Page - 71 - in Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928 - Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
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Stockfisch bezogen haben. Diese Fastenspeise, genussfertig zubereitet, boten hauptsächlich der
Konvent der Kapuziner und die obgenannten Geschäfte an. Der Markt für die Donaufische hatte
zunächst vor dem Wassertor stattgefunden, dem ältesten um 1318 erwähnten Torturm der
Stadt.342Als dann um 1870/72, statt der HolzbrĂĽcke eine eiserne BrĂĽcke errichtet wurde, war der
Fischmarkt auf den Hauptplatz verlegt worden. Jeden Freitag wurden hierauf westlich der
Dreifaltigkeitssäule frische Fische angeboten, und zwar mit Ausnahme der Kriegsjahre 1814-1818
und 1939-1945. 1938 erfolgte seine Verlegung auf den Pfarrplatz (vor die Häuser 1 und 3), dann
wurde er östlich vom linken Brückenkopf abgehalten.343Im Zuge der Errichtung der
NibelungenbrĂĽcke (1938) wurden FischhĂĽtte und Koglerhaus entfernt.344
Karpfen aus dem Hagenteich bezogen ua die Geschäfte in Linz. Sie waren ab dem Auflassen der
Brauerei (1906) in deren vormaligen „Eis-Teichen“ gezüchtet worden. Tscherne mag aufgrund
seiner Zugehörigkeit zum Hagen Priorität gehabt haben.345
Die Wirtschaftskammer OÖ, damals „Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie in Linz“ besitzt
noch „Zählblätter für die Ertheilung von Gewerbescheinen und Concessionen“/ des Bescheides von
Friedrich Tscherne, datiert vom 25. Mai 1923 betreffend die Erzeugung von Spirituosen, die
Kaffeerösterei (206, Steuerämtliche Assignationszahl 1610) und Transito-Magazin (323) in Urfahr,
Rudolfstr. 8/ Karl Marxstraße 10, und das Gewerbe „Handel mit Waren ohne Beschränkung“ 346
mit der Betriebsstätte Franz-Josef-Platz 15. Es handelte sich bei letzterer um die Genehmigung zur
Erweiterung der Betriebsanlage und zur Neuaufstellung von 2 Elektromotoren.347
Infolge der Automobilisierung hatte auch Friedrich Tscherne als einer der ersten in Linz zu diesen
modernen Transportmitteln gegriffen, besaĂź Personenkraftwagen und einen Lastkraftwagen, mittels
welchem er die einzelnen Produkte aus seinen Lagern zum Geschäft und zu nahe gelegenen
Kunden transportierte. 1922 gab es in Oberösterreich insgesamt 1.103 Kraftfahrzeuge.348
Da Friedrich Tscherne gewiss fallweise auch Fiaker und Tramway benĂĽtzte, mag ein Blick auf die
Tarife des Jahres 1896, als er vermutlich zuweilen auch in den Hagen fuhr, angebracht erscheinen:
Von Urfahr zum Staatsbahnhof oder umgekehrt kostete im Zweispänner 1 fl 30 x-er, einspännig
wären es nur 80 x-er gewesen. Hin- und retour betrug die Fiakerfahrt 1,70 bzw 1,20 fl. Eine Fahrt
auf den Pöstlingberg per Fiaker war mit 4 fl 2-spännig, und mit 2,50 fl einspännig festgesetzt.
Buchte man hin- und retour mit zweistündigem Aufenthalt, so betrugen die Kosten zweispännig 5
fl, einspännig 3,50 fl. Wäre ein längerer Spaziergang oder Gasthausbesuch über zwei Stunden
beabsichtigt gewesen, hätte man mit 6 bzw 4 fl rechnen müssen. 349 Fuhr Tscherne mit der
Tramway von der RudolfstraĂźe zur DonaubrĂĽcke betrug der Fahrpreis im Tagestarif 3 Kreuzer, bis
zum Taubenmarkt 5 Kreuzer, zur BlumauerstraĂźe 10 Kreuzer und zum Staatsbahnhof ebenfalls 10
Kreuzer. Ein Gepäckstück kostete ebenfalls den Preis einer Personenkarte, der Nachttarif 10 bzw 15
Kreuzer. Für ein Monats-Abonnement, das aber nicht übertragbar war, hätte er 3 fl zahlen
mĂĽssen.350
Für das Jahr 1923 vermerken die Gewerbeakten „Kosmetische Artikel“ und „Verschleiß von Giften
und arzneilichen Stoffen und Präparaten“ für das Geschäft Tscherne.351
342Schmidt, Linzer Kunstchronik, 9. Die drei hier erwähnten Tortürme waren das Brückentor, das Schmidtor und das
Wassertor.
343Kreczi, Linz, 27. Kerschner, Linzer Markt fĂĽr SĂĽĂźwasserfische, 147, 152.
344Kaar, PI, PA 6. März 2011.
345Rezac, PI 26. Juni 2001.
346AStL, Gewerberegister III 100.1006, Bescheid 22. I.1910, Z 276
347Archiv Wirtschaftskammer OÖ, Zählblatt 517, Geschäftszahl 8.6.1923 Zl 143 70/23, Erzeugung von Spirituosen.
348 Rezac Johann, PI 24. Juli 2001. Reder, PI2. November 1998. Laut Pisecky, Handel/Kaufmannschaft, 181, soll 1898
das erste Automobil in Oberösterreich gesehen worden sein. Vgl auch Sandgruber, OÖ Handel, 20.Jh,. In:
Handel/Kaufmannschaft, 211.
349 AStL, OĂ– Amtskalender 1896, S. 65, 66.
350 AStL, OĂ– Amtskalender 1896, S. 66.
351AStL, Gewerbeakten 1900-1928, Mat. 34.
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Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Title
- Der kaiserliche Rat Friedrich Tscherne 1862-1928
- Subtitle
- Ein bedeutender Sohn der Stadt Linz
- Author
- Hanna und Herbert Schäffer
- Publisher
- Eigenverlag
- Location
- Linz
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.01 x 29.71 cm
- Pages
- 170
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Zum Geleit 4
- Herkunft 6
- Friedrich Georg Tscherne und Familie 22
- Berufliche Entwicklung und Erfolge 64
- Ehrenämter, Mitgliedschaften, Titel, Vereinsarbeit 73
- Der Heimatforscher Friedrich Tscherne 79
- Das Wohnhaus Hauptplatz 15 (30) 81
- Die Sommervilla Hagen 91
- Zusammenfassung 114
- Literaturnachweis 116
- AbkĂĽrzungsverzeichnis 119
- Anhang (Stammtafel, Bildmaterial, Firmenbuch, Preisliste) 120