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Werk: Das Steirerwagerl#

(Quasi ein Vorläufer des Puch G)#

von Martin Krusche

Nein, der Vergleich ist keinesfalls leichtfertig gewählt. Aber der Reihe nach. Eine kleine Plauderei mit der Dame an der Kasse im Freilichtmuseum von Vorau ergab, daß sie hinter sich eine Türe öffnete und mir so Zugang zu einer beachtlichen Stube ermöglichte. Ich meinte darauf: „Ihr habt aber ein paar ungewöhnlich gut situierte Bauern in eurer Gegend gehabt.“ Sie bestätigte das. Da war dann zum Beispiel auch der große Nursch im Preßhaus, der zum Herstellen von Maische benutzt wurde. So eine Anlage konnte man natürlich nicht bei Keuschlern und Kleinhäuslern finden.

Das Steirerwagerl ist fast schon ein Geländefahrzeug. - (Foto: Martin Krusche)
Das Steirerwagerl ist fast schon ein Geländefahrzeug. - (Foto: Martin Krusche)

Schließlich sah ich im Fuhrpark ein feines Steirerwagerl plus die Schlittenversion dieses Gefährts für den Winter. Wer nun weiß, daß in der oststeirischen Landwirtschaft viele Leute sogar auf Ochsen verzichten mußten und bloß Kühe im Stall hatten, ersieht daran: Das ist die Ausstattung von „Besseren“ unter den Bauern.

Die Beschriftung nennt diese Vehikel folglich auch Statussymbole, genauer „Symbol/Zeichen des Wohlstandes“, und nennt ausdrücklich als Zugtiere für die Ausfahrt: „mit Pferden“. Ob das schon den Vergleich mit dem Puch G aus dem Grazer Werk rechtfertigt?

So zu sehen im Freilichtmuseum Vorau. - (Foto: Martin Krusche)
So zu sehen im Freilichtmuseum Vorau. - (Foto: Martin Krusche)

Um dieses legendäre Allradfahrzeug halten zu können, ist man ebenfalls besser gutgestellt, sonst steht die Fuhre beizeiten. Der Puch G ist kein Spielzeug, sondern ein belastbares Nutzfahrzeug, das es allerdings längst auch in frisierten Hochglanzversionen für geldige Stadtleute gibt; siehe hier einen Prototyp in seltener Aufnahme: (Link)

Ich hab nun bezüglich des Vergleichs einen Fachmann der Kutschenwelt befragt. 1898 erschien in Stuttgart „Das Luxus-Fuhrwerk“ von Carl Gustav Wrangel. Darin heißt es zu unserem Thema einleitend:

„Wie leicht und praktisch die Kutschier-Phaëtons und Dog-Carts aber auch sein mögen, auf holperigen Waldwegen und im Gebirge wird sich der Sporting-Gentleman doch gerne eines niedrigeren, weniger eleganten Fuhrwerkes bedienen.“

Sie merken schon… Daher möchte Wrangel „den Leser zuvor mit einem Gefährte bekannt (zu) machen, das aus einem waldreichen Gebirgslande stammend, allen an einen Strapazierwagen zu stellenden Ansprüchen in geradezu idealer Weise entspricht.“

Und dann kommt eine Passage über den Steirerwagen, die man fast unverändert auch auf den Puch G anwenden könnte, obwohl der einer gänzlich anderen Zeit entstammt: „Grosse Leichtigkeit, vortreffliche Federn, geräumiger Sitzplatz, bequemes Aus- und Einsteigen, Platz für Gepäck, Wild, Futter u. s. w., ausserordentliche Wendbarkeit, sicherer Gang, eine nette, gefällige Form — das alles stempelt das Steirerwägelchen zu einem Gebirgsfuhrwerk, wie man es sich besser gar nicht wünschen kann.“

Das Steirerwagerl im Buch „Das Luxus-Fuhrwerk“ von Carl Gustav Wrangel (1898)
Das Steirerwagerl im Buch „Das Luxus-Fuhrwerk“ von Carl Gustav Wrangel (1898)

Das Steirerwagerl war also zu seiner Zeit, wie der G-Wagen heute, über die Landesgrenzen hinaus bekannt, auch geschätzt. Ein amüsantes Detail der Mobilitätsgeschichte, wenn man sich in der steirischen Vergangenheit ein wenig umsieht. Für die Basis-Versionen beider Fahrzeugarten kann man Wrangels Vorschklag übernehmen: "Dem ländlichen Charakter dieses Fuhrwerkes entsprechend, wird die Lackierung und Garnierung desselben sehr einfach und wetterfest sein müssen." Freilich sind die "Garnierungen" zeitgemäßer G-Wagen nicht mehr so bescheiden angelegt...


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