt aber auch zum Wirtshaus- und Vergnügungsviertel der Stadt, das aber stets als zwielichtig und verrucht galt.


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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele


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