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Welchen Einfluss hat der Mensch auf die Natur – Störung oder Steuermann? (Essay)#

Ulrike Bechtold/Harald Wilfing

„Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht“.

Dieses aus dem 1. Buch Mose stammende Bibelzitat ist in seiner verkürzten Form „Macht euch die Erde untertan!“ zu einem populären Antislogan moderner Natur- und Artenschutzbewegungen geworden, weil es als plakatives Motto die rücksichtslose Ausbeutung der Natur durch denMenschen im christlichen Abendland als offenbar gottgewollt legitimiert.

Angesichts der wachsenden Bedrohungspotentiale für die Natur haben radikale Naturschützer denn auch entsprechende Gegenparolen entwickelt: Der Mensch ist eine Störung der Natur! Wahre Natur gibt es nur, wenn sie vom Menschen absolut unbeeinflusst ist!

Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass für beide Extreme – der Mensch als Störung bzw. der Mensch als Gestalter der Natur – genügend Beispiele gefunden werden können: So reicht etwa die gegenwärtige Nahrungsmittelproduktion theoretisch aus, um alle Menschen mehr als hinlänglich zu ernähren.

Der große Anteil Hunger leidender Menschen ist also kein Produktions-, sondern ein Verteilungsproblem. Andererseits sterben Jahr für Jahr Tier- und Pflanzenarten unwiederbringlich aus und die so genannten „Roten Listen“ bedrohter Arten werden immer länger.

Was bringt also das Konzept hartnäckiger Ausgrenzung des Menschen aus den wenigen noch existierenden Stücken Restnatur tatsächlich? Die mittlerweile schon recht zahlreichen Nationalparks der Welt verfolgen dieses Konzept schon seit beinahe 100 Jahren durch die Einrichtung von Zonen, die für den Menschen vollständig gesperrt sind.

Gelegentlich stößt man dann aber auf Phänomene, die zeigen, dass ein gewisser Einfluss des Menschen manchmal sogar unbedingt notwendig ist, um charakteristische Landschaften zu erhalten. Als besonders anschauliches Beispiel seien hier die nährstoffarmen Sandökosysteme der ehemaligen innerdeutschen Zonengrenze erwähnt, die nur durch die intensive Befahrung mit Kettenfahrzeugen entstanden und weiterhin auf regelmäßige Störung angewiesen sind – auch mit Kampfpanzern kann man also zum Naturschutz beitragen.

Es zeigt sich, dass Konzepte der radikalen Ausgrenzung des Menschen bestenfalls für sehr kleine Bereiche funktionieren. Die Einschätzung, wonach auch der Mensch Bestandteil der Natur ist, weist ihm einen konkreten Platz in der Natur zu. Und die einzigartige menschliche Fähigkeit zu erkennen und zu verstehen eröffnet ihm die große Chance, seine Rolle in der Natur stets selbstkritisch zu hinterfragen – an ihm allein liegt es, aus dieser Selbstkritik die richtigen Schlüsse zu ziehen!


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
© 2007 by Styria Verlag in der
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