Grazer Synagoge (Essay)#
Text von
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von
ISG Magazin Heft 1 / 2000 (Internationales Städteforum Graz)
Die alte 1892 geweihte Synagoge in Graz wurde nach Plänen des Wiener Architekten Maximilian Katscher im Stil des Historismus als neoromantisch-byzantinisches Bauwerk zwischen Grieskai und Lagergasse am rechten Murufer errichtet. In der Reichskristallnacht 1938 ging sie, wie die meisten Synagogen im gesamten deutschsprachigen Raum, in Flammen auf. Dieser Akt der Verwüstung war zugleich auch für die Grazer Juden Auftakt zu ihrer Verfolgung und Vernichtung unter Hitler.
Die alte Synagoge stand genau an dem Ort am Grieskai, an dem nun die fertiggestellte und soeben eingeweihte neue Synagoge nach Plänen von Jörg und Ingrid Mayr errichtet wurde. Der neue Sakralbau ist keine Rekonstruktion der alten und versucht auch nicht historisierend zu sein. Seine Architekten bedienen sich der Architektursprache unserer Zeit. Die neue Synagoge ist ein harmonischer, farbenfroher freundlicher Bau, der Hoffnung auf eine bessere Zukunft weckt. Der Initiative von Fedo Ertl ist es zu verdanken, dass beim Bau der neuen Synagoge ca. 40.000 Ziegel aus der alten Synagoge, die teilweise in einem nahen Garagenbau aus der Nachkriegszeit steckten, zum an¬deren im Schutt der alten Synagoge lagen, wiederverwendet wurden.
Zum 50sten Jahrestag der Pogromnacht übergaben die Grazer 1988 der neuen „Israelitischen Kultusgemeinde Graz" bereits die wiedererrichtete Zeremonienhalle auf dem jüdischen Friedhof in Graz Wetzeisdorf. Der von Vertretern aller politischen Parteien der Stadt Graz getragene Beschluss zur Wiedererrichtung der Synagoge von 1987 konnte nicht innerhalb eines Jahres umgesetzt werden. Daher wurde für die Fertigstellung der Synagoge das Jahr 2000 als markanter Zeitpunkt gewählt. Es bleibt die grosse Hoffnung, dass das neue Jahrtausend humaner verläuft, als das zweite Jahrtausend nach Christus. Dies wird Anstrengungen aller bedürfen.