Leobner Dominikanerkloster wurde Shoppingcenter (Essay)#
Text und Bilder von
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von
ISG Magazin Heft 2 / 2008 (Internationales Städteforum Graz)
Das ehemalige Dominikanerkloster von Leoben liegt an der alten Wehrmauer im Nordosten des historischen Zentrums der obersteirischen Stadt. Das Kloster und auch mehrere kleinere Bauwerke sowie das Homannhaus mit seinen zwei markanten Schopfwalmen zum Hauptplatz wurden zum neuen LCS - Leoben City Shopping -, einem ausgedehnten Shoppingcenter adaptiert.
Das Dominikanerkloster stammt aus der Zeit nach 1280 und wurde in etlichen Bauphasen errichtet und erweitert, bis man es 1811 auflöste. Danach diente der Komplex als Pfarrhof, Schule, Lagerraum und Salzmagazin. 1849 erwarb ihn die Stadt und brachte hier Gericht, Gefangenenhaus, Gendarmerie, Steueramt und Kreisamt unter, was gravierende Um- und Einbauten sowie Veränderungen nach sich zog.
Bauarchäologische Untersuchung
2005 siedelten Gericht und Gefangenenhaus ab, und man begann sich mit der Adaptierung des Gebäudekomplexes für die Nutzung als Shoppingcenter zu befassen. In Zusammenarbeit von Gemeinde, Ortsbildpflege, Denkmalamt und Bauarchäologie unter DI Markus Zechner wurde eine beispielgebende und umfassende Untersuchung des gesamten betroffenen Areals vorgeschaltet. Die umfangreichen Recherchen ergaben einen detaillierten Baualtersplan des Klosters. Es wurden viele Fresken, Reliefs und profilierte gotische Fenster-Steingewände gefunden, freigelegt und saniert.
Architekt Hans-Heinrich Brunner plante die neue Shoppingcity, überdachte die zwei unterschiedlich großen Höfe, baute in einen davon einen mehrgeschossigen Verkaufsbereich und schloss auch die Dominikanergasse mit einem in Straßenrichtung transparenten Passagenbau, der zwischen den Verkaufsbereichen auf beiden Seiten der Gasse vermittelt. Angrenzend an das Klosterareal wurden vier kleinere Altstadtobjekte geopfert, von denen eines wirklich historische Substanz enthielt, und das schräg gegenüber am Platz gelegen "Homannhaus", das in die Verkaufscity einbezogen wurde. Vom Homannhaus blieb nur der freiliegende Teil der Fassaden stehen, während sich das neue Innenleben davon unabhängig entwickelt. Offenbar konnte man sich hier wohl aus Gründen höherer Kosten und funktioneller Probleme durch unterschiedliche Niveaus nicht zu einer Adaptierung des Objektinneren entschließen. Dieser Umgang mit wertvoller historischer Substanz ist nicht das, was Orts- und Denkmalpflege anstreben.
Die neue Architektur des LCS ist durch die Verwendung von viel Glas sehr transparent und wird meist nicht zur Konkurrenz für den Altbestand. Sie wirkt aber teilweise sehr fetzig, fast provisorisch und enthält viele Anschlusshärten für den aufmerksamen Beobachter. An manchen Stellen präsentiert sich die sichtbar gelassene Technik eher schwer und bedrohlich.
Geglückte Adaptierung
Trotzdem kann man resümierend feststellen, dass es gelungen ist, einen vom Image her sehr negativ besetzten Ort in der Altstadt von Leoben nicht nur mit positivem Leben zu füllen, sondern auch die historischen architektonischen Qualitäten des Klosters frei zu schälen und das Ambiente des Kloster-Komplexes zu nutzen, sodass die Besucher wohl ausnahmslos die Adaptierung als geglückt sehen. Die langen Arkaden und Gewölbefolgen wurden gut integriert, die bauarchäologischen Funde sichtbar gemacht und ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Sie geben der Shoppingcity im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Projekten Kultur und suggerieren Beständigkeit. Heute kann man feststellen, dass die Gebäudeagglomeration zwar einige Bauten verloren hat, aber auch von außen und von innen an vielen Stellen stark gewonnen hat.
Der große Erfolg des LCS dürfte - abgesehen von den bequem erreichbaren Parkplätzen und den moderaten Parkgebühren - darauf zurückzuführen sein, dass es eine gute Angebotsmischung von Gasthäusern und Händlerangeboten mit Kinderbetreuung im Kern der Altstadt mit einem kultivierten Ambiente durch die Einbindung großer Teile des alten Klosters kombiniert.