Page - 33 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Image of the Page - 33 -
Text of the Page - 33 -
33
Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990
sogenannten „aktiven Neutralitätspolitik“ eine Politik der Entspannung und der
„guten Nachbarschaft“ zu betreiben trachtete.108 Der Erfolg stellte sich nicht mit
allen Nachbarstaaten gleichermaßen ein. Während sich die Beziehungen zwi-
schen Österreich und Ungarn ab Mitte der 1960er-Jahre sukzessive zu einem
Musterbeispiel der europäischen Entspannung im Kalten Krieg entwickelten,109
blieb das Verhältnis zur Tschechoslowakei für die gesamte Dauer des Kalten Krie-
ges zumindest konjunkturell belastet.110 Zurück aber zum Umgang Österreichs
mit der deutschen Frage nach der Anerkennung der DDR.
Offiziell hatte Österreich auch nach der Anerkennung der DDR an der deut-
schen Einheit als einem der Friedensziele am europäischen Kontinent festgehalten.
Es ist allerdings zu bezweifeln, ob man diese auch für möglich hielt. Tief blicken
lässt beispielsweise das Protokoll des Gesprächs von Außenminister Kirchschlä-
108 Zur österreichischen „Ostpolitik“ siehe als komplettesten Überblick in Form eines Sam-
melbandes: Arnold Suppan / Wolfgang Mueller (Hg.), Peaceful Coexistence or Iron Curtain?
Austria, Neutrality, and Eastern Europe in the Cold War and Détente (Europa Orientalis 7),
1955–1989, Wien 2009.
109 Maximilian Graf, Ein Musterbeispiel der europäischen Entspannung? Die österreichisch-
ungarischen Beziehungen von 1964 bis 1989, in: Csaba Szabó (Hg.), Österreich und Un-
garn im 20. Jahrhundert, Wien 2014, S. 261–280; Tamás Baranyi / Maximilian Graf / Melinda
Krajczar / Isabella Lehner, A Masterpiece of European Détente? Austrian-Hungarian Rela-
tions from 1964 until the Peaceful End of the Cold War, in: Zeitgeschichte 41 (2014) 5,
S. 311–338. Darin jeweils weiterführende Literaturverweise. Siehe zudem: Andreas Gémes,
Austrian-Hungarian Relations, 1945–1989, in: Arnold Suppan / Wolfgang Mueller (Hg.),
Peaceful Coexistence or Iron Curtain? Austria, Neutrality, and Eastern Europe in the Cold
War and Détente, 1955–1989 (Europa Orientalis 7), Wien 2009, S. 310–336.
110 Zu den österreichisch-tschechoslowakischen Beziehungen siehe: Paul Ullmann, Eine schwie-
rige Nachbarschaft. Die Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich
und der Tschechoslowakei 1945–1968, Wien 2006; Martin David, Österreichisch-tschecho-
slowakische Beziehungen 1945 bis 1974 unter besonderer Berücksichtigung aktueller Themen,
Dissertation Wien 2002. Für den Zeitraum nach 1968 liegen bisher kaum quellengestützte
Forschungen vor. Zur Ära Kreisky existiert eine Darstellung basierend auf der zeitgenössi-
schen Medienberichterstattung: Alexander Jehn, Nachbarschaftspolitik im Donauraum. Die
besonderen Beziehungen Österreichs zur Tschechoslowakei, zu Ungarn und zu Jugoslawien
in der Ära Kreisky 1970–1983, Dissertation Würzburg 1996, S. 373–480. Zu den gegenseitigen
Wahrnehmungen von den 1960er-Jahren bis Anfang der 1990er-Jahre siehe: Karl Peterlik,
Komplexe Beziehungen. ČSSR, in: Oliver Rathkolb / Otto M. Maschke / Stefan August Lütge-
nau (Hg.), Mit anderen Augen gesehen. Internationale Perzeptionen Österreichs 1955–1990
(Österreichische Nationalgeschichte nach 1945 2), Wien / Köln / Weimar 2002, S. 611–645.
Siehe zudem den kenntnisreichen Ausblick bei: Ullmann, Nachbarschaft, S. 223–234. Zu
den Wirtschaftsbeziehungen siehe: Maximilian Graf, Die Wirtschaftsbeziehungen in der
Ära-Kreisky. Entwicklung und Probleme des österreichischen Osthandels mit der ČSSR
1970–1983, in: Prague Papers on the History of International Relations (2016) 2, S. 98–120. Zu
den Beziehungen am Ende der 1980er-Jahre siehe: Miroslav Kunštát, Die Tschechoslowakei
und Österreich vor dem Umbruch 1989/90, in: Andrea Brait / Michael Gehler (Hg.), Grenz-
öffnung 1989: Innen- und Außenperspektiven und die Folgen für Österreich, Wien 2014,
S. 367–384.
back to the
book Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99