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Frauenbewegung#

Die Veränderung der sozialen Stellung der Frau in der Geschichte wird durch Rechtskodifikationen wie den Codex Theresianus (1766) oder das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (1811) dokumentiert, aus denen der langfristige Abbau der Vorrangstellung des Mannes und die kontinuierliche Emanzipation der Frau ablesbar sind.

Wesentliche Bedeutung kam in diesem Prozess der Frauenbildung zu. Sie wurde durch die Allgemeine Schulordnung von 1774 in breiterem Rahmen ermöglicht, für höhere Bildung (vor allem adeliger Mädchen) sorgten vereinzelt Offizierstöchter-Institute, Institute der Englischen Fräulein und andere (frauenberufliche Lehranstalten).

Durch das Reichsvolksschulgesetz von 1869 wurde der Schulbesuch für Mädchen obligatorisch, auch die Ausbildung zur Lehrerin als erstem qualifiziertem Frauenberuf wurde damit möglich. Marianne Hainisch gründete 1869 den Verein "Österreichischer Lehrerinnen und Erzieherinnen". Erste Vereine zur Förderung anspruchsvollerer beruflicher Tätigkeiten für Mädchen (Frauenberufsschulen, Kurse für Kunststickerei, Koch- oder Nähschulen) entstanden nach 1867.

1892 eröffnete ein 1888 gegründeter Verein für erweiterte Frauenbildung eine Gymnasialklasse für Mädchen. Maturantinnen erhielten erst 1901 den Vermerk "Reif zum Besuch einer Universität". An philosophischen Fakultäten konnten sich Hörerinnen seit 1897 inskribieren, die Studien der Medizin und Pharmazie standen ihnen seit 1900 offen, die übrigen Fächer seit 1919. Doktorate ausländischer Hochschulen wurden seit 1896 nostrifiziert.

Zu den ersten Frauen im Parlament zählten Adelheid Popp, Therese Schlesinger, Anna Boschek, Emmy Freundlich, Maria Tusch, Amalie Seidel (im Bild, vorne links beginnend) und Gabriele Proft für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei sowie die Christlich-Soziale Hildegard Burjan.
Zu den ersten Frauen im Parlament zählten Adelheid Popp, Therese Schlesinger, Anna Boschek, Emmy Freundlich, Maria Tusch, Amalie Seidel (im Bild, vorne links beginnend) und Gabriele Proft für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei sowie die Christlich-Soziale Hildegard Burjan.
Foto: © IMAGNO/ÖNB

In der Landwirtschaft war berufliche Arbeit der Frauen seit jeher üblich und notwendig, ebenso im Gewerbe und seit dem 18. Jahrhundert aus Gründen wirtschaftlicher Notwendigkeit (Nachbarschaft von Metall- und Textilindustrie) auch in der Industrie, in der sich Frauenarbeit aber bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht voll durchsetzte. Die Niederösterreichische Gewerkschaftskonferenz von 1895 verlangte noch die Ausschließung der Frauen aus dem Berufsleben, dennoch entwickelten sich bereits ab dieser Zeit spezifisch weibliche Berufszweige wie die Betreuung von Kindergärten und die Krankenpflege (zunächst weitgehend durch Ordensschwestern). Während des 1. Weltkriegs nahm die Frauenarbeit in öffentlichen Bereichen wie Post und Bahn stark zu, auch in der Rüstungsindustrie wurden viele Frauen beschäftigt.

Das Vereinsrecht untersagte zur Zeit der Monarchie "Ausländern, Frauenspersonen und Minderjährigen" die Mitgliedschaft in politischen Vereinen, deshalb wurden eigene Frauenvereine gegründet. Der "Bund der österreichischen Frauenvereine", eine Vereinigung von 13 liberal-bürgerlichen Frauenvereinen, wurde 1902 durch M. Hainisch geschaffen, dieser schloss sich 1904 dem "International Council of Women" an und unterhielt in den Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie zahlreiche Schulen für die weibliche Jugend. Neben Hainisch (Vorsitzende bis 1918) war auch Bertha von Suttner im "Bund der österreichischen Frauenvereine" tätig. Als er 1938 aufgelöst wurde, hatte er rund 100 Mitgliedsvereine.

Gesonderte Vereine wurden von den Sozialdemokraten errichtet. Dazu zählten der "Arbeiterinnen-Bildungsverein" (gegründet 1890) und der Diskutier- und Leseverein "Libertas" (gegründet 1893, Vorsitz Adelheid Popp). 1898 wurde eine sozialdemokratische Frauenreichskonferenz abgehalten, die "Freie politische Frauenorganisation" von A. Popp stand aber außerhalb der Sozialdemokratischen Partei. Ab 1893 erschien als Beilage der Arbeiterzeitung eine "Arbeiterinnen-Zeitung". Innerhalb der gewerkschaftlichen Fachvereine spielten Frauen eine geringe Rolle (1903 nur 5580, 1908 20.047 Mitglieder).

Katholische Frauenvereine entstanden ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts. Zusammenschlüsse erfolgten zunächst innerhalb der Diözesen, 1907 dann übergreifend zur "Katholischen Reichsfrauenorganisation" (KRFO). Nach anfänglicher Dominanz von Frauen aus der Aristokratie wurde 1909 auf Initiative von J. Weiß ein "Verband christlicher Hausgehilfinnen" gegründet. Der "Christliche Verein zur Hebung der Frauenbildung" errichtete 1910 in Wien ein Mädchenrealgymnasium. Im Gefolge des Katholischen Frauentags von 1910 erschien die Zeitschrift "Die österreichische Frau". 1911 gelang es Hildegard Burjan, eine Organisation der Heimarbeiterinnen zu schaffen. 1912 fand in Wien ein internationaler katholischer Frauenweltkongreß statt.

Das allgemeine Wahlrecht erhielten Frauen erst 1919. Bis dahin waren sie mit Ausnahme von Besitzerinnen landtäflicher Güter (bis 1906) davon ausgeschlossen. In der 1. Republik gab es nur vereinzelt weibliche Abgeordnete in Gemeinderäten und im Nationalrat. Alma Motzko war 1918-34 Wiener Stadträtin. Trotz der Eingliederung der Frauenorganisationen in die Sozialdemokratische Partei (etwa ein Drittel der Mitglieder waren Frauen), waren diese in der Funktionärsschicht nicht anerkannt. Noch schwächer war die Vertretung in den anderen Parteien.

Im Bildungsbereich war nach 1918 auch Mädchen der Zugang zu Gymnasien möglich, weiters entstanden höhere Mädchenschulen sowie Mädchenklassen. Während des 2. Weltkriegs wurden auch gemischte Klassen geführt. Auch die Zahl der Lehrerinnen nahm zu, obwohl für diese in einigen Ländern noch immer Heiratsverbot (Tirol, Vorarlberg, Salzburg) bzw. -beschränkung (Steiermark, Kärnten) bestand. Während des 2. Weltkriegs stieg die Zahl der Studentinnen an den Universitäten und die der weiblichen Lehrkräfte an Pflicht- und höheren Schulen beträchtlich an. Wie schon im 1. Weltkrieg wurden Frauen im öffentlichen Dienst bei Eisenbahnen, Straßenbahnen usw., aber auch im militärischen Bereich als Nachrichtenhelferinnen und besonders im Sanitätsdienst eingesetzt.

Als 1945 wieder Vereinigungen und Interessenvertretungen auf demokratischer Basis entstanden, wurde auch im Bereich der Frauenbewegung teilweise eine personelle Kontinuität zu der Zeit vor 1934 hergestellt, so bei der SPÖ durch Rosa Jochmann und Ferdinanda Floßmann, bei der ÖVP durch Lola Solar. In Gemeinderäten und Landtagen blieben aber Frauen weiterhin die Ausnahme, ebenso nahm die Zahl der weiblichen Nationalratsabgeordneten nur langsam zu (1970: 8 von 165, 1971: 11 von 183, 1975: 14, 1979: 18, 1983: 17, 1994: 43, davon 16 SPÖ, 9 FPÖ, 8 ÖVP, 6 Grüne, 4 Liberales Forum). Das Bürgermeisteramt übernahmen Frauen erstmals in Gloggnitz und Groß-Siegharts. Erstes weibliches Regierungsmitglied war 1966-70 Grete Rehor.

Eine neue Phase der Frauenbewegung begann um 1968. Gefordert wurden unter anderem Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbruch, Beseitigung von sexueller Repression, ökonomische Unabhängigkeit vom Mann und stärkere politische Repräsentanz. Dem wurde insofern Rechnung getragen, als der Regierung Kreisky stets mindestens 2, manchmal auch 3, 1979-83 sogar 6 Frauen angehörten. Aus einem Staatssekretariat für allgemeine Frauenfragen wurde 1990 ein Ministerium geschaffen. Auch in den Landesregierungen stieg die Zahl von Frauen an (in Wien Gertrude Fröhlich-Sandner 1969-84 Vizebürgermeisterin, in Niederösterreich 2 Regierungsmitglieder, im Burgenland, in der Steiermark und in Tirol jeweils eine Frau in der Landesregierung). In ähnlicher Weise veränderte sich die Zusammensetzung von National- und Bundesrat sowie von Landtagen und Gemeinderäten. Auch die Funktion von Vorsitzenden wird immer häufiger von Frauen übernommen. In den Großparteien wurden Mitte der 80er Jahre Quotenregelungen (bis zu 40 % der Mandate für Frauen) eingeführt, die tatsächliche Zusammensetzung kam an diese allerdings nicht heran. Mit Heide Schmidt (Liberales Forum) und Madeleine Petrovic (Grüne) fungierten 1994 bei 2 wahlwerbenden Parteien Frauen als Spitzenkandidatinnen.

Parallel zur verstärkten politischen Repräsentanz veränderte sich die Bildungs- und Berufsstruktur. Die Zahl der Maturantinnen und Studentinnen an den Universitäten nahm stark zu. Der Lehrberuf von Volksschulen bis zu höheren Schulen wird deutlich von Frauen dominiert (1985: 75 % an Volksschulen, 60 % an Hauptschulen), auch in Sozialberufen und im medizinischen Bereich ist der Frauenanteil besonders hoch. Im Dienstleistungssektor nehmen Frauen rund 64 % der Arbeitsplätze ein. Wenn sich somit die Teilnahme der Frauen am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben wesentlich erhöht hat, so zeigt sich doch etwa am Beispiel der Besetzung von Spitzenfunktionen ein deutliches Ungleichgewicht an Einflussnahme.

Weiterführendes#


Videos zum Thema#


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ZIB - Fem-Tech/Frauen und Technik (6.3.2009)

(mit freundlicher Genehmigung des ORF und EuScreen)


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ZIB - Frauenanteil Politik (15.10.2007)

(mit freundlicher Genehmigung des ORF und EuScreen)


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ZIB - Frauen/Technik (28.1.2003)

(mit freundlicher Genehmigung des ORF und EuScreen)


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ZIB - Frauen und Geld (29.11.2001)

(mit freundlicher Genehmigung des ORF und EuScreen)

Literatur#

  • H. Hieden, Die Frau in der Gesellschaft, 1983
  • Bericht über die Situation der Frau in Österreich, Frauenbericht 1985
  • R. Pauly, Frauenemanzipation in Österreich, 1986
  • M. L. Angerer (Hg.), Auf glattem Parkett, Feministinnen in Institutionen, 1991
  • Beharrlichkeit, Anpassung und Widerstand. Die sozialdemokratische Frauenorganisation und ausgewählte Bereiche sozialdemokratischer Frauenpolitik 1945-90, herausgegeben vom K.-Renner-Institut, 1993
  • Die Familie, Ausstellungskatalog, Riegersburg 1993
  • D. F. Good (Hg.), Frauen in Österreich, 1994