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Wissenschafter Hermann Maurer
Wissenschafter Hermann Maurer

Wir zwei antiquierten Wesen#

(Über den Stand einer Debatte)#

Von Martin Krusche#

Egal, wie flott so allerhand im steirischen Kulturbereich abgearbeitet, erledigt wird, hier hab ich mit einem Gesprächspartner Konsens. Das gründliche Nachdenken und der fundierte Wissenserwerb können nicht beliebig beschleunigt werden. (Wozu auch?) Daß man Ideen entwickelt, daß man Erkenntnis gewinnt, handelt von komplexen inneren Vorgängen. Da ist ein Kurzschluß bloß von Nachteil.

Wo aber der Wow-Effekt vorgeht und sich auf eher seichte Begründungen stützen darf, wären wir auf der falschen Party. Oder um ein Bonmot aufzugreifen, das gelegentlich durch die Social Media geistert: Wenn du der Klügste im Raum bist, hast du die falsche Party gewählt.

Wissenschafter Hermann Maurer und ich sind uns in einer Grundstimmung einig. Wir haben uns zu antiquierten Wesen entwickelt. Oder sind wir bloß vom Lauf der Dinge in so eine Nische gespült worden? Nein, wie sehr auch Legionen in der Wissens- und Kulturarbeit voranzustürmen scheinen, wir sind mit Sicherheit nirgends zurückgeblieben.

Vor Jahren realisierten wir eine Veranstaltung, die stand unter folgendem Motto: „Vieles, was vorausgesagt wurde, ist nicht gekommen. Vieles, was gekommen ist, wurde nicht vorausgesagt.“ Ist die Pointe erkennbar? Maurer hatte davor schon konstatiert: „Wir haben zu wenig Phantasie!“

Standortfragen#

Nun saßen wir bei einem unserer regelmäßigen Gespräche und waren uns ferner einig: Es ist naheliegender, sich dem zuzuwenden, was derzeit noch nicht gedacht werden kann, statt mit einer Kompetenz-Simulation zu glänzen. Dann wäre da noch „Krusches kleinem Handbuch bewährter Mantras“. Darin heißt es an einer Stelle: „Niemand ist alleine schlau.“

Daß Dialogische, das Dialektische und der Dissens, den man als nützlich anerkennen könnte, gehören zu solchen Prozessen. Das ist weder ein Abfahrts- noch Riesentorlauf, das ist überhaupt kein Rennen, sondern – die Peripatetiker wußten es schon vor sehr langer Zeit – eine Wanderschaft. Und manchmal ist es eine Quest, eine Abenteuerreise. Es steht einem ja frei, davon überzeugt zu sein, dafür würden heute Zeit und Geld fehlen. Man kann es auch anders formulieren: Es steht einem frei, einen bewährten Teil unserer Kultur aufzugeben. Wir halten es damit eben anders.

Aber beachten Sie bitte, ich unterscheide in der Wissens- und Kulturarbeit gleich, wie es in der Wissenschaft üblich ist, zwischen Grundlagenarbeit und angewandten Formen. Wer etwa grade ein Festival kuratiert, wird eventuell über Zeitknappheit klagen. Grundlagenarbeit ist für sich ein Festival.

Ein Team aufwerten#

Maurer ist Emeritus der TU Graz, der seinen 80er schon absolviert hat. Was er mir in einem früheren Gespräch erzählte, liegt demnach eine Weile zurück, hat aber eine spezielle kultur- und bildungspolitische Dimension. Wenn er seinerzeit junge Leute, die ein Informatik-Studium beginnen wollten, auf ihre Eignung hin prüfte, legte er ihnen vorzugsweise drei Fragen vor und überließ es ihnen, welche davon sie bearbeiten wollten.
  • Frage a: Die sollten alle schaffen, deren Grips für so ein Studium halbwegs reicht.
  • Frage b: Die ist knifflig und macht deutlich, daß hier ein ausgesprochenes Talent zu entdecken wäre.
  • Frage c: Die ist schwierig. Maurer sagte: „Da müßte ich mich selbst noch einarbeiten, um sie zu lösen.“

Der wesentliche Punkt, so Maurer: „Du wirst es nicht glauben, aber es wurden keineswegs nur die leichten Fragen genommen. Da waren etliche Leute, die sich die schwierigen Fragen ausgesucht haben.“ Es tauchten stets welche auf, die nicht den leichtesten Weg suchten. Maurer entdeckte dabei auch gerne junge Leute, von denen er das Gefühl bekam, sie seien in ihrem Potential besser als er. Der Grund ist simpel. Maurer: „Nur so bringst du ein erstklassiges Team zusammen.“ Sie erinnern sich? Niemand ist alleine schlau.

Postskriptum#

Für mich ist während dieses Gesprächs eine Entscheidung gefallen. Ich werde die Struktur meiner gesamten Webpräsenz teilweise in einen Archivbereich verschieben und für die weiterführend Arbeit mein Dokuverse neu ordnen. (Das bedeutet auch, einen neuen Katalog von Kategorien anzulegen.) Dabei werden auch auf technologischer Ebene höchste Schritte zu tun sein, bei denen mich Maurer mit seinem Fachwissen unterstützen wird.