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Ressel, Josef#

* 29. 6. 1793, Chrudim (ehem. Böhmen, heute Tschechische Republik)

† 9. 10. 1857, Ljubljana (ehem. Laibach; Slowenien)


Erfinder, Forstbeamter

Josef Ressel
J. Ressel. Lithographie von J. Vilimek
© Ch. Brandstätter Verlag Wien, für AEIOU

Josef Ludwig Ressel wurde am 29. Juni 1793 in Chrudim in Böhmen geboren.

Sein Vater war dort kaiserlich-königlicher Mauteinnehmer, hatte dort die Kontrolle über die beiden Brauhäuser inne und leitete das Stempelamt. Das Gymnasium besuchte der junge Ressel in Linz, und ab dem 14. Lebensjahr war er Schüler der Landes-Artillerieschule in Budweis.

1812 studierte Ressel an der Universität Wien, wo vor der Gründung des Polytechnischen Instituts (1815) technische Fächer gelehrt wurden. Im Zuge der napoleonischen Kriegswirren verarmten die Eltern Ressels, und er konnte das neue Polytechnikum nicht mehr besuchen. Ein kaiserliches Stipendium ermöglichte ihm dann den Besuch der Forstakademie im niederösterreichischen Mariabrunn.

Nach der Beendigung seiner Studien trat er den ihn wenig befriedigenden Beruf als Forstmann an und wurde Förster in Krain, 1820 Vizewaldmeister der Domänenverwaltung in Laibach, 1821 wurde er als Marine-Unterintendant nach Triest berufen. In dieser Funktion hatte er die Forste der österreichischen Kriegsmarine in Krain zu verwalten.

Von 1821 bis 1835 lebte er in Triest, zeitweise (1824 bis 1825) war er jedoch auch in Ljubljana (Laibach) tätig.

Der Forstmann wider Willen beschäftigte sich aber schon damals mit einer Reihe von Erfindungen. So konstruierte er eine verbesserte Öl- und Weinpresse, eine Presswalzmaschine, er schuf ein Farbholzextraktionsverfahren, ein neues Rollen- und Kugellagersystem, ein verbessertes Pflugmodell und eine neue Methode des Sudvorgangs zur Salzgewinnung.
Weiters entwickelte er Methoden zur Holzkonservierung und zum Biegen von Holz, eine Maschine zur Herstellung von Parkettbodenbrettern, einen Bühnenmechanismus, einen Dampfstraßenbahnwagen und ein Rohrpostprojekt zwischen Wien und Triest und vieles mehr (insgesamt erhielt Ressel 10 Patente, sog. "Privilegien"). Doch all dies schien ihm nicht so wichtig wie seine Idee, Luft- und Wasserfahrzeuge mittels einer Schraube anzutreiben.

Eigenhändige Skizzen Ressels aus 1812\© Technisches Museum Wien
Eigenhändige Skizzen Ressels aus 1812
© Technisches Museum Wien
Schon 1812 während seines Studiums befasste er sich mit dieser Idee, eine Zeichnung aus diesem Jahr ist heute noch im Technischen Museum in Wien erhalten. Durch seinen neuen Wohnsitz Triest erhielt seine Idee, mit Hilfe einer durch eine Dampfmaschine getriebenen Schraube Schiffe fortzubewegen, neuen Auftrieb.

Im Jahr 1826, noch vor der Erteilung eines Privilegs, begann Ressel mit den Vorarbeiten zum Bau eines durch eine Schraube angetriebenen Dampfschiffs. Ressel gelang es auch relativ rasch, Geldgeber für seine Ideen zu gewinnen. 1827 erhielt er dann für seine Erfindung ein Privileg, das einen Erfinderschutz für zwei Jahre vorsah, eine Frist, die bei einer solch grundlegenden Erfindung viel zu kurz bemessen war.

Ressel hatte in seiner Einreichschrift für das erteilte Privileg die Anbringung der Schraube im Vordersteven vorgesehen, erkannte aber bald, dass es richtiger sei, den Antrieb nach dem Hinterschiff zu verlegen. Mit dem geborgten Geld wurde ein Probeschiff gebaut. Ressel wollte ursprünglich eine englische Dampfmaschine verwenden, doch aus finanziellen Gründen und auf Weisung Wiens musste er auf ein einheimisches Produkt zurückgreifen. Die Dampfkraftanlage sollte in den Werkstätten des Barons Baltazzi in St. Stephan in der Steiermark gebaut werden. Im März 1829 erlebte die "Civetta" ihren Stapellauf, doch die Dampfmaschine ließ auf sich warten.

Am 1. Juli 1829 fand dann die Probefahrt der "Civetta" statt, an der etwa 40 Personen teilnahmen. Das Schiff ging um 11 Uhr vor dem Statthaltereigebäude an der der Piazza Grande gegenüberliegenden Werft mit Kurs auf Molo Therese ab, wo sich heute ein Leuchtturm befindet, und fuhr mit einer Geschwindigkeit von sechs Seemeilen. Drei Teilnehmer an der Probefahrt bezeugten, dass man schon einige hundert Meter über die Landspitze, wo der Leuchtturm stand, hinaus war, als ein Dampfrohr, das die Verbindung zwischen der Dampfmaschine und dem Schraubenantrieb herstellte, barst und das Schiff still lag. Letztlich musste die "Civetta" in den Hafen zurückgeschleppt werden. Bei der Begutachtung des Schadens stellte man fest, dass das geborstene Rohr einen Gussfehler aufwies. Ressel dachte, dass man nach einer eingehenden Reparatur den Probebetrieb wieder aufnehmen könnte. Doch weit gefehlt, die Behörde untersagte jede weitere Probefahrt.

Wieweit hinter dem Verbot die englische Reederei Morgan stand, die für die Linie Triest - Venedig eine Konzession für den Raddampfbetrieb besaß, ist nicht bewiesen, doch posaunten die Gegner der "Schraubenschifffahrt" in alle Welt hinaus, dass allein die Schraube die Ursache an dem Unfall gewesen sei. Zu all dem Unglück musste Ressel nun mit den Geldgebern, die den Bau der "Civetta" finanziert hatten, einen Prozess führen. Ressel wurden zwar 3000 Gulden zugesprochen, doch nach Abzug der Prozesskosten verblieben ihm lediglich 1100 Gulden.

Nun versuchte Ressel persönlich sein Patent auszuwerten und reiste nach Paris. Zwar bestand für seine Erfindung dort Interesse, doch Ressel war viel zu leichtgläubig und naiv. Nicht einmal eine Gewinnbeteiligung an einer möglichen Nutzung seiner Erfindung konnte er erlangen.

Schiffsschraube
Modell seiner Schiffsschraube
© Technisches Museum Wien
So stand Ressel mittellos in Paris, und nur durch einen günstigen Zufall konnte er dort sein Farbextraktionsverfahren für 1000 Francs verkaufen, um so das Geld für die Rückreise zu bekommen. Die schon erwähnten 1100 Gulden waren die einzige Summe, die Ressel für seine Erfindung erhielt, eine Erfindung, die die Seefahrt von Grund auf umgestaltete.

Ressel kehrte verbittert zu seiner Arbeit als Marine-Intendant zurück - die Schiffsschraube setzte sich inzwischen weltweit erfolgreich durch.

Von Frankreich erreichte seine Erfindung England, das die führende Seemacht der Zeit war. 1840 legte ein englisches Schraubendampfschiff in Triest an, und Ressel konnte an diesem Schiff seine Erfindung begutachten - welche Ironie des Schicksals.

Denn bald nach Ressels erstem missglückten Versuch wusste bald niemand mehr, wem man diese bahnbrechende Erfindung zu danken hatte, deren Anwendung schon fast alltäglich geworden war. Einmal noch hoffte Ressel, dass seine Priorität anerkannt werde. 1850 schrieb die englische Admiralität eine Prämie von 20.000 Pfund für den Erfinder und den nachweislich ersten Versuch der Anwendung einer Schiffsschraube aus.

Für Ressel war es klar, dass er auf Grund seiner Zeichnungen und der Versuchsfahrt mit der "Civetta" diesen Anspruch erheben konnte. Er schickte die Beweisstücke nach London, erhielt aber keine Antwort. Die ausgeschriebene Prämie wurde stattdessen auf vier andere Bewerber aufgeteilt.

Denkmal Ressels auf dem Karlsplatz
Denkmal Ressels auf dem Karlsplatz
© P. Diem
Ressel erhielt über Intervention des damaligen Kommandanten der österreichischen Kriegsmarine, Erzherzog Ferdinand Max, dem Bruder Kaiser Franz Josephs und späteren Kaisers Maximilian von Mexiko, der 1852 London besuchte, die Antwort, dass die Prämie bereits verteilt sei und die von Ressel eingesandten Unterlagen verlorengegangen seien. Mit dieser Antwort war auch der letzte Hoffnungsschimmer für die Anerkennung seiner Priorität erloschen.

Als Ressel am 10. Oktober 1857 auf einer Dienstreise an einem Malaria- oder Typhusfieber starb, fand man in der erstarrten Hand des Toten einen kleinen Streifen Papier, der Ressels letzten Wunsch enthielt. Es war die Bitte an die Hinterbliebenen, sein Erstrecht an der Erfindung der Schiffsschraube nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Kaiser Franz Joseph I. versuchte später, das an Ressel begangene Unrecht ein wenig gutzumachen. Durch einen kaiserlichen Gnadenakt wurde der Witwe Ressels das jährliche Gehalt des Verstorbenen als Pension verliehen, „in Anerkennung der Verdienste Ressels als erstem Erfinder der Schiffsschraube".

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Park und Denkmal am Karlsplatz vor dem Hauptgebäude der Technischen Universität Wien nach ihm benannt
  • Gasse nahe der ehemaligen Forstakademie (heute: Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft, BFW) in Wien 14 nach ihm benannt
  • Ressel-Denkmal im ehemaligen forstbotanischen Garten der Forstakademie (heute: Versuchsgarten Mariabrunn des BFW)
  • Joseph-Ressel-Gymnasium in Chrudim (Ressels Geburtsort)
  • Porträt Ressels auf der 500 Schilling Banknote
  • Josef Ressel-Zentrum der FH in Pinkafeld
  • Josef-Ressel-Forstpreis für Förster der Stadt Wien
  • Josef-Ressel-Straße in Salzburg

Publikationen (Auswahl)#

  • Über die Schifffahrt auf den Meeresströmungen (1841)
  • Über die Benützung der unentgeltlichen Naturkräfte (Wasserkraft) (1846)
  • Die Verwendung von Eisen zur Herstellung von Schiffsrippen, eisernen Schiffen, Deckstreben und Brückenteilen (1847)
  • Über Konservierung der Hölzer von Schiffen (1854)
  • Über die Konservierung des Leder- und Schuhwerks (1854)
  • Die Geschichte der Marinewälder (1855)
  • Die Geschichte der Schiffsschraube (1857)
  • Über Mathematik und Geometrie (1857)

Literatur#

  • Joseph Ressel – der Erfinder des Schrauben-Dampfers (1863), E. Reitlinger
  • Josef Ressel – Denkschrift (1893), (Hrsg.) Comité für die Centenarfeier Josef Ressel’s, Selbstverlag des Comités, Wien.
  • Österreichische Erfinder (1934), K. Tanzer
  • Österreichische Naturforscher und Techniker (1951), S. 158f.
  • Die Unglücksfahrt der Civetta (1954), J. Pfragner
  • Die Bronzespirale (1957), Z. Pluhař.
  • Genie ohne Erfolg (1957), R. Eger, S. 117ff.
  • Joseph Ressel (1957), A. Wess, Bll. für Technikgeschichte Nr. 19, S. 1ff.
  • Joseph Ressel als Forstmann (1957), H. Kuhn, Allg. Forstztg. Nr. 68, S. 305ff.
  • Joseph Ressel (1793-1857) – Inventor of the Vessel Screw, Forester and Economist (1957), F. Sevnik & A. Struna.
  • Der Tod von Joseph Ressel – Erfinder der Schiffsschraube (1968), E. Marschner, Archiv für Sippenforschung und alle verwandten Gebiete Nr. 34, S. 401ff.
  • Joseph Ressel - Sein Leben und Werk (1971), R. Keimel, Katalog der Internationalen Sonderausstellung des Technischen Museums Wien, des Slowenischen Technischen Museums Laibach und des Technischen Nationmuseums Prag
  • Joseph Ressel - Neue Angaben und ungelöste Probleme (1973), V. Murko, Bll. für Technikgeschichte Nr. 34, S. 1ff.
  • Josef Ressel. Erfinder der Schiffsschraube (1979), E. Marschner, (Genealogie und Landesgeschichte Band 33), Degener Verlag
  • In allen Häfen war Österreich – die österreichisch-ungarische Handelsmarine (1987), H. F. Mayer & D. Winkler, Edition Verlag, Wien
  • Das Kosmos Wald- und Forstlexikon (1998), R. Erlbeck, I. Haseder & G. K. F. Stinglwagner, Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 591 S.


Text aus dem Buch "Große Österreicher":#

Josef Ressel (1793-1857)

Gibt es so etwas wie ein typisches Erfinderschicksal? Wohl ebensowenig, wie es ein typisch österreichisches Schicksal gibt. Generalisierungen sind immer gefährlich, nicht zuletzt dann, wenn es um das Charakteristische in einem Leben geht. Bei Josef Ressel, den wir als den Erfinder der Schiffsschraube ehren, kommt indes eine solche Reihe von Merkmalen österreichischer, man möchte fast sagen »kakanischer« Provenienz zusammen, daß das Typische beinahe schon gerechtfertigt erscheint.

Da ist erstens einmal die Tatsache, daß es eigentlich gar nicht »unser« Ressel gewesen war, der den ersten Schraubenantrieb für ein Dampfschiff konstruierte. Vielmehr gelang dies dem Amerikaner John Stevens im Jahre 1804. Aber von »gelingen« hat man im Grunde nicht sprechen können, vielmehr sind die ersten diesbezüglichen Versuche des Amerikaners mißglückt, seine Erfindung geriet in Vergessenheit, und Josef Ressel hat nachweisbar nichts davon gewußt, als er - wie aus einer handschriftlichen Aufzeichnung hervorgeht, erstmals im Jahre 1812 - an dem Prinzip herumskizzierte, die archimedische Schraube zum Vorantreiben eines Schiffs zu verwenden.

Zweitens hat Josef Ressel nie finanziellen Gewinn für seine Erfindung verbrauchen können. Ganz im Gegenteil: er ist als Spinner bezeichnet worden, man hat ihn zudem betrogen, andere ha¬ben seine Ideen verwertet. Josef Ressel ist als das gestorben, was er am Anfang gewesen war: ein schlecht bezahlter k. k. Marinebeamter.

Der Mann, dem im Technischen Museum zahlreiche Schaustücke, vor der Technischen Universität ein Park samt Denkmal gewidmet ist, war von Beruf Forstbeamter. Ressel stammte aus Böhmen, sein Vater war Steuereintreiber, der Sohn kam nach Linz aufs Gymnasium und ging dann nach Wien an die Universität, wo er sich in erster Linie mit technischen Fächern befaßte, die ihn brennend interessierten und zu dieser Zeit, da das Polytechnikum in Wien noch nicht gegründet war - jene Hohe Schule, die später Technische Hochschule hieß -, an der Alma Mater Rudolphina gelehrt wurden. Aus finanziellen Gründen - ein Börsenkrach brachte den Vater um sein Vermögen - mußte der junge Ressel 1814 sein Studium abbrechen, er bewarb sich um ein Stipendium an der Forstschule Mariabrunn, wurde aber abgelehnt - er sei »zu schwach«, hieß es.

Auch das, was nun folgte, war typisch österreichisch. Ressel war mit einem Kammerdiener des Kaisers Franz bekannt, der gleichfalls aus Böhmen stammte und Jellinek hieß. An diesen wandte sich der junge Mann in seiner Not, und der Kammerdiener verschaffte seinem Landsmann mit einem Trick Zugang beim Monarchen. Mit Klagen über Behörden, so sagte Jellinek, könne man der Majestät nicht kommen, aber Ressel möge ein Bild zeichnen und dem Kaiser widmen. So geschah es denn auch, Ressel zeichnete eine lebensechte Skizze der Völkerschlacht von Leipzig, Jellinek erzählte dem Kaiser von einem glühenden Patrioten, der dem Monarchen ein Bild überreichen wolle, die Audienz kam zustande. Und nicht nur sie: der Kaiser, von dem jungen Mann angetan, spendierte das ersehnte Stipendium aus seiner Privatschatulle.

In Mariabrunn erkannte man die technischen Fähigkeiten Josef Ressels, er wurde Assistent und schließlich - mit 400 Gulden Jahresgehalt - anno 1817 Distriktsförster in Platterjach in der Krain. Die dortigen Wälder gehörten der k. k. Marine, die nicht zuletzt ihren für den Schiffsbau bestimmten Holzbedarf aus ihnen deckte - so war Josef Ressel Marinebeamter. Seine Beziehung zur See entwickelte sich freilich erst, als er 1821 als k. k. »Waldmeister« nach Triest versetzt wurde.

Jetzt ließ er seinen technischen Ambitionen die Zügel schießen, er bastelte, konstruierte, erfand - und ließ patentieren, oder, wie es damals hieß, er »kam um ein Privilegium ein«. Das tat er so häufig, daß man ihn 1847 schon entlassen wollte - er sei ein »unruhiger Kopf und Projektemacher«, hieß es von ihm, er habe zu viele Flausen im Kopf und kümmere sich zuwenig um die Wälder. Daß Ressel dann doch im Amt bleiben durfte, verdankte er der Tatsache, daß er sich während der Revolution in den italienischen Provinzen 1848 überaus loyal verhielt - man wollte auf seine Dienste auch fürderhin nicht verzichten.

Daß Josef Ressel in der Tat viel Zeit für seine »Projekte« aufwendete, zeigt die Liste seiner Erfindungen. Unter anderem erhielt er Patente für ein Schiff, das mit Hilfe der Wasserkraft stromaufwärts fahren konnte, für eine neuartige Schiffskanonenlafette, für eine Kohlenfördermaschine und eine Rohrpostanlage - ein breites Spektrum, das beweist, wie vielseitig das technische Talent dieses Erfinders gewesen ist. Er selbst freilich hielt am meisten von seiner Schiffsschraube, die er als die wichtigste Erfindung nach dem Dampfschiff, der Eisenbahn und dem Telegraph bezeichnete. Gerade dieses Projekt aber, das ihn unsterblich machen sollte, bereitete ihm die größten Schwierigkeiten - und wurde schließlich von anderen ausgewertet.

Erstmals am 26. November 1826 reichte Josef Ressel ein Gesuch ein, das seine Schiffsschraube schützen sollte - die er damals noch am Bug anbringen wollte. Das »Privilegium« wurde erteilt, galt aber nur für zwei Jahre. Überdies witterte ein Engländer namens Morgan, der das Monopol des Raddampferverkehrs zwischen Triest und Venedig besaß, die Konkurrenz - und begann zu intrigieren. Erst als der Triestiner Geschäftsmann Ottavio Fontana als Protektor und Geldgeber Ressels auftrat, genehmigte die Hofkammer in Wien Probefahrten mit der Resselschen Schiffsschraube, doch mußten alle Voraussetzungen - also Schiff, Maschine, Schraube - im Inland hergestellt sein. 1829 lief denn auch das Schiff, auf den Namen »Civetta« (Käuzchen) getauft, in Triest vom Stapel, aber bei der in der Steiermark bestellten Dampfkesselanlage gab es Lieferschwierigkeiten. Um diesen zu entgehen, fuhr Ressel nach Paris, weil die dortige Firma Rivierre, Piccard und Malar gleichfalls Interesse an der Schiffsschraube gezeigt hatte.

Und dort, in Paris, beging Josef Ressel den schwersten Fehler seines Lebens. Er übergab den Interessenten alle Konstruktionszeichnungen und Ideenskizzen seiner Schiffsschraubenerfindung, diese aber wollten vor den auf einem Kanal geplanten Probefahrten keinen Vertrag schließen. Und nachher, als die Probefahrten erfolgreich verlaufen waren, erklärten sie, an der Erfindung nicht interessiert zu sein - in der Absicht, selbst auf Grund des von Ressel ausgehändigten Materials ein Patent zu erwerben und die revolutionäre Neuerung auszuwerten. In der Tat gelangten von Paris aus die Resselschen Ideen und Zeichnungen ins Ausland, vor allem in das Seefahrerland Nummer eins, nach England - und begann von dort seinen Siegeszug.

Ressel blieb allein, auch im buchstäblichen Sinn. Sein Geldgeber Fontana hatte sich inzwischen von ihm losgesagt, und er hatte nicht einmal die Mittel, aus Paris heimzukehren. Wieder half ein Zufall. Ressel war auf die Pariser Börse gegangen, um dort vielleicht einen Triestiner Landsmann zu treffen, der ihm das Reisegeld vorstrecken könnte. Dies war zwar nicht der Fall, aber der unglückselige Erfinder lernte einen Farbholzhändler kennen, dem er davon erzählte, daß er in Österreich ein Patent für eine Fär¬bungstechnologie erhalten habe. Der Franzose, Messonier mit Namen, war höchst interessiert, ließ Ressel nicht mehr los - und dieser installierte in der Fabrik Messoniers eine neue Maschine nach dem Resselschen Patent.

Natürlich gab es auch diesmal kein französisches »Privilegium« für den Österreicher, aber immerhin eine Abfindungssumme von 1000 Franc. Ressel konnte nach Triest heimkehren.

Dort fand er neue Probleme. Probefahrten von Triest nach Venedig waren auf Betreiben des Engländers endgültig verboten worden, immer noch war der Dampfkessel für das »Käuzchen« nicht geliefert, und wieder war es die Hofkammer in Wien beziehungsweise deren Präsident, Graf Saurau, die Fontana schließlich bewegen, doch wieder Geld vorzustrecken. Die »Civetta« wurde fertiggestellt, und zwar ließ Ressel nun die Schraube erstmals am Heck anbringen - ein Ergebnis der zahlreichen Vorversuche.

Am 4. August 1829 startete dann die »Civetta« zu ihrer amtlich vorgeschriebenen, offiziellen Probefahrt, die über das weitere Schicksal der Erfindung in Österreich entscheiden sollte. Schon bei den vorhergehenden vorbereitenden Erprobungen hatte es immer kleinere Mängel an der Dampfkesselanlage gegeben, die Schraube aber funktionierte vorzüglich. Auch diesmal schob der Heckantrieb die »Civetta« flott voran - bis plötzlich die Dampfleitung zwischen Kessel und Zylinder barst. Sie war - ein schwerer Fehler der steirischen Lieferfirma - nur gelötet gewesen. Zudem waren zwei Rohre porös. Lahm trieb das »Käuzchen« auf den Wellen und mußte in den Hafen zurückgeschleppt werden. Die Behörden aber verboten »aus Sicherheitsgründen«, wahrscheinlich aber ein letztes Mal auf Wunsch des britischen Verkehrsmonopolisten Morgan, jede weitere Versuchsfahrt.

Fontana zog sich nun endgültig zurück, Ressel war ein gebrochener Mann. Und während die Schiffsschraube wenig später die Seefahrt revolutionierte, blieben dem Erfinder aus Österreich ganze 1100 Gulden, die er, der einen Prozeß gegen Fontana nach fünf Jahren gewann, von dessen Erben ausbezahlt erhielt. Insgesamt hatten sie ihm 3000 Gulden überwiesen. Aber 1900 Gulden hat Ressel für die Prozeßkosten bezahlen müssen ...

Als 1850 die britische Admiralität eine Prämie von 2000 Pfund für jenen aussetzte, der den größten Anspruch auf die Erfindung des Schrauben - statt des Schaufelradantriebs für Dampfschiffe beweisen könnte, bewarb sich auch Josef Ressel. Zwei Jahre lang erhielt er keine Antwort, und als schließlich Erzherzog Ferdinand Max intervenierte, mußte er erfahren, daß die Prämie bereits auf verschiedene britische Bewerber aufgeteilt worden war. Josef Ressel aber hat seinen Anspruch nie aufgegeben. Selbst auf dem Totenbett hielt er in der Hand noch einen Zettel, auf dem er seine Familie bat, um die Rechte an der Erfindung weiterzukämpfen. Heute sind die Rechte unbestritten.

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl


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