Die Packer Hochalpenstraße#
Wie aus einem uralten Karrenweg, den man fast vergessen hatte, eine schnelle Verbindung zwischen Graz und Klagenfurt entstand, die an den ermordeten Kanzler Dollfuß erinnern sollte.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Nach dem Ersten Weltkrieg fielen die Untersteiermark und das Kärntner Mießtal an den SHS-Staat, der ab 1929 zum Königreich Jugoslawien wurde. Damit war aber die direkte Straßen- und Eisenbahnverbindung zwischen Graz und Klagenfurt gekappt. Die Verkehrsverbindung über österreichisches Gebiet war nun die reinste Katastrophe, da die einzige wintersichere Verbindung über Bruck an der Mur, Unzmarkt und den Neumarkter Sattel nach Kärnten führte - 213 Kilometer lang. Die direkte Strecke von Graz über den Packsattel war zwar viel kürzer, aber vom Spätherbst bis zum Spätfrühling unpassierbar. Denn nur ein besserer Karrenweg führte hier seit Urzeiten quer durch die alte Karantanische Mark, den wahrscheinlich schon die Kelten und Römer benutzt hatten. Die Steigungen waren viel zu steil und kaum befahrbar, die Straße war nicht geschottert und viele Brücken schlecht. Dennoch zog der französische Marschall Marmont 1809 mit seinen Truppen im Auftrag Napoleons über die Pack nach Graz und belagerte hier den Schloßberg. Das absolut schlechteste Straßenstück war der berüchtigte Knüppelweg zwischen Edelschrott und Pack und nicht viel besser war auch das Wegstück zwischen Preitenegg und Twimberg im Lavanttal. Die steilen Berghalden erschöpften die Maultiere so sehr, dass man im Bergdörfchen Pack die Lasten umpacken musste. Davon soll auch der Name der Ortschaft Pack kommen, glaubte man im Volk – viel wahrscheinlicher leitet er sich aber vom Slawischen „paka“ für „Anhöhe, Hügel“ ab. Und was wurde hier „umgepackt“? Vor allem Glimmereisen, das in Waldenstein abgebaut worden war und Wein, zumeist Schilcher aus der Weststeiermark, der ins Stift St. Paul transportiert wurde, sowie Holzkohle.
Immer wieder schon hatte man mit dem Ausbau der schrecklichen Straße über die Pack spekuliert, doch seit dem Eisenbahnbau ab 1842, der in der Folge Fahrgäste und Güter bequem von Graz über Marburg (Maribor) und Unterdrauburg (Dravograd) nach Klagenfurt und Triest führte, legte man alle diese Pläne zur Seite und der Pack-Übergang geriet fast in Vergessenheit - bis sich nach dem Ersten Weltkrieg die Transportsituation wieder total veränderte und neue Lösungen dringend notwendig wurden.
Deshalb forcierte die Regierung während der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre im Rahmen ihres Beschäftigungsprogramms für Langzeitarbeitslose aus der Region den Ausbau der Großglockner Hochalpenstraße und der Packer Straße, die damals auch als zweite Hochalpenstraße Österreichs bezeichnet wurde. Am 1. September 1930 wurde die gesamte Packer Straße in die Verwaltung des Bundes aufgenommen und der erste Spatenstich erfolgte bereits am 24. September. Unter großen Opfern und Schwierigkeiten wurde in sechs Jahren eine sechs Meter breite und leicht befahrbare Straße vollendet, die am 31. Mai 1936 von Bundespräsident Wilhelm Miklas feierlich eröffnet wurde. Auf der Packer Höhe wurde im Zuge der Eröffnungsfeiern vom Grazer Fürstbischof Ferdinand Stanislaus Pawlikowski ein acht Meter hohes Kreuz geweiht, das in Erinnerung an den 1934 von den Nationalsozialisten ermordeten Kanzler Engelbert Dollfuß den Namen „Dollfußkreuz“ erhielt. Ja, die neue Packstraße wurde vom autoritären „Ständestaat“ zur Erinnerungsstraße für den Kanzler umfunktioniert, denn an fast allen Orten entlang der Straße gab es einen Dollfußplatz, eine Dollfuß-Kapelle oder eine Erinnerungsbüste - bis 1938, dann war wieder alles ganz schnell ganz anders, als die Nazis kamen.
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