Mehrere Hymnen gleichzeitig gesungen #
Es gab immer wieder Anlässe, zu denen Gruppen mit gegensätzlichen politischen Ansichten einander durch das Absingen der jeweils eigenen Hymne zu "übersingen" (überschreien) trachteten.
Vergleiche hierzu den Beitrag zu "Deutschösterreich, du herrliches Land"
Oder:
Im Winter 1909 legte die Regierung dem Reichsrat einen Kompromiss im Sprachenstreit bezüglich der böhmischen Länder vor. 228 der 238 Gerichtsbezirke sollten einheitlich tschechisch oder deutsch verwaltet werden, die übrigen 10 gemischtsprachlich. Das löste am 3. und 4. Februar 1909 unglaubliche Tumulte aus, da die Tschechen ein Gesetz auf Basis der Volkszählung ablehnten.
Am 5. Februar 1909 ging der Sturm gleich nach der Eröffnung der Sitzung los und war bis auf die Straße zu hören, wo sich Schaulustige versammelten. Eine Debatte war unmöglich.
Daraufhin griff die Regierung zu einem starken Mittel: Sie erklärte die Session und damit das Abgeordnetenhaus für geschlossen. Die KRONENZEITUNG: »Zunächst gab es Beifall: Es schien wirklich, als sei das ganze Haus mit der leichtfertig herbeigeführten Zertrümmerung des Volksparlaments vollkommen einverstanden. Bald aber mengten sich in den Beifall Rufe des Vorwurfes, die besonders von Christlichsozialen und Sozialdemokraten gegen die Tschechen gerichtet wurden. Kein Abgeordneter verließ den Saal, und die Galerien harrten in atemloser Spannung der weiteren Entwicklung der Dinge.
Die Spannung mündete in Prügeleien. Das PRAGER TAGBLATT: »Plötzlich stimmen während der gewaltigen Lärm- und Raufszenen einige Christlichsoziale das >Gott erhalte< an. Der Gesang der Christlichsozialen wird sofort von den Tschechen mit >Kde domov muj?<, von den Sozialdemokraten mit dem >Lied der Arbeit« erwidert. Abg. Iro, der bei seinem Sitz allein steht, beginnt gleichfalls zu singen und zwar die >Wacht am Rhein<; seine helle Stimme übertönt den Gesang der übrigen Abgeordneten.«
Mit der Schließung der Parlamentssession wurden alle vorliegenden Anträge und Gesetzentwürfe hinfällig, ebenso wie die seit Monaten geleistete Arbeit der Ausschüsse.
Quelle: Brigitte Hamann: Hitlers Wien, München, 1996, S. 179
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