Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Werk: Die Schusterkugel#

(Einfach nur Physik. Ein Leuchtkörper)#

von Martin Krusche

Ich hätte solchen Glaskugeln keine weitere Bedeutung beigemessen. Im Freilichtmuseum von Vorau sind gleich vier Stück im Ensemble angeordnet. Behältnisse für Flüssigkeiten, die man zur Arbeit braucht, wie einst die Fläschchen und kleinen Blechgebinde beim Friseur? Der Rest einer Insektenfalle? Was weiß ich! Doch 1970 fand in Graz eine Landesausstellung statt, die dem Thema "Das steirische Handwerk" gewidmet war. Dazu erschien ein detailreicher Katalog. Darin habe ich die Beschreibung solcher handlicher Glasballons gelesen.

Ein Wasserglas und das simple Prinzip der Sammellinse. - (Foto: Martin Krusche)
Ein Wasserglas und das simple Prinzip der Sammellinse. - (Foto: Martin Krusche)

Man füllt die Kugel mit Wasser. Das führt zum Effekt einer optischen Linse (Sammellinse). Auf die Art erzielt man eine höhere Licht-Ausbeute von der jeweils verfügbaren Quelle. Die simplere technische Lösung sind kreisrunde Reflektoren, wie sie manchmal an Kerzenhaltern oder Öllampen angebracht sind und in Laternen vorkommen.

Als gläsernes Kleeblatt gewissermaßen die Uroma unserer Halogener. - (Foto: Archiv Krusche)
Als gläsernes Kleeblatt gewissermaßen die Uroma unserer Halogener. - (Foto: Archiv Krusche)

Ich habe vor Jahren einen Gleisdorfer Schuster nach der Schusterkugel gefragt. Eigentlich wollte der Mann Maler werden. Aber es schien Ende der 1970er Jahre nicht mehr selbstverständlich, daß man zu seinem Wunschberuf auch eine passende Lehrstelle findet. „Es waren die kinderreichen Jahre“, sagte der „Bauernbua“ Hermann Lueger, selber eines von mehreren Geschwistern. Also wurde er Schuhmacher.

Lueger sah es als sein Glück, „daß ich einen jungen Lehrmeister gehabt hab. Der hat einen viel probieren lassen.“ Bald wurde ihm klar: „in eingefahrenen Bahnen bleiben, das funktioniert nicht“.

Rückblickend sagt der Handwerker: „Als Angestellter warst du eher schlechter dran, hast weniger verdient.“ Lueger bestaunte, daß das heute nicht mehr ernst genommen würde. „Wenn du was kannst, brauchst du dir keine Sorgen machen.“ Aber es gibt immer weniger Betriebe, die noch Lehrlinge ausbilden.

Früher sei man überhaupt vielfältiger tätig gewesen, erzählte er. Daß man beispielsweise als Störschuster unterwegs war und bei den Bauern zuhause Schuhe machte. Die Stör ist eine Art Wanderschaft, auf der man nicht in der eigenen Werkstatt, sondern auf dem Hof der Kundschaft arbeitet. „Man hat seinerzeit ja zwei Berufe gehabt“, sagt Lueger. „Ich kenn’ noch einen alten Mann, der hat im Winter als Schuster gearbeitet und im Sommer als Zimmerer.“

Er wußte mir also viel vom Handwerk zu erzählen, aber die Schusterkugel hat er nicht mehr gekannt. Als ich ihm deren Prinzip erläuterte, lachte er: „Jetzt weiß ich, was das ist. Ich hab so was amal zum Geburtstag geschenkt bekommen.“